Die Sicarier in Cyrene und ihr Rädelsführer Jonathas. List und Grausamkeit des Statthalters Catullus gegen die dortige Judenkolonie. Anklage des Josephus. Ende des Bedrückers. Schluss.


Wie eine ansteckende Krankheit hatte sich der tolle Fanatismus der Sicarier auch über die Städte im Gebiete von Cyrene verbreitet.

Ein abgefeimter Bösewicht, namens Jonathas, seiner Profession nach Weber, war auf seiner Flucht aus Judäa auch nach Cyrene verschlagen worden, wo er durch seine Redekünste eine nicht kleine Zahl mittelloser Leute an sich fesselte und sie unter dem Versprechen, ihnen Wunderzeichen und himmlische Erscheinungen sehen zu lassen, in die Wüste hinauslockte.

Noch wusste sonst Niemand recht um das Unwesen und den Schwindel, den er trieb, als auch schon die jüdischen Großen in Cyrene über seine Entfernung und seine Anschläge bei dem Statthalter der libyschen Pentapolis Catullus die Anzeige erstatteten.

Durch einen Trupp Reiter und eine Abteilung Fußvolk, die derselbe ihm nachsandte, trieb er nun mit leichter Mühe den noch unbewaffneten Haufen zu Paaren. Der größte Teil davon fiel gleich unter den Händen der Römer, während einige noch lebend überwältigt und zu Catullus gebracht werden konnten.

Dem Haupträdelsführer Jonathas dagegen gelang es für diesmal zu entkommen, er ward aber später nach vielen und sehr sorgfältigen Streifungen, die man im ganzen Lande anstellte, eingefangen. Vor den Statthalter Catullus gebracht, verstand es der Schlaukopf, sich noch einmal dem Henkerbeil zu entziehen und sich sogar zum Werkzeug des ruchlosen Catullus zu machen, indem er gegen die reichsten Juden die Verleumdung schleuderte, dass sie eigentlich ihn zu seinem Unternehmen angeleitet hätten.


Sehr gerne ging der Statthalter auf diese Verleumdungen ein und bauschte die ganze Sache durch die ärgsten Übertreibungen, die er noch dazu gab, zu einer ungeheuren Affaire auf, um selbst auch so einen kleinen Triumphator über das jüdische Volk spielen zu können.

Was aber noch verhängnisvoller wurde, das war der Umstand, dass er nicht bloß für seine Person alles ohne Weiteres glaubte, sondern auch die Sicarier sogar ausdrücklich anwies, falsche Angaben zu erfinden.

So befahl er dem Jonathas, einen gewissen Juden Alexander, mit dem sich der Statthalter vor langer Zeit schon überworfen und dem gegenüber er auch aus seinem Hasse nie ein Hehl gemacht hatte, anzugeben und ließ auch dessen Gattin Berenice in den peinlichen Process verwickeln, der dann die Hinrichtung dieser ersten Opfer zur Folge hatte. Nach ihnen wurden auf sein Betreiben alle wohlhabenden Juden, 3.000 an der Zahl, miteinander niedergemetzelt, und fühlte sich der Statthalter dabei auch noch sehr sicher, weil ja die Confiscation ihrer Güter angeblich nur der Vermehrung der kaiserlichen Einkünfte dienen sollte.


Damit aber nicht etwa auch anderwärts einige Juden seine Ungerechtigkeit entlarven könnten, zielte Catullus mit seinen Cabalen noch höher und beredete den Jonathas mit einigen seiner Mitgefangenen dahin, auch gegen die angesehensten Juden in Alexandrien sowohl, wie in Rom, die Klage wegen versuchten Aufruhres einzubringen.

Zu diesen Persönlichkeiten, welche in so intriguanter Weise belangt wurden, gehörte auch Josephus, der Verfasser vorliegenden Werkes.

Dem Catullus ging jedoch sein schlauer Plan nicht, wie er geträumt hatte, durch. Der Statthalter war nämlich mit dem gefesselten Jonathas und dessen Leuten in der sicheren Erwartung nach Rom gekommen, die vor seinem Richterstuhle und zwar auf seine eigene Anregung hin anhängig gemachte falsche Klage würde jede weitere Untersuchung überflüssig machen.

Aber Vespasian fand ein Haar an der Sache und suchte ihr auf den Grund zu kommen. Wirklich gewann er die Überzeugung von der Ungerechtigkeit der gegen jene Männer erhobenen Anklage und sprach sie, besonders auf Betreiben des Titus, von aller Schuld frei. Jonathas aber erhielt endlich die Strafe, die er verdient hatte: er wurde nach vorausgegangener Geißelung lebendig verbrannt.


Catullus empfing, dank der Milde der beiden Imperatoren, keine schwerere Strafe: er kam mit einem bloßen Verweise davon. Doch wurde er nicht lange darauf von einer komplizierten und fast unheilbaren Krankheit ergriffen, an der er nach hartem Todeskampfe auch starb. Noch schwerer als die körperlichen Peinen, war das, was er in seiner Seele litt. Von furchtbaren Bildern aufgeschreckt, schrie er in einem fort, er sehe die Gespenster seiner hingemordeten Opfer vor seinem Bette stehen. Dann war ihm wieder, als würde man ihm mit allen Folterschrauben und Fackeln zu Leibe rücken, so dass er sich nicht mehr halten konnte und vom Lager heraussprang.

Das Übel machte immer größere Fortschritte, bis endlich infolge von Verschwärung sogar die Eingeweide heraustraten, und so der Tod erfolgte – gewiss ein Exempel, das, wie nur eines, den klaren Beweis liefert, wie die allwaltende Gerechtigkeit jedem Bösewicht die gebürende Strafe zuteil werden lässt.


Hier sind wir nun am Ziele unserer Geschichte angelangt, für die ich mich anheischig gemacht habe, dass ich sie mit aller Genauigkeit denen, die sich für den Verlauf des Krieges zwischen den Römern und den Juden interessieren, an die Hand geben werde.

Das Urteil darüber, inwieweit der Stoff schriftstellerisch glücklich verarbeitet worden ist, muss natürlich dem Leser überlassen bleiben; was aber die geschichtliche Wahrheit anlangt, so möchte ich keinen Anstand nehmen, mit aller Kühnheit zu behaupten, dass ich sie und nur sie allein durch das ganze Werk hindurch mir zur Richtschnur genommen habe.