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Predigten zu Psalm 33,3

"Singet ihm ein neues Lied; spielet wohl mit Jubelschall!"

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Der Psalmist muß seine Genossen nicht dazu mahnen, daß sie singen; wohl aber ruft er ihnen zu: ein neues Lied singt. Sie sangen ihre alten Lieder, die der Schatz der Gemeinde waren und das aussprachen, was die Väter als göttliche Hilfe erlebt hatten. Ihre alten Lieder waren ihnen unentbehrlich. „Unsere Väter trauten auf dich und du halfst ihnen“; daß es so war, das wußten sie aus dem alten Lied und deshalb trauten auch die Kinder jener Väter auf ihn. Das Gebet der Väter wurde zum Gebet der Kinder und die Danksagung der Alten erweckte die Seele der Jungen zur Danksagung. So ging ein Strom von Erfahrung von Geschlecht zu Geschlecht und gab der Gemeine in ihren wechselnden Geschlechtern dasselbe einheitliche Wort. Aber ebenso unentbehrlich wie das alte Lied ist das neue. Gäbe es kein neues Lied, so gäbe es keine Gegenwart Gottes, keine jetzt uns belebende Gnade, keinen jetzt uns geschenkten Sieg. Kann ich nur von Erinnerung leben? Kann ich Gott nur in dem suchen, was einst vor Zeiten bei den Vätern geschah? Das Lied der Alten hat auch das an sich, was die Eigenart der Alten war und ihrem Leben die Schranken setzte. Ihre Lage ist nicht die meinige, ihr Glaube nicht der meine und das Werk, das sie zu vollbringen hatten, habe nicht auch ich zu tun. Unser Lied kann nicht zeitlos sein; denn es ist die Frucht unseres Lebens, begleitet mit Bitte und Dank unser Handeln und wandelt sich darum mit dem Wechsel der Geschlechter. Der Psalmist hielt aber seine Mahnung, ein neues Lied zu singen, nicht für ein Gebot ohne Kraft, nicht für einen Wunsch ohne Wurzel. Der Stoff zum neuen Lied ist ihm und seinen Genossen gegeben. Denn er selber schaut in seinem eigenen Leben Gottes Werk und dieses darf nicht in Heimlichkeit verschwinden und durch Undank entkräftet werden. Keiner empfängt Gottes Gabe nur für sich selbst; als Glied der Gemeinde erhält er sie für sich und die anderen. Darum entsteht aus dem alten Lied das neue, aus der Stimme der Vorzeit die des lebenden Geschlechts und sie bereitet das Gebet der kommenden vor, deren selige Pflicht es sein wird, an ihrem Ort mit ihrem Wort Gott für das zu preisen, was er ihnen geben wird. Unser Lied, Herr, Gott, ist schon lange stumm und wir können nur das Lied der Alten singen. Schenke uns ein neues Lied. Nur unsere Undankbarkeit macht uns stumm. Unser starres Herz will nicht singen. Nimm uns das steinerne Herz und mache uns wach, daß wir deinen Namen loben. Amen.