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Predigten zu Apostelgeschichte 13,15

"Aber nach dem Vorlesen des Gesetzes und der Propheten sandten die Vorsteher der Synagoge zu ihnen und sagten: Brüder, wenn in euch irgend ein Wort der Ermahnung an das Volk ist, so redet."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Drei Bitten bei Gelegenheit des Gottesdienstes zu Antiochien

Bei Gelegenheit des Gottesdienstes in der Synagoge zu Antiochien wurden drei Bitten ausgesprochen, die beachtenswert sind.

Es sind die Bitten der Synagogenvorsteher an die Apostel (Vers 15), die Bitte des Apostels an seine Zuhörer (Vers 16) und die Bitte vieler Zuhörer an die Apostel (V. 42). Lasst uns diesen drei Bitten nähertreten.

Die Bitte der Synagogenleiter an die Apostel.

Die Vorsteher der Synagoge ließen nach der gewohnten Schriftverlesung die fremden Besucher, Barnabas und Paulus, um eine Ansprache bitten. Sie wollten offenbar die Gelegenheit zu einer Bereicherung ihres Gottesdienstes und zu einer nützlichen inneren Anregung der Gemeinde nicht vorübergehen lassen.

Hier können wir von ihnen lernen.

Wie manche Leiter von Gemeinden und Gemeinschaften gibt es, die niemals eine andere Gabe außer ihrer eigenen zur Geltung kommen lassen. Wenn sogar jene Synagogenleiter den Besuch zum Reden geeigneter Landsleute zur Erbauung der Gemeinde auszunützen suchten, wieviel mehr sollte man in der Gemeinde Jesu bei gegebener Gelegenheit darüber dankbar die mannigfachen Gaben, die Gott verliehen hat, zum Nutzen aller gebrauchen und nicht abweisen (1. Korinther 12, 4 - 26).

Lasst uns auf eine gewisse äußere Ordnung in dem jüdischen Gottesdienst achten, die hier zu erkennen ist. Von wem ging diese Bitte aus? Nicht jedes beliebige Mitglied der Synagogengemeinde konnte und durfte die Apostel um eine Ansprache bitten, sondern nur die zur Leitung derselben erwählten und bestimmten Männer. ("Die Obersten der Schule sandten zu ihnen.")

Dies darf uns daran erinnern, dass auch in unseren Gemeinden, Vereinen und Gemeinschaften nicht jeder einzelne das Recht haben kann, fremde Redner zum Dienst am Wort zu rufen oder um eine Ansprache zu bitten, sondern nur diejenigen, welchen die Leitung anvertraut ist. Wie manche böse Folge und Verwirrung ist dadurch entstanden, dass einzelne Personen fremde Redner zu einem Dienst aufforderten, auch wenn sie zu solch einer Aufforderung gar keine Befugnis hatten. Wenn schon in jenem jüdischen Gottesdienst in dieser Beziehung Ordnung herrschte, wieviel mehr sollte dies bei uns der Fall sein. (1. Korinther 14, 40; Kolosser 2, 5).

In jedem Gemeinwesen muss eine Ordnung vorhanden sein. Dies muss deshalb betont werden, weil der revolutionäre Geist unserer Zeit, der sich an keine bestimmte Zucht und Ordnung binden will, bis in die Reihen der Jünger Jesu hineinzudringen sucht (1. Thessalonicher 5, 12). Lasst uns solchem Geist nie folgen, damit nicht die äußere Ordnung jener Judenschule uns beschämen muss.

Zuletzt lasst uns auf die Art und Weise der Aufforderung achten. Die Vorsteher der Synagoge drängten jene fremden Besucher nicht etwa zum Reden. Sie sagten nur: "Wollt ihr etwas reden, so saget an". In genauer Übersetzung lautet ihre Bitte: "Wenn ein Wort der Ermahnung an das Volk in euch ist," d. h. wenn ihr ein zur Erbauung der Gemeinde geeignetes Wort habt und wisst, dann sagt es uns.

Diese Art der Bitte um eine Ansprache ist für Redner und Hörer wohltuend.

Der zum Reden Gebetene fühlt sich durch solche Bitte nicht beschwert oder gar belästigt, denn er braucht ja nur dann zum Wort hervorzutreten, wenn er wirklich einen für die Zuhörer nützlichen Gedanken hat.

Die Hörer aber werden vor einer Ansprache bewahrt, die sich hin und her bewegt, aber keine Ermahnung und Erbauung enthält. Lasst uns nur dann den Mund öffnen und reden, wenn wir einen zur inneren Förderung geeigneten Gedanken haben (1. Petrus 4, 11 a). Wenn aber die am Wort dienenden Brüder etwas haben und wissen müssen, was zur Erbauung dient, dann gilt es für alle Glieder der Gemeinden und Gemeinschaften zu bitten, dass Gott den Rednern heilsame, nützliche Gedanken ins Herz gebe, damit sie im Segen reden können. (Apostelgeschichte 4, 29; Epheser 6, 18 - 20; Kolosser 4, 3. 4; 2. Thessalonicher 3, 1.)

Die Bitte des Predigers an die Zuhörer.

Paulus begann seine Ansprache mit der Bitte um Gehör. Er richtete diese Bitte an sämtliche Anwesende, Juden und Proselyten ("Ihr Männer von Israel und die ihr Gott fürchtet, höret zu"; Vers 16).

Veranlassung zu dieser Bitte bot zunächst die in den Gottesdiensten oft nicht geringe Unruhe. Bei gegenseitiger Unterhaltung können die Gemüter unmöglich eine göttliche Botschaft in sich aufnehmen. Die Bitte um Stille und Aufmerksamkeit ist in allen Gottesdiensten und Versammlungen am Platz, auch wenn es bei uns nicht so laut wie in einer Judenschule herzugehen pflegt.

Wie manchmal gibt es besonders unter den jüngeren Zuhörern solche, die durch Sprechen und deutlich bemerkbare Unaufmerksamkeit dem Prediger seinen Dienst erschweren. Lasst uns die Bitte des Apostels willig befolgen und im Hause Gottes Ohr und Herz auf das Wort richten, zumal nur so die im Wort liegende Botschaft von uns verstanden und aufgenommen werden kann, von der unsere ewige Rettung abhängt (Jakobus 1, 21; Sprüche 1, 5 a; Jesaja 55, 3; Hesekiel 40, 4 a; 5. Mose 32, 1).

Die Bitte der Zuhörer an die Prediger.

Die dritte beachtenswerte Bitte bei Gelegenheit dieses Gottesdienstes war eine Bitte der Zuhörer an die Prediger. Als der Gottesdienst in der Synagoge beendigt war und die Zuhörer das Gebäude verließen, baten die Proselyten die Apostel, ihnen am folgenden Sabbat noch mehr von diesem Wort Gottes zu sagen (Vers 42). Diese Bitte beweist einen Hunger, der in ihrer Seele entstanden war. Welche Freude werden sie mit diesem Verlangen den Aposteln bereitet haben! Es gibt oft Zuhörer, die froh sind, wenn eine Predigt oder Versammlung endlich vorüber ist. Wohl allen, die einen Hunger nach mehr Lebensbrot haben! (Amos 8, 11).