Urim und Thummim

Ich bitte um Aufklärung über „die Urim und die Thummim“ (Luther: „Licht und Recht“) nach 2. Mose 28,30!

Antwort A

Durch eine mächtige Errettung (Passahlamm) hatte Gott Sein Volk Israel aus der Knechtschaft Ägyptens befreit und für immer durch das Rote Meer von Ägypten getrennt. Nun stand es im Begriff, nach Kanaan zu ziehen. In Mose gab Gott dem Volke einen Führer. Obwohl das Volk den starken Arm Jehovas kennen gelernt hatte, war und blieb es allen menschlichen Gebrechen und Verirrungen zugeneigt, bereit zu klagen und zu murren und Jehova zu vergessen. Um mit dem Volke weiter in Verbindung zu bleiben, ihm nahe zu sein und es segnen zu können, ordnete Gott das Priestertum an.

Kap. 28 beschreibt uns die Kleidung des Priesters. Nie durfte und konnte der Priester in seiner eigenen Kleidung vor Jehova erscheinen. Seine Kleidung musste der Herrlichkeit Gottes entsprechen. An dieser Kleidung war alles bedeutungsvoll. Besonders beachtenswert war das Oberkleid mit dem Ephod und dem Brustschild. Auf dem Ephod, das Aaron über den Schultern trug, waren zwei Onixsteine angebracht, und auf diesen Steinen waren die Namen der zwölf Stämme Israels, in Gold eingefaßt, eingegraben. Ebenso waren auf dem Brustschilde vier Reihen kostbarer Steine mit den Namen der zwölf Stämme eingesetzt. In dieses Brustschild des Gerichtes sollten die Urim und die Thummim hineingelegt werden, so dass sie auf dem Herzen Aarons waren, wenn er zu Jehova hineinging.

Israel, als Volk aus Ägypten gerettet, stand unter den großen Gnadenerweisen Gottes, aber auch unter großer Verantwortlichkeit, und, infolge seines Zukurzkommens, unter Gericht. Das Priestertum wurde angeordnet, um die Verbindung mit Gott in Gnade zu unterhalten. Der Priester war somit der Vertreter des Volkes bei Gott. Er trug das Volk und sein Gericht gleichsam vor Gott auf seinen Schultern und auf seinem Herzen. Welcher Fehl auch bei den zwölf Stämmen gefunden werden und welches Gericht über sie kommen mochte, ihre Namen glänzten beständig in unverwelklichem Glanze auf Schulter und Herz des Hohenpriesters vor Gott. Gott hatte ihre Namen dorthin gesetzt, und niemand vermochte sie dort wegzunehmen.

Die Urim und die Thummim wurden in das Brustschild hineingelegt. Was waren sie? Von ihnen steht nicht geschrieben, dass sie wie die anderen Gegenstände von Männern weisen Herzens gemacht wurden. Aus verschiedenen Stellen des Wortes Gottes sehen wir, dass die Urim und Thummim mit den Mitteilungen der Gedanken Gottes über die mancherlei Wege und Fragen in der Geschichte Israels in Verbindung standen (4. Mose 27,21; 5. Mose 33,2-10). Der Hohepriester trug nicht nur das Gericht des Volkes vor Jehova, er empfing auch Antwort und die Gedanken und Urteile Gottes für das Volk. Er war somit der Vermittler der Gedanken Gottes für das Volk.

Schreiber dieses neigt zur Annahme, dass die Urim und Thummim damals noch ein göttliches Geheimnis war betr. der Liebesratschlüsse Gottes, speziell über Sein Volk, und zugleich vorbildlich ein Hinweis auf Jesum, Seinen geliebten Sohn, als Hoherpriester für alle Heiligen der gegenwärtigen Gnadenzeit.
Die in manchen Bibelübersetzungen angegebene Bedeutung der Worte Urim und Thummim als Lichter oder Licht und Vollkommenheit erinnert uns an 1. Joh. 1,5: Gott ist Licht. Es war etwas Großes, dass Aaron sich Gott nahen durfte, aber er ist das Vorbild vom HERRN, dem vollkommenen Priester. Was wir in Aaron sehen, ist in Christo verwirklicht in Vollkommenheit. Die Schultern, die das Metall tragen, tragen auch das schwächste Glied Seiner Gemeinde. Beständig sind wir auf Seinem Herzen vor Gott im Heiligtume. Und in den täglichen Umständen des Lebens teilt Er uns durch Seinen Geist vermittelst des Wortes die Gedanken Gottes mit (Urim und Thummim). Wir haben nicht mehr nötig, durch Träume und Gesichte unterwiesen zu werden. Wir wandeln in Abhängigkeit von Ihm und Seinem Worte, und so haben wir die Urim unseres großen Hohenpriesters und wird es uns nicht an Licht fehlen.
F. B.

Anmerkung des Herausgebers

Den Urim und den Thummim wird in der Schrift einzeln der Artikel vorangestellt, welches erweist, dass es zwei unterschiedene Gegenstände waren, und nicht, wie manche annehmen, nur ein Gegenstand war. Mose sollte sie in die Falte des Brustschildes legen (2. Mose 28,30; 3. Mose 8,8.) Woher sie kamen - ob Gott sie ihm gab; was sie waren - ob kostbare Steine; welche Gestalt und Form sie hatten - darüber hat Gott nichts niederschreiben lassen, und deshalb vermag auch niemand etwas darüber zu sagen. Das erste, was wir über sie lesen, lautet: „Und lege in das Brustschild des Gerichtes die Urim und die Thummim” (2. Mose 28,30). Hieraus möchte man schließen, dass sie Mose bereits von Gott gegeben oder doch so bezeichnet worden waren, dass er sie nur nehmen konnte.

