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Predigten zu Apostelgeschichte 26,29

"Paulus aber [sprach]: Ich wollte zu Gott, dass über kurz oder lang nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen diese Bande."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Drei Eigenschaften der rechten Seelengewinner

Aus obigen Worten leuchten uns drei Eigenschaften eines rechten Seelengewinners entgegen:

I.

Zuerst eine große Bestimmtheit. Wenn einer die Worte Pauli: "Ich wünschte vor Gott, dass alle, die mich hören, solche würden wie ich," sprechen will, so muss er einen unaussprechlich großen, wichtigen Besitz haben, den er jedermann wünschen kann. Das war bei Paulus auch der Fall. Er hatte eine Gnade, einen Frieden, eine Kraft und einen Trost, wovon der jüdische König und der römische Statthalter nichts ahnten. Was Paulus durch die lebendige Gemeinschaft mit Jesus besass, war unendlich mehr als alles, was die erlauchte Gesellschaft um ihn her aufzuweisen hatte.

Wenn aber ein Mensch mit solcher Bestimmtheit auftreten und auch anderen seinen sicheren Besitz wünschen kann, so macht das bis heute tiefen Eindruck auf die Welt. Im tiefsten Grunde ist sie nämlich bei ihren irdischen Ehren und Gütern weder befriedigt, noch sicher.

Gott mehre die Zahl der Christen, die so klar in der Freude und im Frieden Christi dastehen, dass sie andern fröhlich zurufen können: "Ich wünschte vor Gott, ihr würdet alle wie ich!"

II.

Neben der Bestimmtheit zeigt unsere Antwort eine sehr weise Zurückhaltung in der inneren Beurteilung der Menschen, welche Paulus gewinnen möchte. Festus hatte gesagt: "Paulus, du rasest!" Agrippa hatte, vielleicht etwas höhnisch, jedenfalls aber ausweichend bemerkt: "Es fehlt nicht viel, du überredest mich, dass ich ein Christ werde".

Durch diese Antworten hätte Paulus gereizt werden und ihnen ihren inneren Zustand in scharfen Worten des Tadels vorhalten können. Stattdessen enthält Paulus sich jedes persönlichen Urteils über ihre innere Stellung. Ob sie fern oder nah sind dem Reich Gottes, ob viel oder wenig fehlt am Zurechtkommen vor Gott - diese Fragen mögen nun liegen, wie sie wollen, Paulus urteilt nicht darüber, sondern wünscht seinen Hörern das Beste.

Wäre diese behutsame Zurückhaltung im Urteil über andere immer beobachtet worden, so hätte mancher Anstoss im Reich Gottes vermieden werden können. Wie manche Seele ist dadurch zurückgestossen, dass man sie von oben herab als eine solche behandelt, bei der ungeheuer viel am "Christ werden" fehle. Man hätte diese Frage auf sich beruhen lassen können und nur einen herzlichen Wunsch für die Seele aussprechen sollen.

III.

Endlich zeigt sich die wichtigste Eigenschaft des Seelengewinners, nämlich die Liebein den Worten: "...ausgenommen diese Bande".

Seinen inneren Besitz, seine Seligkeit wünscht Paulus allen seinen Zuhörern, aber nicht seine schweren Demütigungswege, nicht seine Ketten und sein Gefängnis. "Ich wünsche Euch alles, was ich besitze, nur mein Elend nicht," sagt er; und so spricht - die Liebe.

Statt ihnen für die oberflächlichen Antworten Gottes Strafe anzudrohen, wünscht er ihnen nur Gutes. Männer von solcher Bestimmtheit, Weisheit und Liebe werden immer ein Segen sein.