Buch-Rezension: Das verlorene Gewissen

Das verlorene Gewissen

Autor:

John MacArthurs Buch ist ein Aufruf an die Christen, nicht die Maßstäbe ungläubiger Menschen in Bezug auf Sünde und Schuld zu übernehmen.

Zunächst analysiert er den Zustand der Gesellschaft. Viele Menschen sehen sich, gerade wenn sie Falsches tun, als ein Opfer der Umstände. Sie meinen, sie könnten nichts für ihr Fehlverhalten. Weil dieses Denken immer mehr um sich greift, wird Böses mitunter nicht mehr adäquat bestraft. MacArthur belegt mit Beispielen aus den USA, dass führende "Experten" Schuldgefühle für etwas Negatives halten, das man überwinden müsse. Hart kritisiert er das "Krankheitsmodell - Denken", bei dem geistliche Nöte (Sünde) in medizinische Nöte (Krankheit, z.B. Sucht) umgewandelt werden.

Hier hätte ich mir mehr Differenzierung gewünscht. Wenn Krankheit generell mit "nicht verantwortlich" gleichgesetzt wird, handelt es sich um einen Missbrauch des Begriffes. Andererseits wäre es sicherlich unpassend, z.B. Süchtige mit Entzugssymptomen als Erstes zur Aufgabe ihrer Sucht aufzufordern, denn ihnen muss zunächst medizinisch geholfen werden.

Die Opfermentalität hat auch Einzug in die Gemeinde gehalten. Zunehmend versuchen Gläubige, ihre Schuld zu verleugnen, indem sie sich "so gut finden , wie sie sind" und ihre Sünde psychologisch erklären.

Gott hat uns ein Gewissen gegeben. Es ist mit der Fähigkeit ausgestattet, Recht und Unrecht zu unterscheiden. Wird es unterdrückt, ist auch keine Erkenntnis der Sünde mehr da und die Buße wird verhindert.

In der modernen Gesellschaft stirbt das Bewusstsein für die Sünde. Die Gesellschaft steht deshalb unter Gottes Urteil (Römer 1, 28-32). Für MacArthur steht fest, dass Christen nicht die Aufgabe haben, in der Politik mitzuarbeiten. Dieser Punkt sollte ausführlicher besprochen werden. Zu denken ist z.B. an Joseph, der eine hohe Stellung in einer heidnischen Gesellschaft einnahm.

Im zweiten Teil des Buches wird das Wesen der Sünde behandelt. Der Mensch ist seinem Wesen nach völlig verdorben. Wir sind von Natur aus Feinde Gottes, auch wenn wir manchmal etwas Gutes tun. Deshalb ist die Förderung des Selbstwertgefühls nach Meinung des Autors dabei hinderlich, das eigene Wesen zu durchschauen. Die Verallgemeinerung des Selbstwertbegriffs durch MacArthur ist für mich schwer zu verstehen. Gemeint ist offensichtlich das stolze Auftreten sündiger Menschen vor Gott sowie generell Selbstbewusstsein als Synonym für Stolz. Das Selbstbewusstsein eines gut vorbereiteten Schülers angesichts einer schwierigen Aufgabe gehört wohl eher nicht in diese Kategorie ( S. 79).

Wenn man glaubt, der Mensch sei gut, muss man angesichts des Zustands der Welt letztlich die Umwelt für das Böse verantwortlich machen. Christen glauben dagegen, dass das Böse Ausdruck der völlig verderbten Natur des Menschen ist.

Daraus gibt es nur den Ausweg der bewussten, reuevollen Abkehr von der Sünde und der von Gott geschenkten Neugeburt. Interessant sind die Ausführungen über das theologische Problem des Bösen (S. 112 ff). Obwohl nach der Neugeburt die sündige Natur bereits besiegt ist, d.h. man ihr nicht mehr folgen muss, haben Gläubige bis zum Ende ihres Lebens zu kämpfen. Sie haben die Aufgabe, die Sünde täglich zu meiden (Heiligung). Perfektionismus führt zu Heuchelei oder Glaubensverlust.

Im dritten Teil des Buches werden Wege zur praktischen Abkehr von der Sünde besprochen. Notwendige Verhaltensweisen sind Ehrlichkeit, Selbstdisziplin und eine Lebensweise, die uns Versuchungen aus dem Weg gehen lässt. MacArthur: Gott schickt uns Prüfungen aber keine Versuchungen (Jakobus 1,13). Erst wenn unsere eigene Lust an uns das Ansinnen zum Bösen stellt, wird Prüfung zur Versuchung (Jakobus 1, 14-15).

Eine besondere Schwierigkeit stellen für Christen die Gedankensünden dar, die man aber auch auf dem geschilderten Weg überwinden kann.

Im letzten Kapitel seines Buches ruft MacArthur die Christen erneut auf, den Ernst ihrer Sünden nicht zu unterschätzen. Wir sollten uns fest vornehmen, nicht zu sündigen. Scham über begangene Sünden ist letztlich ein Ausdruck geistlicher Gesundheit.

Problematisch finde ich auch in diesem Kapitel die Verallgemeinerungen in Bezug auf die Psychologie. Zu bedenken ist, dass Christen nicht im Gegensatz zu einer Wissenschaft sondern zu deren ideologischen Grenzüberschreitungen stehen, also letztlich gegen antichristliche Weltanschauungen.

Die meisten Berufe kommen ohne Kenntnisse in Psychologie gar nicht aus. Abzulehnen ist von Christen aber sicherlich ein Menschenbild, das den Menschen "in Ordnung findet, wie er ist" und objektive Kriterien der Moral leugnet.

In drei Anhängen geht es um den Sieg über die Sünde nach Römer 6, die Bitte an Gott um ein gutes Gewissen nach 1. Petrus 3,21 und um das Problem unbewusster Sünden.

Ich meine, dieses Buch sollte man gelesen haben. Allzu leicht gehen im eigenen Leben die biblischen Linien verloren. Andererseits haben Christen die Pflicht, ihre Umwelt differenziert zu beurteilen, um glaubwürdig zu sein.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Thomas Freudewald
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Christliche Literatur-Verbreitung (CLV)
  Jahr: 2002
  ISBN: 3-89397-289-7
  Seiten: 224
 €    Preis: 8,50 Euro

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