Antwort A
Phil. 1,23 mit dem vorhergehenden und nachfolgenden Verse gelesen, zeigt uns, dass es sich hier um den so genannten „Zwischenzustand” handelt. Der Apostel Paulus spricht „von dem Leben im Fleische”, so auch „vom Bleiben im Fleische” (vergleiche Vers 22.24). Doch hat er Lust, abzuscheiden; d. h. „ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem HERRN zu sein” (2. Kor. 5,8). Darum ist „das Sterben” für ihn Gewinn. Der Tod ist unser Diener (vergl. 1. Kor. 3,22). Der Apostel spricht von dem Zustande nach dem Tode und vor der Auferstehung. Der Mensch ist nach dem Tode in bewußtem Zustande (vergl. Lk. 16,19-31; 23,43; Apg. 7,59; 2. Kor. 5,8; Hebr. 12,23 Schluß). Darum konnte sich auch der Apostel sehnen, „beim HERRN zu sein”. Im Worte Gottes hat Sterben immer nur Bezug auf den Leib, niemals auf die Seele oder Geist (Mt. 20,28; Hebr. 12,23). Im Alten Testament finden wir wohl oft folgendes Wort: „Die Seele, die sündigt, soll sterben”! Doch wenn wir die Stellen genau betrachten, so finden wir, dass es sich um den Menschen als solchen handelt, um das Leben hienieden, aber niemals könnte man auf Grund solcher Stellen behaupten, dass es keinen bewußten Zustand nach dem Tode gäbe. Sie wurden abgeschnitten von diesem Leben, was keineswegs ein Aufhören der Persönlichkeit bedeutet. Demnach kann auch nur der Leib auferstehen. Wenn das Wort von Auferstehung spricht, meint dasselbe nur den Leib. Niemals hören wir von einer Auferstehung der Seele oder des Geistes.
K. O. St.
Antwort B
Beide Schriftstellen beziehen sich auf die Gläubigen. Um sie zu verstehen, ist erforderlich, über Zustände und Dinge nach dem Abscheiden aus diesem Leben klar zu sein.
Wie schon früher dargelegt worden ist, besteht der Mensch aus Geist, Seele und Leib (1. Thess. 5,23), wovon der Leib allein das Sterbliche ist (Mt. 10,28 u. a.) und nach dem Abscheiden des Geistes und der Seele zur Erde zurückkehrt, von der er genommen ist (1. Mose 3,19), während Geist und Seele weiterleben. Letzteres sehen wir deutlich aus dem Worte Gottes, insbesondere auch aus folgenden Schriftstellen: Lk. 16,19-31; 23,43; Apg. 7,59.60; 2. Kor. 5,6-8 und auch Phil. 1,23. Die letztgenannten vier Stellen zeigen auch zugleich, wo der Platz des Gläubigen ist nach seinem Abscheiden; bei Christo, wo es „weit besser” ist. Das sagt gerade Phil. 1,23 so einfach und klar: Paulus hatte Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein. Dass es sich hier um den leiblichen Tod, das Abscheiden aus diesem sterblichen Leibe, handelt, zeigen die Verse 20-24 und der ganze Zusammenhang sehr deutlich. Wenn es das Los des Apostels war, zu sterben, abzuscheiden, so war er nicht nur bereit, sondern er hatte Lust dazu, denn es war ihm Gewinn, weil er dann bei Christo war, und das war weit besser! Phil. 1,23 ist also eine jener Schriftstellen, die uns sagen, wo der Gläubige ist, wenn er aus diesem Leben geschieden ist.
An diesem herrlichen Platze ist er ohne Leib, nur Geist und Seele, da der Leib ja zum Staube zurückgekehrt ist. In diesem unvollständigen Zustande ist er bis zur Auferstehung, von welcher der Herr Jesus in Joh. 6,39.40.44 spricht. Wenn jener wunderbare Augenblick gekommen sein wird, erhalten alle die Entschlafenen, die bis dahin „bei Christo” sind, wieder einen Leib, und zwar einen Herrlichkeitsleib (siehe 1. Kor. 15,35-52).