Wenn wir nun auch nicht wissen, was sie waren, so wissen wir doch dreierlei, und daraus können wir lernen: I. Ihre Namen: Namen der Schrift sind nicht nur eine Kennzeichnung und Unterscheidung, sondern enthalten auch die Bedeutung, das Wesen des Benannten. Ihre Namen sind „Licht” und „Vollkommenheit” (in der Mehrzahl). Nicht Israels, sondern Gottes Licht und Vollkommenheit. In den Urim und den Thummim wurde Israel der Grundsatz gezeigt, dass in jeder Sache oder Frage das Licht und die Vollkommenheit Gottes entscheidend sein sollte.

II. Ihren Platz: Da wo das Wesen und die Wirkung der Urim und der Thummim gefunden werden sollte.

1. „In dem Brustschilde mit den zwölf Steinen”. Das Brustschild trug die zwölf kostbaren Steine, die das Volk Israel darstellten. Verborgen hinter diesen Steinen befanden sich die Urim und die Thummim. Zeigt uns dieses nicht, dass das Wesen der Urim und der Thummim, das Licht und die Vollkommenheit Gottes in diesem zwölsstämmigen Volke von der Welt gesehen werden sollte?

2. „Auf dem Herzen Aarons”. Dieses zeigt uns andererseits, dass „Licht” und „Vollkommenheit” in Gnade bei dem Volke wohnen wolle. Auf dem Herzen des Hohenpriesters sollten sie sein, denn ohne das Hohepriestertum - ohne den Dienst der Gnade, hätte das „Licht” und die „Vollkommenheit” Gottes das Volk verzehren müssen.

3. „Vor Jehova”. Im Heiligtum vor Seinem Auge wollte Gott Sein Volk haben. Auf der Brust des Hohenpriesters in den zwölf kostbaren Steinen mit den dahinter liegenden Urim und Thummim sollte es vor Jehova ins Heiligtum gebracht werden. In der Herrlichkeit des göttlichen Lichtes und der Vollkommenheit, so wollte Gott Sein Volk im Heiligtume schauen.

III. Ihre Anwendung: Die Urim und die Thummim sollten dem Volke Aufschluß, Unterweisung über den Willen Gottes in allen Fragen geben. Sie sollten befragt werden, so ordnete Gott es an (4. Mose 27,21). In allen Fragen der Wüstenreise wollte Gott durch sie Licht geben. In welcher Weise dies geschah, ob eines gleich dem Lose herausgenommen und dadurch der göttliche Entscheid gegeben wurde, wird uns nicht gesagt. Es genügt, Gott gab durch die Urim und mittels des Bundes des Hohenpriesters Seinem Volke Unterweisung für ihren Weg durch die Wüste nach Kanaan.

Nach Davids Tagen finden wir die Urim und die Thummim nicht mehr. Abjathar ist der letzte, von dem uns berichtet wird, dass er das Ephod (welches mit dem Brustschilde und dem Urim und Thummim verbunden war) gebrauchte, um Gott zu fragen. (1. Sam. 23,6-9 u. 30,7.) In den Tagen Esras und Nehemias war kein Priester für die Urim und Thummim mehr da. Dies kam zum Ausdruck, als etliche ihre Herkunft nicht angeben konnten. Ihre Zugehörigkeit zum Volke Gottes war fraglich. (Wie auch heute bei manchen; sie sind gleich jenen in derart babylonischen Verbindungen, dass es schwer zu sagen ist, welchem Geschlecht sie angehören.) Niemand konnte es entscheiden als allein der Hohepriester mit den Urim und Thummim. Die Sache musste unentschieden gelassen werden, bis ein solcher aufstände. (Esra 2,62.63; Nehem. 7,64.65; 2. Tim. 2,19).

Dieser Hohepriester, nach dem der treue Überrest damals ausschaute, ist gekommen in der Person des HERRN. In Ihm finden wir alles wieder. Bei Ihm sind die Urim und die Thummim. Er lässt das Licht und die Vollkommenheit Gottes auf alles prüfend, beurteilend und entscheidend leuchten. Er wandelt heute unter den Gemeinden, alles prüfend und erforschend, ob die „Leuchter” Gottes Licht und Vollkommenheit ausstrahlen und Seine Herrlichkeit in den Gemeinden gesehen wird.

Wie einst Aaron, der Repräsentant Israels, vor Jehova im Heiligtum war, so ist auch Er heute im Heiligtum und trägt vor Gott die Namen der Seinigen auf Seiner Brust, und in Ihm sieht Gott uns in dem Lichte und der Vollkommenheit Seiner ewigen Vorsätze.

Und wie Israel, so empfangen auch wir auf der Pilgerreise nach dem oberen Kanaan die Unterweisungen der Urim und der Thummim. Wir wandeln nicht im Lichte der Gebote Sinais, sondern im Lichte der Herrlichkeit Gottes. Die Erkenntnis Gottes weist uns unser Verhalten an. Das Licht und die Vollkommenheit Gottes sind der Maßstab für alles! Was diesen zuwider - entgegen ist, muss verurteilt werden. Unser „Ausziehen” und „Einziehen”, unser ganzer Gang, ist nicht nach dem Gesetz, sondern nach der Erkenntnis Gottes. Alles, was Ihm nicht würdig, was unpassend, was unschicklich Seinem Lichte und deiner Vollkommenheit ist, das muss abgelegt werden. So geben die Urim und die Thummim durch den Mund des großen Hohenpriesters Seinem Volke auch heute noch Unterweisung für den Weg.


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 5 (1917)