Wie ist Judas Vers 9 zu verstehen?

Wie ist Judas V. 9 zu verstehen? (Vergl. 5. Mose 34,5.6!)

Antwort A

Der angegebene Vers heißt wörtlich: „Michael aber, der Erzengel, als er, mit dem Teufel streitend, Wortwechsel hatte um den Leib Moses, wagte nicht, ein lästerndes Urteil über ihn zu fällen, sondern sprach: Der HERR schelte dich!” Um diesen Vers einigermaßen zu verstehen, ist es nötig, zuerst den Gedankengang des Judas dem Zusammenhang nach hervorzuheben. Judas hat ausgeführt, wie in die Gemeinden Menschen eingeschlichen sind, die in ihrer Frechheit es auch fertig bringen, Majestäten zu lästern. Da nun selbst Michael, der Erzengel, es nicht gewagt hat, den Teufel zu lästern, wieviel weniger dürfen sündige Menschen dies tun. Wir haben also auch als solche, die „errettet sind von der Obrigkeit der Finsternis”, (Kol. 1,13) kein Recht dazu, den Teufel, auch wenn er eine gefallene Majestät vorstellt, zu lästern. Nun fragt es sich: Wann hatte Michael, der Erzengel, den Wortwechsel mit dem Teufel? und: Weshalb diente der Leichnam des Moses als Unterlage für diese Auseinandersetzung? Erst ein paar Bemerkungen über Michael und den Teufel und dann die Beantwortung der Fragen! Michael ist einer von den Engelfürsten nach Dan. 10,13, und zwar ist er der Schirmherr des Volkes Israel, der für sie streitet nach Dan 12,1. Aus Dan. 10,13.20 und 21 scheint hervorzugehen, dass die Engelfürsten auch über die Völker auf Erden gesetzt sind.

Der Teufel dagegen ist ein gefallener Engelfürst. Der HERR Jesus nennt ihn dreimal „Fürst dieser WeltJoh. 12,31; Joh. 14,30; Joh. 16,11, und Paulus redet Eph. 2,2 von dem Fürsten, der in der Luft herrscht. Das kann nur der Teufel oder Satan (Off. 12,9) sein, der auch „Gott dieser Welt” genannt wird (2. Kor. 4,4). Der Teufel gebietet nun nicht nur über Engel (Off. 12,7-9), sondern nach Eph. 6,12 auch über einen wohlorganisierten Staat, und zwar über „das Reich der Finsternis”. Durch die Sünde geriet der Mensch unter die Macht des Satans (Apgesch, 26,18), unter die Obrigkeit der Finsternis (Kol. 1,13). Da der Teufel auch die Gewalt des Todes besaß nach Hebr. 2,14, so gehören Sünde und Todesmacht, Sterben und Verwesung eigentlich in das Machtgebiet der Finsternis. In gewisser Weise hatte darum der Satan ein Recht auch auf den Leib des gestorbenen Sünders, ihn durch Kräfte des Verderbens aufzulösen in Erde und Asche, ihn verwesen zu lassen, da sich der Mensch hatte verführen lassen durch ihn zum Abfall, zum Ungehorsam gegen Gott.

Michael und der Teufel sind demnach zwei Gegner, die einander ebenbürtig sind. Dies geht auch aus Off. 12,7-9 hervor. Beide führen Engelheere an, der eine die Engel Gottes und der andere die gefallenen Engel (2. Petr. 2,4 und Judä 6).

Die in Judä 9 angeführte Unterredung zwischen diesen beiden sich entgegenstehenden Engelfürsten muss nach dem Tode des Moses stattgefunden haben, da Michael und der Teufel streiten um den Leichnam des Moses, um den entseelten Körper. Also Moses war schon verstorben, wie wir's lesen 5. Mose 34,5.6. Moses ist nach dieser Stelle wirklich gestorben und nicht wie Henoch oder Elias entrückt worden in den Himmel. Der Teufel scheint nun bei dieser Gelegenheit den Leib des Moses für sich verlangt zu haben, als Fürst der Finsternis ihn mit Beschlag zu belegen; deshalb der Wortwechsel zwischen Michael und dem Teufel.
A. C.

Antwort B

Sehen sollte Moses das Land, aber nicht hineingehen, weil er Jehova nicht geglaubt hatte, als er, durch die Widerspenstigkeit des Volkes gereizt, unbedacht mit seinen Lippen redete (4. Mose 20,10; Ps. 106,32.33).

Er steigt hinauf auf den Berg Nebo, auf den Gipfel Pisga. Dort zeigt Gott ihm das Land; dann stirbt er in voller Lebenskraft „nach dem Munde Jehovas” (5. Mose 34,5) und ward von Jehova begraben, so dass niemand sein Grab weiß.

Geheimnisvolle Dinge geschahen da. Der Widersacher, der Teufel, tritt dem Walten Gottes entgegen. Gott in Seinen Hoheitsrechten nimmt den Leib Moses, ihn zu begraben (wie es scheint durch die Hand Michaels), Leib und Grab gleichsam zu verbergen. Er will Leib und Grab nicht in der Hand der Menschen lassen. Der Widersacher will dies verhindern. Um den Leib findet ein Streit statt. Warum Gott so handelt - welche Absichten Satan mit dem Leibe hatte - die Schrift schweigt, und wenn sie schweigt, müssen auch wir lernen, zu schweigen, welche Gedanken wir auch haben mögen. Es genügt, zu wissen, dass Gottes Tun Güte ist und Satans Absichten Verderben sind.

So wie Jehova hier bereits Seine Souveränität über die Gebiete der Finsternis offenbarte, so wird es der HERR tun in der Stunde Seines Kommens, wenn Er gebietend in den Bereich der Macht des Todes hineinrufen wird und die Herausgabe der Leiber Seiner Entschlafenen fordert. Mit lauter Stimme forderte Er einst das Herauskommen Lazarus' zum irdischen Leben - mit „gebietendem Zuruf” fordert Er dann die Leiber Seiner entschlafenen Heiligen, sie umzugestalten zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. 1. Thess. 4,16; Phil. 3, 21.
v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Frage selbst ist eingehend behandelt. Es erübrigt nur, noch einmal auf den Zusammenhang der Stelle im Judasbrief hinzuweisen: V. 8-10 ist die Rede von einem der Kennzeichen dieser Zeit, dem Lästergeist, den „diese” offenbaren! Michael hätte menschlichem Ermessen nach Grund und Recht gehabt, den Teufel zu lästern, und tat es nicht!, „diese” aber lästern ohne Grund und Recht die Herrschaft - Christus vor allem! - Obrigkeiten, Würden, obrigkeitliche Gewalten dieser Zeit, die doch von Gott verordnet sind (Röm. 13,1) usw. Möchten wir, die wir wirklich Christi Eigentum sind, „diesen” in keinem Punkte gleichen oder auch nur ähneln!


Beantwortet von: Team Handreichungen
Quelle: Handreichungen - Band 2 (1914)