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Predigten zu Apostelgeschichte 22,2

"Als sie aber hörten, dass er sie in hebräischer Mundart anredete, beobachteten sie desto mehr Stille. Und er spricht:"

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Eine dreifache Rücksichtnahme des Apostels auf seine Zuhörer

Es ist lieblich zu beobachten, mit welch zarter Rücksichtnahme Paulus seine erregten Zuhörer behandelt. Das sehen wir an der Sprache, in der er zu ihnen redet, an der freundlichen und ehrerbietigen Anrede und an dem Hervorheben des ihnen gemeinsamen Bodens.

1. Er redet in hebräischer Sprache.

Während Paulus mit dem Kommandanten der Tempelwache zu dessen Verwunderung in der für die Gebildeten üblichen griechischen Sprache geredet hatte (Kap. 21, 37), wendet er sich jetzt an seine Volksgenossen in hebräischen Worten, die ihnen am geläufigsten und auch den einfachsten Hörern am besten verständlich waren. Schon diese Sprache, in der er redete, beweist eine Rücksichtnahme und ein freundliches Entgegenkommen des Apostels. Wir wissen es ja auch in unserer Zeit, wie wohltuend es auf die Menschen wirkt, wenn man sie in der Mundart anredet, die sie von Haus aus gewohnt sind. Der heimatliche Klang der gleichen äußeren Sprechweise kann eine verbindende Wirkung ausüben. So war es hier. Hätte Paulus zu der Volksmenge griechisch gesprochen, so hätten ihn viele längst nicht so gut verstanden, besonders unter den geringen Leuten.

Lasst uns auch darin von dem Apostel lernen! Nicht jeder von uns hat die Sprachkenntnis eines Paulus. Darum kann auch nicht jeder so gewandt wie er den einen in dieser, den andern in anderer Sprache anreden. Aber wir alle können uns bemühen, zu jedem so zu sprechen, wie es für sein Verständnis am angemessensten ist (1. Korinther 10, 32. 33; 13, 4; Römer 14, 13 b).

2. Seine Anrede war freundlich und ehrerbietig. Apostelgeschichte 22, 1 - 3.

Paulus beginnt seine Ansprache mit den Worten: "Ihr Männer, liebe Brüder und Väter". Die angeredeten Personen hatten sich in ihrem Benehmen gegen Paulus gerade nicht als "liebe Brüder und Väter" bewiesen. Sie hatten sehr unbrüderlich gegen ihn gehandelt und die Weisheit des Alters sehr vermissen lassen. Dennoch redet sie der Apostel mit diesen Worten an. Seine Volksgenossen blieben trotz all ihrer unfreundlichen Stellung seine Brüder. Die mitanwesenden Priester und Mitglieder des Hohen Rates redet er besonders in der damals üblichen Weise als "Väter" an.

Mit dieser brüderlich freundlichen und zugleich ehrerbietigen Anrede sagt Paulus gleichsam: Wenn ihr mir auch alle Liebe entzogen habt und mich ausstosst von euch, so will ich euch dennoch weiter lieben. Wenn ihr mir auch alle Ehre abschneidet und mich als einen todeswürdigen Verbrecher hinstellt, so will ich euch dennoch die Ehre, die euch zukommt, willig erweisen.

Die Anrede des Apostels war wie feurige Kohlen für das Haupt der Feinde (Sprüche 15, 1; 25, 22; Römer 12, 20. 21; Matthäus 5, 44 - 48). Wohl uns, wenn wir diese im Gespräch mit Widersachern stets zur Hand haben!

3. Er stellt das in den Vordergrund, was ihn mit seinen Zuhörern verbindet.

Zwischen Paulus und seinen Zuhörern war eine große Kluft. Ihre Anschauung von den Wegen und dem Willen Gottes war ganz verschieden von der seinigen. Nun suchte Paulus eine Brücke zu schlagen zu den Herzen seiner Volksgenossen. Zu diesem Zweck lässt er zunächst die trennenden Gedanken ganz auf der Seite und beginnt mit dem, was er mit all seinen Zuhörern gemeinsam hat. Er ist ihr Volksgenosse ("Ich bin ein jüdischer Mann"). Er ist wie sie in der gleichen Religion erzogen und aufgewachsen. Er war wie sie von gleichem Eifer für das Gesetz beseelt. Durch Hervorhebung dessen, was sie gemeinsam hatten und sie verband, gewann er ihr Ohr für das Neue, das er nun zu berichten hatte und ihrem Verständnis nahezubringen suchte.

Hier wollen wir von ihm lernen. Unsere menschliche Ungeduld lässt uns bei dem Gegner in religiösen Fragen oft zu schnell das Neue hervorkehren, wovon wir ihn überzeugen möchten, und unterlässt das liebevolle Hervorkehren dessen, was uns noch irgendwie mit ihm verbindet. Wenn wir uns mit unbekehrten und unerleuchteten Menschen über die wichtigsten Fragen auseinandersetzen, so sollten wir in diesem Stück in die Fußstapfen von Paulus treten. Wenn wir ihnen erzählen, dass wir früher einmal genau so dachten und handelten wie sie, so kann sie dies willig machen, weiteres zu hören (Philipper 4, 5; Sprüche 25, 15; Kolosser 3, 12).

(siehe Apostelgeschichte 22, 3 - 16)


Autor: Hugh E. Alexanders (* 1884; † 1957) englischer Evangelist, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der französischen Schweiz wirkte

Warum hören die meisten Menschen unserer Generation nicht auf den Ruf des Evangeliums? Warum interessieren sich unsere Zeitgenossen nicht für die Gemeinde und auch nicht für das, was sie zu vertreten vorgibt? Ist es nicht deshalb, weil wir eine andere Sprache sprechen wie sie?

Das Leben und Zeugnis vieler Christen ist für die Masse der Menschen unverständlich, ohne daß sie deswegen unbedingt Gott ablehnend gegenüberstünden. Sie warten, sie sehen sich unser Leben an; aber wir sprechen eine andere Sprache als sie. Die Verbindung zwischen ihnen und uns fehlt.

Von dem Herrn Jesus wird uns gesagt, daß Er, obgleich Er Gott war, doch die Gestalt eines Knechtes annahm und wie ein einfacher Mensch auftrat, um das Leben der Menschen zu leben und sich mit ihnen eins zu machen. Diese Sprache verstanden die Menschen seiner Zeit. Der Apostel Paulus sagt von sich: «Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. … Den Schwachen bin ich wie ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne; ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise etliche rette» (1. Korinther 9,20.22).

Jesus Christus lehrt uns weinen mit den Weinenden und fröhlich sein mit den Fröhlichen – wohlgemerkt, ohne dabei die göttliche Wahrheit zu verdrehen, oder die Grenzlinien zwischen göttlichen Dingen und Weltlichkeit zu verwischen.

Diese freiwillige Gleichstellung mit den Menschen, die wir gewinnen wollen, möchte der Heilige Geist in uns wirken. Er will uns die Liebe schenken, die unsere Herzen öffnet für die Welt, die Gott so sehr geliebt hat. Dieser Liebe wird es gelingen, die Schranken zu beseitigen, die es den Menschen der Welt so schwer machen, unser Leben zu verstehen und darin zu lesen wie in einem Brief des Christus, den der Heilige Geist in unsere Herzen geschrieben hat (2. Korinther 3,3). Sprechen wir die Sprache der Menschen um uns herum? Handeln wir so, daß es «ruhig» wird in den Herzen und Gewissen der Unbekehrten, weil unser Beispiel redet? Dann werden sie anfangen, Christus und Seine Botschaft zu verstehen.