Unmittelbar erstreckt die Auferstehung sich also nur auf den Leib. Wenn dennoch der Herr Jesus in Joh. 6 bezüglich der Auferstehung nicht nur von dem Leibe spricht, sondern sagt, dass Er jeden, der an Ihn glaubt, auferwecken werde und somit gleichsam die ganze Person damit verbindet, so ist das wohlbegründet: Der Leib ist - wie oben erwähnt - ein wesentlicher Bestandteil des Menschen; seine Persönlichkeit ist damit verbunden; der Leib stellt gerade im Blick auf die Auferstehung den Menschen dar, um so mehr, als eben die Auferstehung die Vereinigung des Geistes und der Seele mit dem von Gott gegebenen neuen Leibe und somit die Wiederherstellung des vollständigen Menschen ist! Wie kostbar für unsere Herzen ist darum Sein Wort: „und Ich werde ihn auferwecken am letzten Tage”. Wenn ich dies lese, denke ich nicht nur an meinen Leib, (obwohl nur dieser dem Tode und der Verwesung unterworfen ist und ich inzwischen in Glückseligkeit „bei Christo” sein werde), sondern ich denke an mich, ich weiß, Er wird mich auferwecken, und bin glücklich in diesem Bewußtsein; für meine ganze Person beginnt dann ein ganz neuer Zustand, eine neue, bis dahin ungekannte Herrlichkeit und Freude!
Wir sehen, wie wunderbar die Harmonie der in der Frage genannten beiden Schriftstellen ist, und sehen immer wieder die Vollkommenheit Seines kostbaren Wortes wie auch Seine Herrlichkeit und Seine Liebe!
Th. K.
Antwort C
Es hängt vom Willen des HERRN ab, ob wir bleiben sollen, bis Er kommt, oder ob wir durch den Tod gehen sollen. Ob wir wachen, oder ob wir schlafen gelegt sind, wir werden mit Ihm leben (1. Thess. 5,10). Paulus wußte, dass „ausheimisch aus dem Leibe” gleichbedeutend war mit „einheimisch bei dem HERRN” (2. Kor. 5,8). Er hatte Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein.
Diese Stellen zeigen uns deutlich, dass der Tod ein Heimgehen zum HERRN ist. Zwar sind wir bis zum Auferstehungstage noch nicht in dem Zustande der Vollkommenheit nach Geist, Seele und Leib. Das Erlösungswerk umfaßt den ganzen Menschen - auch den Leib. So lange dieser im Grabe ruht, ist das Erlösungswerk noch nicht völlig an uns offenbart. Aber es hindert nicht an dem „bei Christo sein”.
Der Tod entkleidet uns von dem sterblichen, irdischen Leibe. Der Leib ist die „Hütte”, in der in diesem Leben unsere Persönlichkeit wohnt und erkannt wird. Der Leib mag in das Grab gelegt werden, aber wir werden nicht mit hineingelegt.
Der Leib des HERRN, in dem Er in diesem Leben als „Herr” angeredet wurde, lag im Grabe, aber Er war nicht drin. Das, was von der Erde genommen, wird der Erde zurückgegeben, aber wir - die Person - betreten das Gebiet der „Geister der vollendeten Gerechten” (Hebr. 12,23), die nicht ohne uns vollkommen gemacht werden sollten (Hebr. 11,40) und die deshalb warten, bis sie an demselben Auferstehungstage mit uns vollkommen gemacht werden.
Während der Leib des HERRN im Grabe ruhte, betrat Er den Hades, der Ihn aber nicht halten konnte (Apg. 2,23-31). Er ist nicht dort. Und die Schrift sagt den Gläubigen nicht, dass sie im Hades sein werden, sondern bei Christo, und Er ist im Himmel, denn von dorther erwarten wir Ihn (Phil. 3,20; 1. Thess. 1,10). Wo Er ist, werden wir sein, und wo Er nicht ist, werden wir nicht sein.
Der Auferstehungstag bringt uns die Vollendung des Werkes Seiner Gnade: die Erlösung des Leibes. Kein natürlicher Leib wird unser Leib sein, sondern ein geistiger Leib (1. Kor. 15,44) in der Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit.
Welche Gnade, wenn der HERR es so will, gleich Stephanus sagen zu dürfen: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf.” (Apg. 7,59.)
v. d. K.
