Die bewahrende Gegenwart der Mutter

K. war der Sohn einer wenig bemittelten Witwe. Er war sehr begabt und hatte das Gymnasium absolviert. Um seine Studien fortzusetzen, bedurfte es harter Arbeit. Er selbst hatte die Absicht, durch Erteilen von Privatunterricht, was er zum Leben brauchte, zu verdienen. Seine Mutter aber erklärte: Ich ziehe mit auf die Univer­sität, und wenn das Leben auch in dieser Stadt teurer ist, ich will bei dir sein. Und sie zog mit.

Wenn K. nun abends, was nicht häufig vorkam, mit seinen Freunden ausging, so sagte die Mutter zu ihm: "Mein Sohn, du kannst gehen, wohin du willst, du kannst tun, was du willst, und du kannst zurückkommen, wann du willst. Aber das eine bitte ich mir aus, ich bleibe wach, bis du zurückkommst, und dann schaust du mir ins Auge und sagst mir: 'Gute Nacht!'"

Und der Sohn ging und war immer eingedenk, dass seine Mutter zu Hause für ihn betete und auf ihn wartete, und er hat es später oft erzählt, dass er vielen Versuchungen gegenübergestanden, aber sobald er an seine zu Hause bangende Mutter gedacht, sie leicht überwunden habe.

Quelle: Neues und Altes
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