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Predigten zu Apostelgeschichte 8,30

"Philippus aber lief hinzu und hörte ihn den Propheten Jesaias lesen und sprach: Verstehst du auch, was du liesest?"

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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"Verstehst du auch, was du liesest?"

Wir würden besser imstande sein, andre zu unterweisen, und würden weniger von jedem Wind der Lehre hin und her getrieben werden, wenn wir trachteten, ein sicheres Verständnis des Wortes Gottes zu erlangen. Da der Heilige Geist, der die Heilige Schrift eingegeben hat, uns auch allein erleuchten kann, dass wir dieselbe richtig verstehen lernen, so sollten wir jederzeit begierig sein nach seinem Unterricht und nach seiner Einleitung in alle Wahrheit. Was tat der Prophet Daniel, als er den Traum Nebukadnezars auslegen sollte? Er betete ernstlich, dass Gott ihm das Gesicht zeigen und sein Verständnis öffnen wolle. Als der Apostel Johannes auf der Insel Patmos im Geiste war, da sah er im Gesicht ein Buch, versiegelt mit sieben Siegeln, welches niemand würdig erfunden ward aufzutun und zu lesen, noch darein zu sehen. Danach ward das Buch aufgetan vom Löwen aus dem Stamme Juda, welcher überwunden hat, zu brechen seine sieben Siegel; aber zuvor heißt es: "Ich weinte sehr." Die Tränen des Johannes, das ist seine flüssigen Gebete, waren in Beziehung auf ihn selber die heiligen Schlüssel, durch welche das zusammengerollte Buch aufgeschlossen ward. Wenn ihr darum wünscht, dass ihr, euch und andern zum Nutz und Frommen, "erfüllt werdet mit Erkenntnis des Willens Gottes, in allerlei geistlicher Weisheit und Verstand," so erinnert euch, dass das Gebet das beste Mittel eurer Belehrung ist. Wie Daniel werdet ihr den Traum und seine Bedeutung verstehen lernen, wenn ihr Gott darum angefleht habt; und wie Johannes seht ihr auch, wie die sieben Siegel der unschätzbaren Wahrheit aufgetan werden, nachdem ihr sehr darum geweint habt. Brauche den Hammer des Fleißes, und beuge das Knie des Gebets, so findest du in der Offenbarung keine spröde Lehre, deren Verständnis dir Segen bringt, die nicht in Splitter zerfahre unter den Meißelschlägen des Gebets und Glaubens. Mit dem Hebel des Gebets wiegst du jedes Hindernis aus deinem Wege. Gedanken und Folgerungen sind gleichsam Stahlkeile, welche der Wahrheit festen Halt geben; aber das Gebet ist die Hebestange, welche die eiserne Kiste heiligen Geheimnisses aufsprengt, damit wir den darin verborgenen Schatz in Empfang nehmen können. O Herr, erhöre unser Bitten und öffne uns das Verständnis!


Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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"Verstehst du auch, was die liest?"

Philippus war neben dem Wagen hergegangen, hörte den Kämmerer laut lesen und fragte: "Verstehst du auch, was du liest? "Wie kann ich", lautete die Antwort, "wenn mich nicht jemand anleitet." Dann bat er den Philippus, aufzusteigen. Der Kämmerer hätte sich stossen können an allerlei Dingen, die mit Philippus verbunden waren. Zunächst dessen gesellschaftliche Stellung. Der Kämmerer war ein reicher, vornehmer, mächtiger Mann. Er hatte einen ganzen Tross von Begleitern bei sich und sass auf einem fürstlich vornehmen Wagen, in seidene Gewänder gehüllt. Und Philippus? Dessen Kleidung war die eines schlichten, armen Mannes. Der Herr Finanzminister war aber nicht zu stolz, von einem schlichten Mann aus dem Volk Belehrung anzunehmen. Lernbegierig lauschte er dessen Worten. Wer wirklich den lebendigen Gott sucht, hat ein feines Gespür dafür, wo seine Seele Führung und Förderung findet. Für Philippus kann es einen freuen, dass sein Dienst so bald und so gesegnet wirksam wurde, wie das nur selten der Fall ist. Doch wird die Ewigkeit offenbar machen, dass keine Arbeit für den Herrn vergeblich war. Wie an der Niedrigkeit der Person des Philippus hätte der Kämmerer sich auch stossen können an der Niedrigkeit Jesus. Von ihm heißt es in Jesaja 53, wo der Kämmerer gerade las: "Er war der Allerverachtetste, wörtlich "von Männern gemieden". Philippus zeigte ihm, dass dieses Wort sich erfüllt habe in Jesu, dem Nazarener, der den Verbrechertod am Kreuze gestorben sei. Der Kämmerer aber ärgerte sich nicht an dieser Niedrigkeit, sondern nahm Jesus als seinen Heiland an. Auch stiess der Kämmerer sich nicht an der Niedrigkeit des Heilsweges durch den Glauben, der allen eigenen Ruhm zuschanden macht und der den vornehmen Mann genau so auf unverdiente Gnade hinwies wie den tiefstgesunkenen Sünder. Demütiger Schülersinn kommt im Reich Gottes immer am weitesten.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Ein vornehmer Reisewagen fährt auf einer einsamen Straße. Man sieht der ganzen Aufmachung des Wagens an, daß hier einer daherkommt, der zu den „oberen Zehntausend" gehört. Der Mann im Wagen ist ein „Kämmerer und Gewaltiger der Königin Kandaze". Er kommt aus Jerusalem. Da hat er sich eine Schrift des Propheten Jesaja gekauft. So etwas konnten sich zu einer Zeit, als die Bücher noch nicht gedruckt, sondern mit der Hand geschrieben wurden, nur sehr reiche Leute leisten. Der Wagen rollt Stunde um Stunde auf der stillen Wüstenstraße dahin. Nichts stört den Reisenden bei seinem nachdenklichen Lesen. Bis auf einmal ein einfacher Mann am Wagen steht. Etwas erstaunt sieht der vornehme Herr auf. Nun fragt dieser Mann den Herrn Kämmerer ohne Umschweife: „Verstehst du auch, was du liesest?"

Das war doch wirklich etwas unverschämt. Und ich möchte wohl wissen, was geschehen würde, wenn heutzutage in einem Eisenbahnabteil erster Klasse ein Reisender in seiner Lektüre so unterbrochen würde durch irgendeinen wildfremden Menschen. Gewiß, es war etwas unverschämt, was der Philippus hier tat. Aber diese „Unverschämtheit" führte dazu, daß der Kämmerer am Ende seine Straße fröhlich fuhr als ein versöhntes Kind Gottes.

Es war — man verzeihe dieen Ausdruck — eine heilige Unverschämtheit. Und eine solche steht allen Jüngern Jesu wohl an. Der Herr sagt: „Nötigt sie, hereinzukommen." Wer es begriffen hat, daß die Menschen ohne Jesus verloren sind, der kann sich nicht aufhalten lassen durch unangebrachte Empfindlichkeit. Der wird „zur Zeit und zur Unzeit" einem jeden bezeugen, daß in Jesus völliges Heil da ist. Amen.