Wie kann der Kleinste im Reich der Himmel größer sein als Johannes der Täufer?

Wie erklären Sie die Aussage über Johannes den Täufer in Matthäus 11,11? Dort sagt der Herr Jesus: «Wahrlich, ich sage euch: Unter denen, die von Frauen geboren sind, ist kein Grösserer aufgetreten als Johannes der Täufer; doch der Kleinste im Reich der Himmel ist grösser als er.»

Es gibt vier Gründe, warum Johannes der Täufer der größte Prophet ist:

1. Er ist der einzige Prophet, dessen Kommen von einem anderen Propheten angekündigt wurde: «Siehe, ich sende meinen Boten, der vor mir her den Weg bereiten soll; und plötzlich wird zu seinem Tempel kommen der Herr, den ihr sucht; und der Bote des Bundes, den ihr begehrt, siehe, er kommt! spricht der Herr der Heerscharen» (Mal 3,1; vgl. Mt 11,10; s. auch Mal 3,23; vgl. Mt 11,14; 17,10-12; Lk 1,17).

2. Er ist auch deshalb der größte Prophet, weil dies in seiner von Gott gegebenen Berufung liegt. In Lukas 1,15 heißt es: «Denn er wird groß sein vor dem Herrn …» Gott hat ihn praktisch zu dem berufen, was er war: «Groß vor dem Herrn».

3. Er ist der größte Prophet, weil er als Letzter und unmittelbar vor dem Erscheinen des Messias dessen Weg bereiten durfte und darum der Prophet des Höchsten genannt wird. «Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden, denn du wirst vor dem Angesicht des Herrn hergehen, um seine Wege zu bereiten» (Lk 1,76).

4. Johannes der Täufer lebte an der Schnittstelle des Alten Testamentes zum Neuen Testament. Er erlebte die Erfüllung des ersten Kommens Jesu, das die anderen biblischen Propheten wohl angekündigt, aber nicht erlebt hatten. Dieser einmalige und direkte Auftrag war keinem anderen Propheten der Bibel vergönnt. Darum sagte der Herr Jesus über ihn: «Er ist mehr als ein Prophet» (Mt 11,9).

Gleichzeitig ist Johannes aber auch der Kleinste im Reich der Himmel. Dies hat folgende vier Gründe:

1. Das Evangelium des Reiches Gottes ist größer als das Gesetz und die Propheten. Das heißt, dass der Neue Bund über dem Alten Bund steht. «Das Gesetz und die Propheten weissagen bis auf Johannes; von da an wird das Reich Gottes verkündigt …» (Lk 16,16). In Johannes 1,14-18 lesen wir von der über alles erhabenen Größe der Gnade in Jesus Christus, die weit über dem Gesetz Moses steht: «Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Johannes legte Zeugnis ab von ihm, rief und sprach: Dieser war es, von dem ich sagte: Der nach mir kommt, ist vor mir gewesen, denn er war eher als ich. Und aus seiner Fülle haben wir alle empfangen Gnade um Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat Aufschluss über ihn gegeben.» Johannes der Täufer befand sich noch voll und ganz unter dem Gesetz Moses, die neutestamentlichen Gläubigen des Reiches Gottes hingegen befinden sich unter der Gnade. «Denn die Sünde wird nicht herrschen können über euch, weil ihr ja nicht unter dem Gesetz seid, sondern unter der Gnade» (Röm 6,14).

2. Seit der Himmelfahrt Jesu und der Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten wird das Reich Gottes bis zur Wiederkunft Jesu vom Himmel aus regiert (Himmelreich). Es ist eine Zeit, in der jeder Mensch aus jeder Nation ohne Vorbedingungen, ohne zu einem bestimmten Volk gehören zu müssen, allein durch Gnade und Anrufung des Namens Jesu gerettet wird. Eine solche Heilszeit des Handelns Gottes gab es noch nie und war speziell dem Apostel Paulus offenbart worden (Eph 3,2ff.). «Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Knecht noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus» (Gal 3,28).

3. Die Gemeinde aus Juden und Heiden wird auch als der Leib Christi beschrieben, wobei Jesus das Haupt ist. «Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied» (1.Kor 12,27). «… wie auch der Christus das Haupt der Gemeinde ist …» (Eph 5,23). Das ist eine wunderbare Tatsache, die den Gläubigen des Alten Bundes nicht gegeben war.

4. Wir leben in einer Gnadenzeit, in der den Gläubigen der Gemeinde Jesu die höchsten geistlichen Segnungen geschenkt sind: «Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jedem geistlichen Segen in den himmlischen Regionen in Christus» (Eph 1,3). Die Gläubigen des Alten Testaments – wozu auch Johannes gehörte – kannten diese höchsten aller geistlichen Segnungen nicht. Da auch der Kleinste im Reich Gottes all dieser Segnungen teilhaftig geworden ist, ist er zwangsläufig größer als Johannes der Täufer, der noch zum Alten Bund gehörte.


Beantwortet von: Norbert Lieth
Quelle: Zeitschrift Mitternachtsruf, Februar 2011, Seite 28