1) Gott ist barmherzig und genädig,
geduldig und von großer Treu,
Gott ist der Güte niemals ledig,
es wird diesselbe täglich neu,
sein Zürnen währt nicht ewiglich,
es höret auf, es leget sich.
2) Es leget sich, wenn sie die Sünde
in denen Menschen niederlegt.
Und man zu ihm in seinem Kinde
ein kindliches Vertrauen trägt,
durch Jesu Blutes Wiederkauf
geht uns die Gnadensonne auf.
3) Wo aber Feindschaft Platz genommen,
wer selbsten gern im Finstern bleibt,
zu dem kann Gottes Licht nicht kommen,
weil Satan da sein Wesen treibt.
Wer sich dem Hochmutsgeiste gibt,
von dem wird Gottes Geist betrübt.
4) Wer gegen seinen Neben-Christen
in lauter Zank und Hader steht,
und mit der Welt und ihren Lüsten
noch wieder ihn zu Rate geht,
der ratet seiner Seelen nicht,
es fehlet ihm das Gnadenlicht.
5) Wer sich demnach der Seelen Leben
nicht liederlich verscherzen will,
muss aller Feindschaft sich begeben,
die Eigenrache schadet viel,
sie stört die süße Seelenruh.
Selbstrache schließt den Himmel zu.
6) Doch wer hingegen zum Verzeihen
sich gern und willig finden lässt,
desselben Tun sieht man gedeihen,
sein Erbteil bleibet ewig fest,
er ist Gott völlig ausgesöhnt,
und wird mit Ehr' und Ruhm gekrönt.
7) Zwar dieses ist nicht so zu nehmen,
ob machte d a s die Tugend aus:
ach nein, da müsste man sich schämen,
man käme nicht ins Himmelshaus.
Indessen bleibt es doch dabei,
dass sie zum Himmel nötig sei.
8) Denn die Versöhnung ist ein Zeichen,
dadurch man seinen Glauben zeigt,
sie lehret uns der Straf' entweichen,
die sich zu denen Hassern neigt.
Sie trifft bei Jesu Siegesfahn'
die völlige Versöhnung an.
9) Ach, dämpfe doch nach deiner Güte,
Gott Vater, allen Zorn in mir.
Ach, lenke, lenke mein Gemüte,
o sanfter Jesu, stets zu dir,
Gott, Heil'ger Geist, du Friedensband,
versiegle mir das schöne Pfand.
10) Dreieinige Genadenquelle,
bereits mich zur Einigkeit,
dass ich ja niemals widerbelle,
wenn man das "Crucifige" schreit.
Lass mich, mein Gott, durch Jesu Pein
dir ewiglich versöhnet sein.
