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Predigten zu Psalm 31,8

"und hast mich nicht überliefert in die Hand des Feindes, hast in weiten Raum gestellt meine Füße."

Autor: Frederick Brotherton Meyer (* 08.04.1847; † 28.03.1929) englischer Baptistenpastor

Du erkennst meine Seele in der Not

Es gibt Menschen, die ihre Freunde vergessen, wenn diese in Not geraten. Sie kennen sie nicht mehr, sie besuchen sie nicht und grüßen sie kaum auf der Straße. Aber die Liebe Gottes ist zu solchen Zeiten stets besonders zart und rücksichtsvoll. Er sucht uns auf, wenn unser Himmel trübe, und das Leben mit dunkeln Wolken überzogen zu sein scheint. Die Not, weit entfernt, uns von Ihm zu entfremden, bringt Ihn uns um so naher und lässt Ihn uns im wärmsten, liebevollsten Lichte erkennen.

Gerade dann, wenn wir von der Trübsal überfallen werden, offenbart sich die innerste Tiefe unsers Wesens. Gott erkennt uns in der Not. „Gedenke alles des Weges,“ sprach Moses, „durch die dich der Herr, dein Gott, geleitet hat, diese vierzig Jahre in der Wüste, auf dass Er dich demütigte und versuchte, dass offenbar würde, was in deinem Herzen ist.“ Wie tritt doch der Stolz des Herzens, der ungebrochene Eigenwille zu Tage, wenn wir geprüft und durchforscht werden, durch die Feuerprobe des Schmerzes.

Wir könnten aber die obigen Psalmworte auch also deuten: „Du hast die Not meiner Seele erkannt!“ Ist es nicht genug, dass Gott sie kennt? Warum sollten wir zu unseren Freunden gehen und ihnen darlegen, was wir alles durchzumachen haben? Wäre es nicht eine unnötige Vermehrung ihrer eigenen Not und der Sorgenlast der Welt? Wie großartig lautet dagegen der Rat unsers Meisters: „Salbe dein Haupt und wasche dein Angesicht, auf dass du nicht scheinest vor den Leuten mit deinem Fasten, sondern vor deinem Vater, der in das Verborgene siehet!“

Du kennest unsern Schmerz und unsere Freuden, Auch unser Sündenelend kennest du! Doch nennst du Brüder uns! – O welche Ruh' Liegt in dem Wort, bei allen unsern Leiden!