Eine Spinne rationalisiert ihr Netz

Es war einmal eine Spinne. Sie lebte in ihrem Netz herrlich und in Freuden. Alles war gut, bis sie einer Einladung zu einem gelehrten Vortrag bei einer großen Spinnenversammlung folgte. Aufmerksam hörte sie zu, bis der Redner sagte: "Die Welt ist anders geworden, ihr müsst euch anpassen, Altes aufgeben. Und vor allen Dingen müsst ihr rationalisieren!"
Der Vorwurf der Rückständigkeit machte die Spinne nervös. Als sie nach Hause kam, inspizierte sie umgehend ihren ganzen Betrieb. Aber kein Faden war überflüssig, jeder schien für das Geschäft dringend notwendig. Sie entdeckte kein Loch im Netz. Verzweifelt und einem Herzinfarkt nahe, fand die Spinne schließlich einen Faden, der senkrecht nach oben lief. Diese Verbindung hatte noch nie eine Fliege eingebracht. Das war also unrationell. Also weg damit! Die Spinne biss den vermeintlich unnützen Faden ab - das Netz fiel in sich zusammen. Es war der Faden, an dem das ganze Gewebe aufgehängt war. 
Von diesem Faden nach oben hängt auch bei uns alles ab.

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 502
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