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Predigten zu Johannes 12,32

"Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen."

Autor: Ludwig Hofacker (* 15.04.1798; † 18.11.1828) deutscher evangelischer Pfarrer
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Das Kreuz Christi ist das große Anziehungsmittel, der große Magnet für die Geister. Es liegt eine göttliche Anziehungskraft in Christi Kreuz, das erfährt jeder Jünger Jesu, und wer das noch nicht erfahren, der muß es noch erfahren, wenn er zum ewigen Leben hindurchdringen will.

Wer auf Golgatha im Geist ankommt, dem wird das Herz genommen, dem wird sein kaltes, totes, steinernes Herz herausgenommen, der kann nicht mehr für sich selbst leben, sondern nur dem, der für ihn gestorben und auferstanden ist, der ist von dem an, da er dieses erfahren hat, ein neuer Mensch nach Herz, Mut und Sinn, dem nichts so sehr am Herzen liegt, als wie er Nacht und Tag dem Seelenfreund gefallen mag. Ein solcher ist vom ewigen Tode freigemacht. Mit andern Worten: Wer den am Kreuz gesehen hat, nicht mit Fleischesaugen, sondern mit den Augen des Geistes, der ist wiedergeboren. - Ich weiß zwar wohl: Gott hat die verschiedensten Mittel und Wege, um die Menschen zur Buße zu bringen und zu sich zu ziehen. Den einen sucht er mit Lieben, den andern mit Leiden heim; den einen erschreckt er durch die Furcht vor dem Tode und vor dem Gericht, den andern durch etwas anderes. Das alles sind Züge des Vaters, der uns lockt, daß wir aus unserem Sünden- und Todesschlaf aufstehen, die vergängliche Lust der Welt verleugnen und nach seinem Reiche trach- ten sollen. Achtet doch auf solche Gnadenzüge des Vaters. - Aber wenn dem Geiste des Herrn nicht so viel Raum gelassen wird, daß er Jesum, daß er die Liebe, die für uns auf Golgatha starb, dem Herzen verklären kann, sehet, so ist alles umsonst, und wenn der Mensch noch so viele Rührungen hätte und hätte diese Rührung, diesen Lebenseindruck nicht, daß ihm das Leiden und Sterben des Heilandes zu Herzen geht, so ist alles umsonst. Es nützt außer dem alles nichts. Das Herz bleibt eben von Stein, ohne Gnade und ohne Geist, es ist keine Tüchtigkeit da zum Reiche Gottes. Das Lamm Gottes, das geschlachtet ist, muß ins Herz hinein; das macht Menschen Gottes; das schafft Liebe, Freude, Demut, Hoffnung, Geduld, wenn man mit jenem Liede sagen kann:

In meines Herzens Grunde dein Nam und Kreuz allein funkelt all Zeit und Stunde - drauf kann ich fröhlich sein. Erscheine mir im Bilde, wie du für meine Not, Herr Christe, dich so milde geblutet hast zu tot.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Jesus sah mit der Gewissheit auf sein Kreuz, dass er von dort aus alle Widerstände überwinden werde, die uns von ihm trennen. Auf uns liegt der dunkle Schatten, den das Sterben über uns breitet, in mir erweckt. Lohnt es sich, auf dem Weg zum Grab einen Heiland zu suchen? Gibt es denn Gemeinschaft mit Gott für uns, die Sterbenden? Auf diese Frage gibt uns Jesus dadurch die Antwort, dass er ans Kreuz erhöht wurde. Dort geht der Lebende in den Tod, der Auferstehung gewiss, und macht im Sterben die Herrlichkeit des Lebens offenbar. Uns beschwert das Leiden, verzehrt unsere Kraft und macht uns totwund. Können wir denn glauben, mit der Beschränktheit unseres Bewusstseins, die uns zum Irren zwingt, und der Fesselung unseres Vermögens, die uns kein tüchtiges Handeln zulässt? Sieh auf den ans Kreuz Erhöhten! Er macht aus dem Leiden die wirksame Tat und aus den Schmerzen die Verkündigung des göttlichen Ruhms. Aus der leeren Nichtigkeit unseres Lebens entsteht die Menge der unechten Dinge, die auswendig glänzen und innen nichts sind als lügender Schein. Sie rauben uns die Fähigkeit zum Glauben. Wer hat denn Jesus zum Kreuz gehängt? Ein Volk, das scheinbar fromm war, Priester, die scheinbar Priester waren, ein Regent, der scheinbar regierte und log, wenn er sich einen Richter nannte. Sieh aber nicht nur auf die, die neben dem Kreuz stehen, sieh auf Ihn.

