Christliche Liederdatenbank    

Ägypten stieg vordem an Stärke

1) Ägypten stieg vordem an Stärke
so wie an Ehrgeiz und Verstand
und legte Reichtum, Sinn und Hand
an lauter seltne Wunderwerke,
von welchen noch der halbe Rest
und manche tief verfallne Mauer
nicht sonder einen heilgen Schauer
die alte Größe kennen lässt.

2) Der Baukunst seltnes Meisterstücke
war überhaupt der Tempelpracht;
die Dächer warfen in der Nacht
den Sternen ihren Schein zurücke;
wert, Arbeit, Marmor und Metall
vermählten ihre Kostbarkeiten
und trotzten fast auf allen Seiten
sowohl die Schönheit als den Fall.

3) Strahlt außen so ein Lustgepränge,
wie Herrlich wird's von innen sein!
kommt mit, last sehn! Was nimmt euch ein?
Ein Ekel vor der Götzen Menge.
Hier steht ein scheußlich Affenbild
nebst Fischen, Katzen, Hund- und Ziegen,
dort seht ihr einen Pfaffen liegen,
den Blut und Soff mit Andacht füllt.

4) Ihr flieht mit Grauen aus dem Tempel.
Ach, aber flieht doch selbst aus euch:
ihr seid dem Götzenhause gleich,
ihr seht und seid auch ein Exempel.
Euch Heuchler fahr ich christlich an,
euch, euch, ihr übertünchten Wände,
euch, derer Schminke böser Hände
die Lauge nicht vertragen kann.

5) Ihr schmeichelt mit gelassnen Blicken,
ihr gebt Geduld und Sanftmut vor
und wisst des Pöbels Herz und Ohr
mit holder Andacht zu berücken;
ihr putzet Kanzel und Altar,
last Arm- und Wittwenhäuser bauen,
ihr betet, singt und weint als Frauen
und bannt die Ketzer alle Jahr.

6) Wie steht es aber um die Herzen?
Da nisten Unversöhnlichkeit,
Hass, Hochmut, Zwietracht, Zorn und Streit.
So fahrt nur fort, mit Gott zu scherzen!
Ihr seid der Rache nicht zu klug;
sie wird euch, ohne zu verkennen,
die Larven vom Gesichte brennen,
und dies noch allzeit früh genug.

7) Es sind zwar alles schwere Sünden,
und keine scheint so schlecht und klein,
sie muss des Todes schuldig sein
und unbereut die Hölle finden;
doch eures Lasters Wichtigkeit,
ihr aufgeblasnen Pharisäer,
geht darum tausend Staffeln höher,
weil keine Bessrung Trost verleiht.

8) Du Abgrund von des Höchsten Gnade,
du Geist des Trostes und Gebets,
erinnre mich doch jetzt und stets
der Reinigung vom Sündenbade.
Mein Herz wird vor dein Heiligtum
als ein befleckt Gefäß erfunden,
drum wasch es in des Heilands Wunden
und geuß es durch dein Feuer um.

Text:
Melodie: Unbekannt