O Gott, ich preise deine Güte    

1) O Gott, ich preise deine Güte,
die mich so wunderbar erschuf.
Und mit frohlockendem Gemüte
folg ich, o Vater, deinem Ruf.
Ein Zeuge deines Ruhms zu sein
und deiner Wunder mich zu freun.

2) Du gabst zum Denken und Empfinden,
Allgütiger, mir diesen Geist,
der zwar zu schwach ist, zu ergründen,
wie herrlich du, mein Schöpfer, seist,
jedoch, was du an mir getan,
erkennen und bewundern kann.

3) Und diesen Geist, der in mir denket,
schufst du nicht bloß für diese Zeit.
Du hast mir, Vater, ihn geschenket
zum Leben in der Ewigkeit,
um dort vollkommen zu verstehn,
was Sterbliche hier dunkel sehn.

4) Zu eng sind dieses Lebens Schranken
für seinen forschenden Verstand.
Der Keim zu höheren Gedanken,
als je ein Sterblicher erfand,
entwickelt sich erst nach der Zeit
im hellen Licht der Ewigkeit.

5) Ihn sättiget kein Gut der Erden,
kein zeitlich's Glück, so groß es sei.
Um ruhig in sich selbst zu werden,
bedarf er mehr, das ihn erfreu'.
Er fühlt, dass diese ganze Welt
sein Wünschen nicht zufrieden stellt.

6) Zwar tief ist er herabgesunken
von seines Ursprungs Herrlichkeit,
sucht oft, von Lust der Erde trunken,
sein Glück in Dingen dieser Zeit.
Jedoch er sucht und findet nicht,
was ihm der äußre Schein verspricht.

7) Du prägtest ihm durch sein Gewissen
Gefühl von Recht und Unrecht ein.
Dass Böse Böses leiden müssen
und Tugendhafte glücklich sein,
erkennet er, doch sieht er nicht
den Richter hier schon im Gericht.

8) Dem Tugendhaften ist hienieden
oft ein sehr widriges Geschick
zum Los für diese Zeit beschieden,
dem Lasterhaften oft das Glück.
Gewiss, erst eine andre Welt
ist zum Vergeltungsort bestellt.

9) Gott, wenn mein Geist dies überleget,
so hofft er schon Unsterblichkeit.
Noch stärker fühlt er sich beweget
beim Licht, das ihm dein Wort verleiht.
Da sieht er mit Gewissheit ein,
auch er werd' einst unsterblich sein.

10) Herr, lass zu jenem bess'ren Leben
die Aussaat mich hier täglich streun.
Lass deinen Geist das Wollen geben
und das Vollbringen auch verleihn.
O Wonne der Unsterblichkeit,
wie wird durch dich mein Geist erfreut.

Text:
Melodie: Wer nur den lieben Gott lässt walten