Dort siehst du echtes, mit der Wahrheit geeintes Leben, Gemeinschaft mit Gott, im heißen Feuer erprobt, Gehorsam, in hartem Kampfe errungen und vollendet, Liebe, die das göttliche Gebot in Wahrheit erfüllt, Gott über alles ehrt und den Bruder ganz zu sich erhebt. Hier siehst du nicht Schein und kannst hier nicht zweifeln. Hier kannst und sollst du glauben. Die stärkste Hemmung, die uns von Jesus trennt, entsteht aber aus dem Fluch der Schuld. Wir tragen heimlich die Angst vor Gott in uns und unser Blick auf ihn gleicht dem lauernden Blick dessen, der sich nach seinem Verfolger umsieht. Aber der ans Kreuz Erhöhte zieht uns zu sich, uns alle, die wir uns vor Gott flüchten, weil er gerecht ist, und das Licht nicht ertragen, weil es unsere Verwerflichkeit enthüllt. Dort am Kreuz treibt die Liebe die Furcht aus. Weil ich nicht zu ihm komme, kommt er zu mir, tritt an meine Stelle und leidet, was mir gebührt. Weil er vergibt, zieht er mich zu sich. Nun kann ich glauben.

Es ist mir heilsam, dass ich, Herr Christus, an Deinem Kreuz verweile. Dort weichen die Einbildungen und ich werde still. Dort sprichst Du zu mir. Dort kann ich hören, was mir Deine wahrhaftige Gnade sagt. Amen.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Und ich, wenn ich erhöhet werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen.

Er ist erhöhet, wir sind im Kampf. Er ist daheim, wir sind im Streit. Er herrscht im Frieden, wir sorgen uns in Not. Was wollen wir Arme in der Niedrigkeit des Lebens, in der Tiefe der Sünde und der Sorge, in der Zerrissenheit der Seele und des Leibes anders rufen zu dem Erhöhten als: Lass dir die Deinen am Herzen sein! Man hat ja ohnehin bei diesem Gruß in die Heimat die große Sorge, ob er uns noch hört und, zur Rechten des Vaters erhöht, sich nicht unser schämen muss und sich nicht weigert, uns anzuerkennen. Es geht ja ohnehin durch unsere Seele die große Angst, dass, nachdem wir ihn so oft verlassen haben, er setzt die Mühe für und an uns einstelle und sich zurückziehe und unser Schifflein forttreiben lasse, mag es zerschellen, mag es zerbrechen! Doch nein! Das kann und will er nicht. Er, der Erhöhte, denkt daran, dass er auch niedrig war, der Befreite denkt der einstigen Bande, der daheim ist, weiß, was es um die Wüste ist, und der am Throne erbarmt sich der in Lehmhütten Wohnenden.


Autor: Hermann Bezzel (*18.05.1861; † 08.06.1917) deutscher lutherischer Theologe
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Und ich, wenn ich erhöhet werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen.

Damit ja niemand glaube, er sei nachträgerisch und nachrechnend wie ein armer, sündiger Mensch und könne nicht mehr in der Höhe sich auf die Niedrigkeit besinnen und habe sie vergessen, darum spricht er so groß und treu und wahr: „Ich, wenn ich erhöhet werdet!“·In diesem „Ich“ liegt so viel Erbarmen. Das ist der Mann der Schmerzen, der die Frucht seines Leidens täglich vor den Vater bringt, das ist der Hohepriester, dem die Namen der Seinen ins Herz gegraben bleiben, der Erzhirte, der dem Schafe nachgeht, bis dass er's findet. Auf unseren Gruß in die Heimat, auf den Gruß der Beichte und Sünde antwortet er mit einem Gruß aus der Heimat: „Wenn ich erhöhet werde von der Erde, will ich sie alle zu mir ziehen .“ Das ruft er zuerst hinein in deine Sünde. Er will den Sünder herausnehmen aus den Banden der Gewohnheit und aus all den Tiefen der Ungerechtigkeit. Er will einen jeden, der es begehrt, aus all den Zusammenhängen mit der Vergangenheit und aus all den Trägheiten der Gegenwart mächtig hinausziehen, dass er stärker in dir und die Sünde schwächer werde. – „Ich will sie alle zu mir ziehen“, so spricht er in unseren Abschied hinein. Wir wissen nicht, wohin der Weg geht, wenn die letzten Stunden kommen. Da will er am Ausgang unseres Lebens stehen, wie er am Eingang in der heiligen Taufe stand, und wolle euch, die ihr diese Heimat auf Erden, das Wanderzelt, abgebrochen habt und der Heimat droben doch noch nicht froh seid, geben, dass ihr bei ihm sein möget allezeit.