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Predigten zu Apostelgeschichte 17,31

"weil er einen Tag gesetzt hat, an welchem er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn auferweckt hat aus den Toten."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Paulus gibt den Athenern Licht über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

I. Paulus gibt den Athenern Licht über ihre Vergangenheit.

In Vers 30 und 31 lässt Paulus einen Lichtstrahl fallen in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Athener.

Ihre Vergangenheit beleuchtet er mit dem Ausdruck: "Zeit der Unwissenheit". Dieses Wort hat eine demütigende und eine ermutigende Seite für die Athener. Demütigend war es deshalb, weil gerade diese Stadt wegen ihres Wissens so berühmt war. Aus fernen Ländern kamen Leute herbeigezogen, um in Athen Kenntnisse zu sammeln und Wissenschaft zu lernen. Und nun nennt Paulus die hinter ihnen liegenden Jahre eine in Unwissenheit verbrachte Zeit! Trotz all ihres Wissens hatte es ihnen in der wichtigsten Frage über Gott und die Ewigkeit völlig an richtigem Licht gefehlt. Das war demütigend.

Aber es war auch ermutigend, denn es zeigte die Milde des göttlichen Urteils über die Vergangenheit an. Gott wollte die im Götzendienst durchlebte Zeit nicht als absichtlichen Frevel gegen ihn ansehen, sondern mit Rücksicht auf ihre Unkenntnis entschuldigen. Das konnte den Hörern Mut machen, sich diesem Gott zuzuwenden.

So sprach auch Petrus einst zu seinen Volksgenossen, denen er die Sünde der Kreuzigung Jesu vorhielt: "Nun, liebe Brüder, ich weiss, dass ihr es durch Unwissenheit getan habt" (Apostelgeschichte 3, 17).

Wie leben doch heute noch - bei Licht besehen - Tausende von Menschen, die sich ihres Wissens rühmen und sich für viel klüger als alle gläubigen Christen halten, in einer "Zeit der Unwissenheit", bis der Geist Gottes sie erleuchtet und ihnen zum rechten Wissen verhilft (1. Petrus 1, 14; 1. Timotheus 1, 13).

II. Paulus gibt den Athenern Licht über ihre Gegenwart.

Nachdem Paulus den Athenern ihre Vergangenheit als "Zeit der Unwissenheit" beleuchtet hat, gibt er ihnen auch für ihre Gegenwart ein Licht, das sie brauchen. Er zeigt ihnen, dass sie die jetzige Zeit ansehen und benutzen sollen als eine Zeit der B u ss e .

Was hinter ihnen liegt, können sie nicht ungeschehen machen. Aber nun gilt es einen neuen Weg einzuschlagen. Bis jetzt sahen die Athener die Gegenwart am liebsten als eine Zeit geistigen Genusses an, wo sie immer etwas Neues sagen oder hören wollten (Vers 21). Paulus belehrt sie eines Besseren. Er zeigt ihnen, dass die Gegenwart in erster Linie dazu da ist, mit dem "unbekannten Gott", der ihnen jetzt verkündigt wurde, in die rechte Gemeinschaft zu kommen, aus allem Irrweg des Götzendienstes in den Dienst des wahren, lebendigen Gottes hineinzukommen.

Wenn jemand durch das Wort Gottes erkannt hat, dass er in seiner Vergangenheit "in Unwissenheit nach seinen Lüsten lebte" (1. Petrus 1, 14) und dem Willen Gottes entgegenhandelte, so weiss er auch, dass die Gegenwart eine Zeit der Umkehr und Sinnesänderung sein muss. Wohl allen, welche die Gegenwart in solchem Licht ansehen lernten (Lukas 15, 18).

III. Paulus gibt den Athenern Licht über ihre Zukunft.

Wie verschieden schauen doch die Menschen in die Zukunft! Der reiche Kornbauer glaubte eine Zeit voll Ruhe, Behaglichkeit und Vergnügen vor sich zu haben. Aber in der nächsten Nacht musste er sterben (Lukas 12, 20). Viele gleichen ihm im Bau von Zukunftsschlössern, die sich nicht verwirklichen (1. Samuel 23, 17; Jakobus 4, 13 - 15).

