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Predigten zu Apostelgeschichte 16,35

"Als es aber Tag geworden war, sandten die Hauptleute die Rutenträger und sagten: Laß jene Menschen los."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Pauli Entlassung aus dem Gefängnis.

Wie freundlich sorgt doch Gott für seine Knechte! Während Paulus im Gefängnis sich mit Gebet und Seelenrettung beschäftigt, sorgte Gott für seine Freilassung. Er brauchte selber nichts zu tun, um frei zu werden. Die Hauptleute sandten ohne menschliche Anregung am frühen Morgen den Befehl zur Freilassung der Apostel.

Lasst uns daraus lernen, dass niemand Gottesknechte länger plagen darf, als Gott es zulässt.

Wie kamen die Hauptleute dazu, ihre Meinung zu ändern? Gestern glaubten sie ja noch, man müsse diese Menschen aufs schärfste züchtigen und aufs strengste verwahren. Heute sind sie der Ansicht, man müsse sie freilassen. Sind sie durch eine Beschwerdeschrift Pauli dazu gekommen? Hat Lydia ihnen Bescheid gesagt? Nein. Aber das starke Erdbeben der Nacht hat ihnen einige heilsame Gedanken gebracht. Die großmächtigen Herren hatten in der Nacht etwas von einer höheren Gewalt vernommen. Schon der erste Erdstoss hatte lähmendes Entsetzen geweckt. Die Angst vor Wiederholung ließ sie nicht mehr ruhen. Der nächste Stoss konnte sie das Leben kosten! Sie kamen, wie eine Lesart sagt, auf dem Markt zusammen, um wegen des Erdbebens zu beraten.

Nun wussten sie ja nicht, dass sie einen Boten des allmächtigen Gottes angetastet hatten, aber gewiss wussten sie soviel, dass sie wehrlose Fremdlinge sehr roh behandelt und ohne regelrechtes Verhör verurteilt hatten.

Angesichts der Ewigkeit mag der Entschluss schnell in ihnen gereift sein: Wir wollen wieder gutmachen, was wir gestern durch übergroße Schärfe vertan haben.

Nun, das war nicht verkehrt. Aber die Erschütterung dieser Herren ging doch nicht tief genug. O, wieviel oberflächliche Erschütterung gibt es besonders bei schreckhaften Geschehnissen. Lasst uns nicht bei oberflächlichem "Wiedergutmachen" stehenbleiben wie diese Beamten! Ginge es doch bei uns wie bei dem Kerkermeister durch eine ganz tiefe Erschütterung und dann durch eine völlige Erneuerung.

Der Kerkermeister hat auch Großes erlebt. Er schaute Gottes treue Fürsorge für seinen Apostel. Der Stockmeister durfte selber Paulus freilassen! Nachdem Paulus ihm die ewige Freiheit in Christo gebracht hatte, durfte er seinem geistlichen Vater die zeitliche Freiheit künden! Er erlebte, wie Gott sich um die Seinen kümmert, und wie Er auch mächtigen Menschen das Herz lenken kann.

Solche Erfahrungen gaben ihm Kraft für die kommende Zeit, wo er ohne Paulus weiter glauben musste!

Paulus lehnte indessen die heimliche Ausstossung ab und erbat öffentliches Geleit durch die Beamten! Weshalb? War es gekränkter Stolz oder Eigenliebe? Dann hätte Paulus oft vielerlei Geleit erbitten müssen! Ach nein! Er sah darauf, was für die Hauptleute, und vor allem für die junge Christenschar gut war. Ein guter Ruf, auch vor der Welt, macht dem Worte Gottes Bahn.

Nicht als fliehender Verbrecher, sondern als tröstender Vater sollte Paulus die erste Station in Europa verlassen. Wohl uns, wenn wir solche Spuren an den Orten unserer Wirksamkeit zurücklassen.