Um was für Dinge handelt es sich in 1. Timotheus 4,4?

Um was für Dinge handelt es sich in 1. Tim. 4,4? Gibt es hier irgendwelche Einschränkungen, etwa nach Apgesch. 15,28.29?

Antwort des Schriftleiters

Kurz gesagt: um alles, was der kreatürlichen Welt angehört, soweit es in unseren Gesichtskreis tritt! Das Wort „Geschöpf” oder „Geschaffenes” lässt gar keine Einschränkung zu! Im Alten Testament gab es Speiseverbote. Wie schwer diese auf denen, denen sie galten, lasteten, zeigt die Befreiung des Petrus von ihnen in Apgesch 10! Obwohl sicher das Gesetz der erlaubten und verbotenen Speisen keine Leichtigkeit bedeutete für den davon Betroffenen, so waren diese Verbote doch so tief eingewurzelt im jüdischen - auch judenchristlichen - Volksempfinden, dass ein dem HERRN gehorsamer Petrus ausrufen konnte: „Keineswegs, niemals!” (10,14) Nun, der HERR verstand es, ihn eines Besseren zu belehren, und Petrus ließ sich sagen. Aber in Apg. 15 gab es wieder ein neues Speiseverbot, doch, wie ich glaube und in Bd. 1, Frage 36 ausgeführt habe, hatte dieses nur, obwohl vom Heiligen Geist eingeführt, zeitliche Bedeutung! Ähnlich wie das, was Paulus in Röm. 14 sagt, wo die Liebe jedes freimütige Essen bis zum völligen Verzicht darauf einschränken kann um der schwachen Brüder willen, so weist Jakobus darauf hin, dass um der Judenchristen willen ein solches Verbot am Platze sei, da solche damals noch an jedem Orte und in jeder Gemeinde in der Mehrzahl oder wenigstens reichlich vorhanden waren. (15,21!) Und wenn Paulus im Gehorsam gegen den Geist Gottes und den Beschluß der Apostel auch nachher in der Apg. auf diesen Vorgang hinzeigt und sich demselben beugt (vgl. 15,30 und vor allem 16,4), so lesen wir später, sonderlich in seinen Briefen, doch nie wieder etwas von diesem Speiseverbot. Ja, 1. Kor. 8 und 10 sagen eigentlich das Gegenteil! Damit ist aber nicht ein Gegensatz zu dem in Apg. 15 ausgesprochenen (also, wie ich glaube, zeitlichen) Beschluß konstruiert, sondern die Gründe waren nicht mehr akut, die damals die Apostel und die Gemeinde zu ihrem Beschluß geführt hatten. Wir dürfen doch auch nie außer acht lassen, dass die Apostelgeschichte nicht gleichzusetzen ist mit der Apostellehre! Jene war Entwicklung, diese ist in den apostolischen Briefen festgelegt. In jener konnten die sog. „noachischen Gebote” (1. Mo. 9,1ff.) (obwohl nicht genannt!) eine Bedeutung gewinnen, in den Briefen, vor allem denen des Paulus, gibt es keine Speise-Einschränkung mehr, außer, wenn die Liebe zu den Schwachen eine solche gebeut. Und ist im Grunde genommen nicht jenes Verbot in Apg. 15 auch nur um der Liebe willen zu Judenchristen, denen das Essen von allerlei sonst ihnen verboten gewesenen Genüssen Gewissensnot oder beim Anblick anderer, Freierer, Kummer und Leid bereiten mußte, gegeben?! Aber wie dem auch sei, die Apostelgeschichte - soviel sie uns auch lehrt, fordert nicht von uns ein Leben so oder so, aber die Briefe regeln unseren Wandel bis ins kleinste. Und soviel Paulus auch gegen Hurerei u. dgl. Sünden zu sagen hat - Speisegesetze gibt er uns nicht, im Gegenteil, er sagt z. B. „Speise empfiehlt uns (vor) Gott nicht, weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer, noch sind wir, wenn wir essen, vorzüglicher”. (1. Kor. 8,8) Diejenigen, die sich auch heute noch nach jenen „noachischen Geboten” glauben richten zu sollen, obwohl nicht Noah unser Vater ist, sondern Abraham ist der Vater der Gläubigen(!) - wir schelten sie nicht, sie stehen und fallen ihrem HERRN! -, mögen wohl bedenken, dass die Sabbatarier uns den Sabbat auch nicht allein deswegen aufzwingen wollen, weil er im Gesetz vorgeschrieben sei, sondern weil Gott den Sabbat schon weit vorher geheiligt habe durch Sein eigenes Ruhen. (1. Mo. 1) Wenn jene sich nach Speiseverboten Richtenden also sagen: nicht weil es gesetzliche Verordnungen sind, halten wir sie, wir stehen nicht unter Gesetz, sondern weil sie dem Noah geboten wurden, so mögen sie wohl bedenken, dass sie leicht denen Vorschub leisten können, die sich bei Sabbat, und Beschneidung auch, auf frühere als gesetzliche Unterweisungen berufen können, und dann würde man ihnen nicht so leicht widersprechen können! - Nein, dem Gerechten ist kein Gesetz gegeben als das der Liebe!