Demgegenüber ist der Zukunftsblick, den Paulus den Athenern hier gibt, ein untrüglicher, der nicht täuschen wird. Er malt ihnen in kurzen Strichen einen großen Gerichtstag, dem wir entgegengehen, vor die Augen. Lasst uns beim Anblick dieses Gerichtstages achten auf sein gewisses Eintreffen, auf seine näheren Umstände und auf das Rettungsmittel für denselben.

1. Das erste, was Paulus von diesem Tage mitteilt, ist dies: "Gott hat ihn gesetzt", d. h. festgesetzt. Das künftige Gericht ist also eine bei Gott beschlossene Sache, an der niemand rütteln und die keiner ändern kann. Vieles ist in unserer Zeit ungewiss. Aber unumstößlich gewiss ist, dass dieser Tag kommen wird. Lasst uns weniger den Zeitpunkt desselben berechnen wollen, als vielmehr die einfache Tatsache erwägen, dass er kommen wird. Das mahnt uns zur Bereitschaft auf denselben.

2. Über die näheren Umstände dieses Gerichtstages erfahren wir zunächst, wer vor jenem Gericht erscheinen wird, nämlich: "der ganze Kreis des Erdbodens". Es werden, wie auch Jesus selbst sagt, versammelt werden alle Völker der Erde (Matthäus 25, 32). Welch ein gewaltiger Tag muss dies sein!

Wir hören auch, wer der Richter ist, nämlich der "von den Toten auferweckte" Osterfürst (Johannes 5, 22). Diesen Richter und seine Grundsätze können wir im Wort kennenlernen. Wohl uns, wenn er unser Freund und Bruder geworden ist. Wir vernehmen endlich, wie gerichtet wird, nämlich "mit Gerechtigkeit". Während hier auf der Erde manches ungerechte Urteil gefällt wird, herrscht dort unparteiische, unbestechliche, strenge Gerechtigkeit.

Das ist der Zukunftsblick, den Paulus den Athenern eröffnet. An dieses Zukunftsbild zu denken ist besser, als allerlei Trugbildern nachzujagen, die sich nicht verwirklichen.

3. Der Anblick des künftigen Gerichts weckt in uns die Frage: Wie wird man in demselben bestehen können? Welches ist das Rettungsmittel, durch das man an jenem Tag völlig gesichert ist?

Wie die Hure Rahab völlige Sicherheit begehrte für den zweifellos kommenden Tag des Unterganges ihrer Stadt (Josua 2, 12), so brauchen wir ein untrügliches Bewahrungsmittel für jenen Gerichtstag. Paulus nennt dasselbe in seinem letzten Satz noch, indem er sagt: "Gott hält jedermann den Glauben vor", d. h. er bietet jedem diesen Glauben an. Er ermöglicht ihn allen Menschen. Das Gericht würde kein gerechtes Gericht sein, (und Paulus hatte doch hervorgehoben: "Er wird richten mit Gerechtigkeit"; dieser Satz würde nicht zutreffen), wenn Gott nicht jedem Menschen Gelegenheit geben würde, den richtigen Weg zu finden und zu wandeln. Diese Gelegenheit gibt Gott aber jedem, indem er ihm durch die Predigt des Evangeliums "den Glauben darbietet" (wörtliche Übersetzung), so dass der einzelne zugreifen und zum Glauben kommen kann. Dieser von Gott dargebotene und gewirkte Glaube ist das einzige, aber auch zweifellos sichere Rettungsmittel für jenen Gerichtstag. Derselbe wird niemand aufgedrängt und aufgezwungen. Der Ausdruck: "Gott bietet jedermann den Glauben an" bezeichnet die denkbar freundlichste, unaufdringlichste und dennoch eindrücklichste und ernsteste Weise, die Menschen zur Annahme des Rettungsmittels zu bewegen.

Wie kann es doch Mut machen, zu hören, dass kein Mensch, auch nicht der unwürdigste, von jenem göttlichen Anerbieten ausgeschlossen ist, denn er bietet es ja "jedermann" an. Wie ernst aber ist es, diese dargebotene Gottesgabe von sich zu weisen! Das würde die Verurteilung an jenem Gerichtstag zur Folge haben.