Buch-Rezension: Die heilsgeschichtliche Theologie Erich Sauers

Die heilsgeschichtliche Theologie Erich Sauers

Autor:

Erich Sauer gehört zweifelsohne zu den bekanntesten und einflussreichsten theologischen Denkern und Schreibern der deutschen Brüderbewegung. Die Hauptwerke seiner umfangreichen Veröffentlichungen wie „Das Morgenrot der Welterlösung“ und „Der Triumph des Gekreuzigten“ wurden in viele Sprachen übersetzt. Auf diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass die Schultheologie kaum Notiz von Sauer genommen hat. Mit dieser wissenschaftlichen Forschungsarbeit, die als Dissertation an der UNISA (Südafrika) eingereicht wurde, hat das umfassende Wirken Sauers nun endlich eine adäquate Würdigung erhalten.

Da bisher keine Biographie Sauers vorliegt, geht der Autor im ersten Teil des Buches ausführlich auf das Leben Sauers ein. Sauer wurde 1898 in Berlin geboren und erlebte seine frühe geistliche Prägung in der Christlichen Gemeinschaft Hohenstaufenstraße. In dieser dynamischen Gemeinde begegnete er bekannten Persönlichkeiten wie Dr. Baedeker, Robert Pearsall Smith und vor allem Toni von Blücher, die deutliche Spuren in seinem Leben hinterlassen haben. Mit dem Anliegen in die Mission zu gehen, begann er 1917 sein Studium der Geschichte, Philosophie und Theologie an der Berliner Humboldt- Universität. Seine Augenkrankheit, die ihn an den Rand der Erblindung führte, beeinträchtigte sein Studium sehr. Neben seinem Augenleiden kam es durch das Studium der Philosophie auch zu einer inneren Glaubenskrise, die er durch eine erneute Hinwendung zu Christus überwinden konnte.

Noch bevor Sauer sein Studium abschließen konnte, wurde er 1920 an die ein Jahr vorher von Berlin nach Wiedenest verlegte Bibelschule als Lehrer berufen, wo er auch bis zum Ende seines Lebens im Jahr 1959 geblieben ist. Neben biographischen Details zum Leben Sauers erfährt der Leser auch viel über die Entstehungsgeschichte und Entwicklung der Bibelschule Wiedenest, mit der Sauers Leben eng verknüpft gewesen ist. Während seiner Zeit in Wiedenest hat Sauer dann auch seine reichhaltige schriftstellerische Tätigkeit entfaltet.

Der Autor verschweigt dem Lauser auch nicht, dass Sauer trotz all seiner intensiven Bibelforschung nicht davor bewahrt geblieben ist, während der Zeit des Dritten Reiches in einer recht naiven Art dem Führer und seinem System zu vertrauen und sogar Denkansätze, wie etwa die Rassenlehre, unkritisch zu übernehmen. Sauer war darin Kind seiner Zeit und spätere Generationen sollten sich davor hüten vorschnell ein Urteil zu fällen, denn auch wir sind heute vor dieser Gefahr nicht geschützt.

Im zweiten, dem eigentlichen Hauptteil des Buches, geht der Autor auf die heilsgeschichtliche Theologie Sauers und ihre missiologischen Konsequenzen ein. Es ist beeindruckend, wie es ihm gelingt sowohl die vielen Veröffentlichungen Sauers – in der Bibliographie kann man 253 zählen – als auch seine unveröffentlichten Arbeiten und Korrespondenz aufzuarbeiten und zusammenzufassen. Dabei zieht er immer wieder Querverbindungen zum theologischen Denken und Wirken der Zeit Sauers, wobei die umfassende Sachkenntnis des Autors im Blick auf die theologischen Entwicklungen deutlich wird.

Erich Sauer ist als heilgeschichtlicher Theologe bekannt geworden. Sein ganzes theologisches Denken geht davon aus, dass Gott sich in der Geschichte offenbart hat und auf diese Weise mit dem Menschen eine Heilsgeschichte geschrieben hat. Dieser theologische Ansatz ermöglicht es Sauer die gesamte Bibel als Einheit zu betrachten. Gleichzeitig führt er dazu, dass Sauer immer darum bemüht gewesen ist biblische Heilsgeschichte im Kontext säkularer Weltgeschichte zu betrachten. Dieser Ansatz hat ihn weiterhin dazu motiviert, in seinem theologischen Denken mit den Erkenntnissen der Naturwissenschaften im Gespräch zu stehen. Auch wenn Sauer dabei zu fragwürdigen Ergebnissen gelangt ist (Restitutionstheorie), sind die genannten Ansätze auch für unsere Zeit vorbildlich.

Sauer ist es auch gelungen in seinem heilsgeschichtlichen Denken Eigenständigkeit zu wahren. So hat er z.B. den dispensationalistischen Ansatz (Scoffield) nicht einfach nur übernommen, sondern eigene Akzente, vor allem im Bereich der Eschatologie, gesetzt. Wie andere Heilsgeschichtler war auch Sauer Universalist indem er dargestellt hat, dass am Ende Gott alles in allem sein wird (1Kor 15,28). Dennoch hat er konsequent den doppelten Ausgang von Himmel und Hölle gelehrt und ist nicht wie andere Universalisten zu einem Vertreter der Allversöhnungslehre geworden.

Neben der Darstellung der heilsgeschichtlichen Theologie Sauers hat der Autor auch das Anliegen das Missionsverständnis Sauers zu beschreiben. Obwohl Sauer selber nie als Missionar im Ausland tätig gewesen ist, hat Mission von Anfang an sein Denken mitbestimmt. Die Prägung der Gemeinde in Berlin hat ihm die Verantwortung der Ortsgemeinde für die Mission bewusst gemacht. Dieser Ansatz wiederum wurde zu einem Kennzeichen der Arbeitsweise des von seinem Nachfolger Ernst Schrupp 1952 gegründeten Missionshauses in Wiedenest.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es dem Autor gelungen ist in dieser kritischen Würdigung des Lebens und Wirkens Sauers ein sehr lesenswertes Buch vorzulegen. Jeder, der schon mal das eine oder andere Buch von Sauer gelesen hat, wird dankbar sein für diese umfassende Darstellung seines heilsgeschichtlichen Denkens. Wer vor dem Umfang des Buches zurückschreckt, dem ist es vielleicht eine Hilfe zu erfahren, dass etwa ein Viertel des Buches aus Bibliographie und Anhängen besteht, die wiederum eine Fundgrube für weitere Forschungen über das Leben und Werk Sauers darstellen.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Waldemar Penner
 Kategorie: Biografien, Lebensbilder

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2006
  ISBN: 3-417-29498-3
  Seiten: 544
 €    Preis: 19,90 Euro

Weitere Buchbesprechungen zu Büchern von Horst Afflerbach

Die sanfte Umdeutung des Evangeliums

Die sanfte Umdeutung des Evangeliums

Eine biblische Analyse des Neuen Bewußtseins