Jedes Geschaffene ist gut”, sagt Paulus, „wenn es mit Danksagung empfangen wird!” Ja, er sagt, dass „nichts verwerflich” sei! Wenn die Belehrung von Apg. 15 noch Gültigkeit hätte (außer auf der Linie der Liebe zu dem Schwachen!), dann wäre hier ein unüberbrückbarer Gegensatz! Gott hat die Speisen geschaffen zur Annehmung mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit anerkennen. (V. 3!) Warum Einschränkungen machen, wo die Schrift, d. h. „die Lehre der Apostel”, zu der wir doch zurückzukehren uns bemühen, keine macht?! Wer heute noch (wo Moses nicht an jedem Orte solche hat ... V. 21) glaubt, nach Apg. 15 verfahren zu sollten, der tue es dem HERRN, aber er sage nicht, dass um jener zeitlichen Verfügung willen hier in 1. Tim. 4,4 eine Einschränkung zu machen, ja auch nur möglich sei! Sie ist nicht möglich, sonst widerspricht sich die Schrift! Die Sache ist sehr, sehr ernst, Bruder! Jedes Geschaffene ist gut, wenn mit Danksagung genommen, denn es wird geheiligt, d. i. für Gott abgesondert, durch Gottes Wort und Gebet. D. h. auf doppelte Weise wird es abgesondert: 1. durch Gott Selbst, indem Er hier und anderswo Sein Wort, durch das Er alles geschaffen hat, dafür einsetzt, 2. durch uns im Gebet! Das erste Glied „durch Gottes Wort” ist nicht so zu verstehen, dass wir etwa durch Lesen eines Schriftabschnittes oder eines Kalenderzettels das Geschaffene für Gott absondern, sondern das tut Gott Selber hier durch Sein Wort, aber der zweite Partner sind wir selber, die wir beten; damit in Verbindung können wir ja auch ein Gotteswort lesen, um der Seele Nahrung zu geben, aber die Hauptsache ist das Gebet! Beten wir stets, Geliebte, wenn wir irgendwelches Geschaffene zu uns nehmen, gebrauchen oder seiner teilhaftig werden? V. 4 prüft uns und unseren Herzenszustand. Wir sollten z. B. nie versäumen, vor dem Essen zu beten! Auch nicht, wenn Gegner des HERRN es sehen. Es ist ja auch ein Zeugnis, obwohl wir nicht beten aus diesem Grunde, sondern eben, um die Dinge für Gott abzusondern und Ihm für dieselben zu danken. Das hier nur nebenbei! Keine Einschränkung, bitte nicht! V. 5 zeigt uns, wieviel dem Heiligen Geist darauf ankommt, dass diese Belehrung den Brüdern, der Gemeinde zuteil werde. Die Gefahr von V. 1-2 ist besonders eine der letzten Zeiten, und wir sollten darüber wachen, ihr nicht die Wege zu ebnen durch Unklarheiten unsererseits, indem wir sagen: „doch eine Einschränkung”! Nein, jedes Geschaffene ist gut! Sogar der Mensch war es zu Anfang (1. Mo. 1,31!), aber er sündigte und verlor sein Gutsein mit einem Schlage, aber die Dinge leiblicher, seelischer und geistiger Art, die geschaffen sind zur Annehmung mit Danksagung, sind immer noch gut, weil (und wenn) geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet. Wer nach dieser Regel lebt, der vermag sich selber vor nicht notwendigen Gewissensnöten zu bewahren, und er wird anderen einfache, schlichte, überzeugende Belehrung zuteil werden lassen können, ohne ihnen Gewissensschwierigkeiten zu bereiten. Gewiß werden auch solche, die anders stehen, anderen kein Joch auf den Hals legen wollen, denn die Ablehnung derer, die „gebieten, sich von Speisen zu enthalten” (V. 3a), ist ja zu ernst, als dass man andere zwingen möchte, im Lichte eines fremden Gewissens zu wandeln und zu handeln; aber wenn wir auch frei genug sind, den fremden Hausknecht vor seinem eigenen HERRN stehen zu lassen (Röm. 14,4), so ist doch schon eine Gefahr darin, wenn man die Möglichkeit auch nur einer Einschränkung in 1. Tim. 4,4 durchblicken läßt. Nein, die apostolische Belehrung über das Haus Gottes lässt keine Speiseeinschränkungen, keine Einschränkungen im Gebrauch irgendwelches Geschaffenen zu; aber auch sie verweist den Timotheus und uns auf die Liebe: „Sei ein Vorbild der Gläubigen in der Liebe!” (V. 12) Die Speiseverbote des Alten Testaments hatten erziehende Bedeutung bis auf Christum, und die von Apg. 15 waren von vorübergehendem Wert und aus Liebe gegeben zu Andersdenkenden, und auch wir können aus Liebe zu Schwachen, zu Judenchristen, zu gesetzlich Stehenden, und zu wem es sonst auch sein mag und aus welchem Grunde es auch ratsam sei, auf alles verzichten, was uns sonst durch Gottes Wort und durch Gebet geheiligt worden ist oder werden würde. Aber ein neues Joch des Gesetzes mit „du sollst” und „du sollst nicht” lassen wir uns nicht auferlegen, nachdem wir in Christo „zur Freiheit berufen worden sind”. (Gal. 5,1.13.14; Kol. 2,20-23)
Preis und Dank sei unserem Gott dafür, dass „jedes Geschaffene gut ist, und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird, weil es geheiligt wird durch Gottes Wort und durch Gebet”! Ihm in allem die Ehre!
F. K.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 20 (1935)