Das Händewaschen

Als Gotthold des Morgens Wasser nahm, erinnerte er sich der Worte des königlichen Propheten: Ich wasche meine Hände mit Unschuld, Ps. 26, 6., damit er anzeigt, wie geflissen er gewesen sei, einen unbefleckten Wandel zu führen und in steter Gottesfurcht einher zu gehen, und sagte bei sich selbst: mein Gott! so oft ich künftig werde Wasser nehmen, mich früh morgens, vor oder nach Tisch zu waschen, so will ich mich deß erinnern, daß ich müsse meine Hände von bösen Thaten, meinen Mund von bösen Worten und mein Herz von sündlichen Begierden und bösen Lüsten reinigen, auf daß ich möge heilige Hände zu dir aufheben, 1. Tim. 2, 8., und dich mit gottseligem Munde und unbeflecktem Herzen, so viel möglich ist, anbeten und preisen. Was hilfts, wenn ich mich äußerlicher Reinlichkeit befleißige und mein Herz vor dir voller Greuel ist? Wie kann mir der Bissen gedeihen, den ich mit unreinen Fäusten erworben, mit Frevel und Ungerechtigkeit ,zu mir gerissen und mit Sicherheit und Undankbarkeit meinem Munde geboten habe? Ach nein, mein Gott! mir nicht solche Bissen! meine erste Sorge soll sein, daß ich meinen Wandel unbefleckt behalten möge, die nächste, wie ich, wenn ich aus Unvorsichtigkeit mich beschmutzt, mich wieder waschen, reinigen und mein böses Wesen von deinen Augen thun möge. Entsündige mich, mein Gott! daß ich rein werde, wasche mich, daß ich schneeweiß werde. Ps. 51, 9.

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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