1) Verklärte Majestät, anbetungswürdigst Wesen,
unendlich größrer Gott, als wir geschrieben lesen:
ach, flöße meiner ganzen Seele
ein ehrfurchtsvolles Schaudern ein,
lass, wenn ich deinen Ruhm erzähle
mich kleiner, als ein Stäublein, sein.
2) Du bist ein selig' Gut, du weißt von keinem Leide,
dein tiefer Abgrund ist ein Meer vollkommner Freude.
Du kannst in süßer Ruhe schweben,
eh dich der Engel Schar geehrt.
Es ward dein hochvergnügtes Leben
von keiner Einsamkeit gestört.
3) Dein Seligsein wuchs nicht durch Schöpfung dieser Erden,
du konnst durch meinen Fall nicht unglückselig werden:
doch lässt dein Sohn in solche Mühe
sich für mich schnöden Sünder ein,
dass es mich wieder zu dir ziehe,
als könnst du sonst nicht selig sein.
4) Du kannst mit größerm Recht allein gewaltig heißen,
dein Donner kann die Welt aus ihren Achsen reißen,
es ist kein Ziel in deiner Stärke:
dein Wort trägt diese schwere Welt.
Das ist das kleinste deiner Werke,
was jedes für unmöglich hält.
5) Du bist der Herren Herr, den Erd' und Himmel scheuet,
der denen Kön'gen selbst die teuren Kronen leihet,
dich fürchten alle Mäjestäten,
dich betet jede Herrschaft an,
du kannst so Leib und Seele töten,
das kein zerbrechlich Zepter kann.
6) Du bist es, der allein Unsterblichkeit besitzet
und andre, wenn er will, vor Tod und Gruft beschützet.
Was die erschaff'nen Geister haben,
das tragen sie von dir zum Lehn,
du kannst sie in ihr selbst begraben,
bleibst aber selber ewig stehn.
7) Ein unzugänglich' Licht muss dir zur Wohnung dienen,
ein Glanz, der noch zu klar den lichten Seraphinen,
ein Blitz, der selbst die Engel blendet,
wenn er auf ihre Stirnen fällt,
von welchem sich ihr Antlitz wendet
und sich vor Scham verhüllet hält.
8) Welch' sterblich Auge hat dein Wesen je geschauet?
Wer lebet, der es sich im Fleisch zu sehen trauet?
Du siehst zwar, wie am hellen Morgen,
was Nacht und Abgrund in sich schleußt.
Uns aber bleibst du wohl verborgen,
du unsichtbarer großer Geist.
9) Was wir von deiner Macht und deinem Willen wissen,
das hast du selbst zuvor uns offenbaren müssen.
Den Sohn, den deine Seele liebet
und den dein Vaterschoß umschließt,
der ist's, der uns die Nachricht gibet,
die unserm Glauben nötig ist.
10) Doch hier erkennen wir dich noch gar unvollkommen,
wird aber dermaleinst der Vorhang weggenommen,
so werden wir erst unsre Blöße
mit vieler Scham und Demut sehn,
und, schönster Geist, vor deiner Größe
in Ewigkeit entzücket stehn.
11) Indessen sei dein Ruhm mit schwacher Kraft besungen.
Nimm hin ein kindlich Lob von einer schwachen Zungen.
Willst du dereinst den Mund verklären,
so wird er deiner Majestät
ein Lied im höhern Chor gewähren,
das deines Namens Ruhm erhöht.
