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Predigten zu Matthäus 6,8

"Seid ihnen nun nicht gleich; denn euer Vater weiß, was ihr bedürfet, ehe ihr ihn bittet."

Autor: Christoph Blumhardt (* 01.06.1842; † 02.08.1919) deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Kirchenlieddichter
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Der liebe Heiland sagt in der Bergpredigt obige Worte; und Er will mit ihnen sagen, daß es unsererseits nicht so vieler Worte bedürfe, um den Vater im Himmel zu bewegen, daß Er uns helfe. Wir meinen oft, wir müßten es in die Länge und Breite wie ein Advokat vor dem lieben Gott darlegen, bis Er endlich überzeugt werde, es sei an der Zeit, daß Er uns helfe. Aber solche Advokatengebete gefallen Ihm nicht. Freilich kommt darauf viel an, daß man sich selbst alles dessen, was zur Sache gehört, bewußt werde; und so weit es zu unserer eigenen Verständigung, insbesondere Demütigung, nötig ist, darf und soll man' s überdenken, kann mans auch etwa betend vor dem HErrn aussprechen. Aber meinen, Gott bedürfe es, daß man Ihm die Sache klar auseinandersetze, damit Er dann Seinen Spruch tun könne, wie ein Oberrichter, das ist verkehrt und hemmt die Kraft des Gebets. Denn jedenfalls weiß Gott alles ein wenig besser als wir; und auch das, was uns besonders angeht, versteht Er besser als wir. „Er weiß, was wir bedürfen, ehe wir Ihn bitten.“

Wir freilich wissen nicht immer recht, was wir bedürfen, und was uns Not tut; und da verlangt wohl Gott je und je einen bessern Ernst, ein besseres Nachdenken von uns bezüglich dessen, was wir bitten. Wenn man da etwa denkt: „Ich lasse eben Gott walten, der wirds schon recht machen; ich hab's Ihm übergeben, und brauche weiter nicht zu sorgen und zu denken,“ so wäre das eine Leichtfertigkeit, bei welcher eine schnell und kurz vor Gott hingeworfene Bitte sicher keine Erhörung finden würde. Das hieße dumm in den Tag hineinleben; und so einfältig, wie die Tiere im Stall, will denn doch Gott uns nicht haben. Willst du's also recht machen, und wie es deiner und Gottes würdig ist, so mußt du, was du bitten willst, beständig, wie man sagt, auf dem Herzen tragen, damit dir alles einfällt, was dir einfallen sollte. Wenn wir nur immer zu unsrem Gebet den vollen Glaubenssinn mitbrächten!

Zusatz: Bedacht haben und wissen sollen wir freilich allerlei, wenn wir bitten. So solltest du wissen, ob das auch wirklich so ganz das Rechte ist, was du bittest, und ob's nicht am Ende umgekehrt oder anders viel besser für dich wäre, als du dir's denkst; du solltest ferner wissen, was etwa deiner Bitte entgegensteht, und was Gott an dir heimsuchen wollte oder könnte; du solltest einen Begriff davon bekommen, wie groß das ist, was du bittest, und da so ohne Weiteres von Gott verlangst; du solltest wissen deine Fehltritte, Versäumnisse, Unachtsamkeiten, mit denen du etwas übel gemacht hast, das nun Gott soll wieder gut machen; du solltest auch begreifen, wie ein geduldiges Warten nötig ist, weil sich Eins ums Andere erst machen muß, daß du nicht gleich denkst, Gott erhöre dich eben nicht; du solltest auch aufmerken, ob nicht schon da ist, was du willst, und du es nur vor Ungeduld und Aufgeregtheit nicht siehst. Das alles sollst du wissen, kannst du auch mit Gleichgesinnten besprechen, ferner durch das Wort Gottes, welches zur Hand nehmen du nicht versäumen sollst, dir aufdecken und deutlich machen lassen. Tust du aber das alles in der Gegenwart Gottes als vor Ihm, so hat es alles auch den Werth des Gebets vor Ihm. Kommst du aber dann schließlich an das eigentliche Gebet, die wirkliche Bitte, so mußt du ja nicht meinen, - das ist's, was der HErr in unsrem Spruch andeutet, - als ob es nötig wäre, jetzt alle deine Gedanken betend vor Ihm zu wiederholen, als wenn Er' s nicht wüßte, und du es Ihm nun sagen müßtest, damit Er's auch wisse. Dabei meint man oft auch, man müßte seine Stimme recht laut und beweglich machen, müßte gar aus allen Leibeskräften kämpfen und ringen mit Gott, bis Er erweicht werde, - und ach! wie verkehrt und Gottes unwürdig ist doch das alles! Lernen wir doch da kindlicher sein, wie es der HErr in unsrem Spruch fordert. Lernen wir es Ihm zutrauen, daß Er alles, auch jeden unserer Gedanken weiß, und daß Ihm die innerste Herzensrichtung genügt, um alles zu tun, was wir bedürfen, wenn wirs nur einfach vor Ihm aussprechen. Denn die bittenden Kinder sind Ihm ja ohnehin immer die liebsten.