Anmerkung des Herausgebers
Zu diesen ausführlichen Antworten erübrigt nur noch etwas darüber zu sagen: Warum spricht Jesus von dem „letzten Tage”, der in einigen Übersetzungen auch „jüngster” Tag genannt wird? Was ist eigentlich der „jüngste”, besser „letzte”, Tag? Und andere fragen vielleicht: Ist dieser Tag, der „letzte Tag”, nicht erst nach dem Tausendjährigen Reiche, während die Auferweckung der in Christo Entschlafenen doch schon bei der Entrückung stattfinden muß? - Die gewöhnliche Lehre innerhalb der Christenheit ist die, dass erst am „jüngsten” Tage alle Toten erweckt werden. Von dem biblischen „Tausendjährigen Reich” und der Auferstehung und Entrückung der Gläubigen vor demselben weiß die Christenheit so gut wie nichts! Daher ist es nicht verwunderlich, wenn man im allgemeinen mit dem Gedanken an den „jüngsten” Tag und die Auferstehung der Toten an demselben den eines über alle Menschen ergehenden „jüngsten” Gerichts verbindet, dieses aber nach ebenfalls meist falsch ausgelegten Stellen (wie Mt. 24,14) als in noch sehr fernen Zeiten liegend glaubt. Hierüber im folgenden einige Worte!
Die Schrift spricht in ganz anderer Weise von Auferstehung und Gericht. Nicht nur sagt sie deutlich genug, daß, wer an Christum glaubt, überhaupt nicht ins Gericht kommt (Joh. 3,18; 5,24; vergl. Frage 47), sondern auch, dass zwei Gerichte sein werden in der Zukunft: 1. über die bei der Wiederkunft des HERRN lebenden Nationen (Mt. 25,32); 2. über die Gottlosen bei ihrer nach dem Tausendjährigen Reich geschehenden Auferstehung, während die in Christo Entschlafenen der „ersten Auferstehung” teilhaftig werden und mit den bei dem Kommen des HERRN für die Seinigen lebenden Gläubigen verwandelt und dem HERRN entgegengerückt werden. Wir bitten alle Leser, besonders die, denen diese Dinge noch neu sind, aufmerksam Off. 20 und 1. Thess. 4,13-18 zu lesen.
In all diesen Stellen ist nun keineswegs die Rede vom „jüngsten” = „letzten” Tage! Gleichwohl glauben auch wir in Gemeinschaft mit obigen Antworten, dass es sich bei den Stellen in Joh. 6 um die Auferweckung der an Christo gläubig gewordenen Entschlafenen handelt, die schon jetzt nach Geist und Seele „bei Christo” sind, während sie nach ihrer Auferweckung auch in verherrlichtem Leibe „allezeit bei dem HERRN sein werden”. (1. Thess. 4,17b.) Warum denn hier der Ausdruck „letzter Tag”? Hier und in anderen Stellen im Joh.-Evang. (6,54 u. 12,48) nennt der HERR diesen Ausdruck, während in Joh. 11,24 Martha ihn nennt in Verbindung mit der jüdischen Volkshoffnung; Martha blickt hinaus auf die von den Juden erhoffte Auferstehung vor Beginn des ihnen im Alten Testament verheißenen Friedensreiches (des Tausendjährigen Reiches, in dem der Messias auf dem Thron seines Vaters David sitzen wird!). Jesus sprach hier zu den gläubig gewordenen Juden (in Joh. 12,48 in bezug auf die ungläubig bleibenden), dass am letzten Tage des Zeitalters, das mit Christo begann (des Haushaltes der Gnade, Ephes. 3,2), diese Auferweckung der Gläubigen stattfinden werde. Dieser letzte Tag ist ja zugleich auch der letzte Tag nach jüdischer Vorstellung, da danach das Friedensreich des Messias folgt. Israel aber weiß nichts von einem durch den gekreuzigten und auferstandenen Messias eingeführten Zeitalter der Gnade. Israel lebte im Zeitalter des Gesetzes, das von dem Friedensreich Christi auf Erden abgelöst werden sollte. Dadurch, dass es seinen König nicht erkannte, sondern verwarf, ward die Haushaltung der Gnade zwischen die des Gesetzes und die der Herrschaft des Messias auf Erden eingelegt. Somit ist der „letzte Tag”, den Martha im Auge hatte und der, an den Jesus denkt, zeitlich derselbe. Wenn daher Jesus zu den gläubigen Juden von dem letzten Tage redet, so können sie meinen, es sei der letzte des damals gegenwärtigen Haushaltes (des Gesetzes), während es in Wahrheit der letzte des jetzt gegenwärtigen ist: des Haushaltes der Gnade. [In dieser Auslegung ist die Frage nicht behandelt worden, einen wie langen Zeitraum dieser „Tag” umfaßt, d. h. welche Begebenheiten alle mit zu demselben gehören.]
„Glückselig und heilig, wer Teil hat an der ersten Auferstehung!” Off. 20,6.