Christliche Liederdatenbank    

Wer Demut liebt, liebt eine Quelle

1) Wer Demut liebt, liebt eine Quelle,
aus der so manche Tugend fließt.
Denn keine Tugend scheint so helle,
als die aus Demut sich ergießt.
Ja, aller Tugend Licht und Pracht
ist ohne sie wie finstre Nacht.

2) Wer Demut liebt, verbirgt die Gabe,
die ihm der Himmel zuerkannt.
Er spricht: Das alles, was ich habe,
kommt her aus meines Vaters Hand.
Denn was ich bin, kann und weiß,
ist Gottes Werk, nicht Menschen Fleiß.

3) Das Auge, ein's der schönsten Glieder,
bewundert nie sein helles Licht.
Die Harfe spielt viel süße Lieder,
doch hört sie solche selber nicht.
Und wenn ein Christ was Gut's getan,
so stellt er drum kein Wunder an.

4) Sein Beten und Almosen geben,
sein Glaube, Zucht und sanfter Mut,
sein Hoffen, Fleiß und stilles Leben,
sind Werke, die er täglich tut.
Und dennoch legt sein frommer Sinn
stets Moses Decke drüber hin.

5) Wer Demut liebt, hält alle Dinge
für Eitelkeit und lauter Nichts.
Gesetzt, dass man ein Glück erzwinge,
was ist es? Glas, wie bald zerbricht's!
Wie lange währt es? Wie ein Blatt,
das doch der Baum nicht ewig hat.

6) Wir Menschen selbst sind wie ein Schemen,
wir sind nicht immer stark und rot.
Wer kann die Schönheit mit sich nehmen?
Wer sitzt in Würde ohne Not?
Und dies bemerkt, wer Demut liebt,
wenn er dem Hochmut Abschied gibt.

7) Wer Demut liebt, strebt nicht nach Ehren,
durch Heuchelei, Gewalt und List.
Er denkt: Die Würde mag gehören,
dem der der Ehre würdig ist.
Er harret mit Gebet und Fleiß,
weil Gott ihn schon zu suchen weiß.

8) Der Meister, der den Bau bereitet,
setzt manchen Stein sehr hoch hinein.
Und mancher, der wohl mehr bedeutet,
muss unten in der Tiefe sein.
Doch wird sein Meister nicht befragt,
dieweil es ihm also behagt.

9) Der Künstler, der des Gartens pfleget,
kennt jede Blume da und dort.
Und setzt, nachdem er's wohl erwäget,
bald die, bald jene Pflanze fort.
Und lässt er denn manch Pflänzchen stehn,
wer will mit ihm zum Richter gehn?

10) Wer Demut liebt, hält sich hernieder
zu dem, der in der Tiefe steht.
Er hält sie durch und durch für Brüder,
auch den, der nach dem Brote geht.
Und dieses ist, was Gott gefällt,
weil Demut sich herunter hält.

11) Die Rose, die die Berge zieret,
ist besser nicht, als die im Tal.
Die Nelke, die der Fürst berühret
wird gleichermaßen blass und fahl.
Der Apfel, den der König bricht,
schmeckt doch deswegen besser nicht.

12) Wer Demut liebt, verachtet keinen,
er sei auch immer, wer er sei.
Denn aus der Haut, aus Fleisch und Beinen
erkennt er leicht, was einerlei.
Man sei veracht, arm oder klein,
die Demut will nichts besser sein.

13) Hat jener Reichtum, Geld und Mittel,
vielleicht ist der am Glauben reich.
Ist jener groß und hat viel Titel,
vielleicht kommt dem kein Titel gleich.
Denn frommer Seelen bester Ruhm
heißt: Gottes Kind und Eigentum.

14) Wer Demut liebt, hilft allen Leuten,
so viel er kann und helfen mag.
Und sollt' es nur so viel bedeuten,
als bei Elia Haupte lag.
Schon gut genug, Gott schreibt es an,
als ob's ein Engel selbst getan.

15) Gleich wie ein Baum mit vollen Zweigen
sich willig zu der Erden neigt.
Und wie die Ähre durch ihr Neigen
dem Schnitter in die Hände steigt,
so teilt ein demutsvoller Christ
gern alles mit, was möglich ist.

16) Wer Demut liebt, liebt eine Tugend,
die unser Jesus selbst geliebt,
als der vom Anfang seiner Jugend
sie bis an's Ende ausgeübt.
Aus Demut ließ er ja sein Reich
und ward uns armen Menschen gleich.

17) Wer Demut liebt, liebt eine Weise,
die auch den Engeln Lust erweckt.
Dies lernt man aus des Jakobs Reise,
da ihn der Engel Schutz bedeckt.
Denn dieser Schutz kam jederzeit
aus Demut und aus Niedrigkeit.

18) Wer Demut liebt, liebt solche Wege,
die Gott gebahnet und gemacht.
Durch Niedrigkeit und tiefe Stege
wird man nach Tabor hingebracht.
Das heißt: durch Demut, Kreuz und Weh
steigt man zum Vater in die Höh'.

19) Wer Demut liebt, erlangt die Krone
von seines Jesu Bruderhand.
Wer Demut liebt, erhält zum Lohne
das ewig frohe Vaterland.
Wer Demut liebt, dringt da hinein,
wo sehr viel tausend Engel sein.

20) Wohlan! Ich will die Demut wählen
zu meinem stetigen Symbol.
Will Gott mich zu den Kleinen zählen,
ich bin vergnügt, es sei also.
Wohl dem, der nur den Spruch versteht,
was niedrig ist, wird dort erhöht.

Text:
Melodie: Wer nur den lieben Gott lässt walten