Zwei Sündenfolgen

König Zeleukus hatte ein Gesetz gegen den Ehe­bruch gegeben mit der Drohung, dass der Übertreter geblendet werden solle. Nun traf es sich, dass sein eigener Sohn das Gesetz übertrat. Da geriet denn seine Vaterliebe mit seiner richterlichen Pflicht in einen schweren Streit. Aber der zärtliche Vater und der gerechte König ersann einen Ausgang. Er ließ dem Sohn eins seiner Augen aus­stechen, und dann opferte er eins seiner eigenen Augen. Und was war die Folge? Die Untertanen sahen, dass das Gesetz heilig war. Und der Sohn - so oft er den einäugigen Vater sah, dachte er an dessen große Liebe, und so oft er an das eigene Auge dachte, empfand er tiefes Grauen vor dem Verbrechen.

Diese Geschichte bedeutet etwas. Der Vater und Gesetzgeber ist Gott, der Übertreter ist die sündige Menschheit. Sie leidet die natürlichen Strafen der Sünde, aber sie sollte nicht in ewige Finsternis verstoßen werden. Das aus­gestoßene Gottesauge ist sein lieber Sohn, der sich für uns geopfert hat. In ihm siehst du den Ernst der Gerechtigkeit und den Gräuel der Sünde; aber du wirst auch die Liebe anbeten, die sich unser also angenommen hat. Und jedes Brandmal der Sünde an dir, wenn es auch nur deinem Gewissen eingedrückt ist, demütige dich und weise dich hin auf die dir so heilsamen Brandmale aller Sünden an dem Gekreuzigten!

Quelle: Neues und Altes
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