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Predigten zu 1. Mose 32,11

"Rette mich doch von der Hand meines Bruders, von der Hand Esaus! denn ich fürchte ihn, dass er etwa komme und mich schlage, die Mutter samt den Kindern."

Autor: Carl Eichhorn (* 11.07.1810; † 08.02.1890) deutscher lutherischer Pastor
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Demut, das Kennzeichen echter Frömmigkeit

"Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Knechte getan hast."

Wahre Frömmigkeit hat zum Kennzeichen innere Beugung und herzliche Demut. Wer bin ich, ruft David aus, dass du mich bis hierher gebracht hast? Diese herablassende Güte seines Gottes ist ihm unbegreiflich. Wie tief war es in die Seele des Apostel Paulus geschrieben, dies: Ich bin zu gering, ich habe es nicht verdient, dass mir solche Barmherzigkeit widerfahren ist!

Alle Wege Gottes mit den Menschen zielen dahin ab, ihn klein zu machen. Jakob nahm er in eine zwanzigjährige Demutsschule bei seinem geizigen und lieblosen Onkel Laban. Da wurde er nicht verhätschelt, vielmehr hart gehalten und ausgenutzt. Das wirkte dämpfend für sein ehrgeiziges und hochstrebendes Wesen. Er wurde innerlich zermürbt, doch nicht verbittert. Die Barmherzigkeit und Treue seines Gottes wurde ihm erst recht groß gegenüber menschlicher Härte und Treulosigkeit. Sein Gott überschüttete ihn mit Gnadenerweisungen und hielt ihm Wort. Dies beugte ihn. Die innere Bescheidenheit und ungeheuchelte Demut machen einen Menschen anziehend und liebenswürdig für alle, die noch ein edles Empfinden haben. Der Herzenshochmut macht kalt und abstossend. Die Demut hat etwas Erwärmendes und Gewinnendes. "Warum mag mich niemand?" fragt mancher bitter. Weil du voller Ansprüche steckst und verlangst, dass sich alle nach dir richten und dir die schuldige Rücksicht erweisen. Wo Herzensdemut ist, da findet sich Dank und Anbetung der Gnadenerweisungen Gottes. "Womit habe ich das verdient?" ruft eine gebeugte Seele tiefbewegt aus, wenn ihr Gutes widerfährt. Kommt Schweres, so heißt's im Herzen: Ich hätte noch Schlimmeres verdient, wenn Gott mir nach meinen Sünden lohnen wollte. Anders der innerlich ungebrochene Mensch. Die Wohltaten Gottes sieht er als etwas Selbstverständliches an, als gehöre ihm das rechtmässig zu. Die Leiden erwecken Murren und Unzufriedenheit. "Womit habe ich das verdient?", tönt es unmutig im Herzen und von den Lippen. Der Demütige hingegen beugt sich unter die gewaltige Hand Gottes und erlebt neue Gnade. Die Erfahrung neuer Barmherzigkeit beugt ihn dann noch tiefer in den Staub. "Ich möchte in den Erdboden versinken", äußerte ein schwerkranker junger Mann, "wenn ich all die Gnade bedenke, die mir Gott erzeigt hat." Öfter in schlaflosen Nächten, wenn ihn der Husten quälte, überkam ihn ein inneres Wohlsein, dass Dankestränen flossen. Die Ruhe, die Jesus den Seinen verspricht und verleiht, erquickte ihn tief. Ein verklärtes Lächeln lagerte nach dem Abscheiden auf seinem Antlitz. Bleiben wir in der Beugung, damit es uns nicht gehe wie jenen erstgedungenen Arbeitern im Weinberg! In ihrem Innern bildeten sich Ansprüche. Und dann fühlten sie sich zurückgesetzt hinter die letztgedungenen, murrten und rechteten mit ihrem Herrn und wurden aus Ersten Letzte. Nur Demütige empfangen Gnade und bleiben in der Gnade.