Mel. Wer nur den lieben Gott. Gott keunt die rechten Freudenstunden, Er weiß wohl, was uns nützlich sei. Wenn Er uns nur hat treu erfunden, Und merket keine Heuchelei, So kommt Er, eh' wir's uns verseh'n, Und lässet uns viel Gut's geschehe.


Autor: Hugh E. Alexanders (* 1884; † 1957) englischer Evangelist, der Anfang des 20. Jahrhunderts in der französischen Schweiz wirkte

In unseren Herzen muß die Gewißheit leben, daß der Vater im Himmel weiß, in welcher Lage Sein Kind ist und was es bedarf, schon ehe wir zu beten beginnen. Wir sind unwissend und unerfahren, aber wir nahen uns Ihm, der alles weiß und alles kann. In unserer Unfähigkeit berufen wir uns auf Seine Reichtümer und erwarten Sein väterliches Eingreifen. Er will uns im Glauben üben und unseren Geist anleiten, damit das Gebet, das wir an Ihn richten, unbedingtes Vertrauen zu Ihm und völlige Gemeinschaft mit Ihm, unserem himmlischen Vater, atmet. Dann ist jeder Geist des Formalismus und Gesetzlichkeit vertrieben; der Himmel tut sich auf, und auf Erden geschieht etwas.

Manchmal läßt Gott Sein Kind auf die Erhörung warten, bis es erkennt, daß nur sein himmlischer Vater eingreifen kann und daß es alle eigene Weisheit, alle eigenen Bemühungen lassen muß. Wenn wir zugeben, daß unsere eigenen Kraftquellen und Möglichkeiten erschöpft sind, dann beginnen die göttlichen Quellen zu fließen.

Gott schaut vom Himmel herab, und wenn Er uns in einer Ihm wohlgefälligen Haltung findet, läßt Er uns das Durchbrechen Seiner Herrlichkeit erleben und sendet uns Seine Befreiung. Das Wort «unmöglich» gibt es nicht für Ihn, und gerade in hoffnungslosen Lagen offenbart Er Seine Herrlichkeit, damit Seine Kinder Ihn immer besser kennenlernen. Im 6. Vers sagt Jesus: «Du aber, wenn du betest, geh in dein Kämmerlein und schließe deine Türe zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir öffentlich vergelten.» Brauchen wir mehr, um uns zum Beten anzuspornen? Nehmen wir uns Zeit, ins Kämmerlein zu gehen? Ist uns das Gebet so wichtig, daß wir unsere Türe zuschließen?

Wenn ja, dann werden wir die wunderbare Entdeckung machen, daß unser Vater dort im Verborgenen bei uns ist. Wir können unser Herz vor Ihm ausschütten, Ihm alles sagen, wirklich alles, was uns bedrückt; und wir können gewiß sein, daß Er, der ins Verborgene sieht, uns erhört. Unsere Bitten für uns und unsere Fürbitte für die Welt werden vor Ihn kommen, und unser Vater wird es uns vergelten.