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Predigten zu Apostelgeschichte 17,1

"Nachdem sie aber durch Amphipolis und Apollonia gereist waren, kamen sie nach Thessalonich, wo die Synagoge der Juden war."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Paulus in Thessalonich.

Drei Sünden der Feinde des Paulus in Thessalonich.

Wenn wir die Wirksamkeit des Paulus in Thessalonich überblicken und unser Auge auf das Treiben der Feinde richten, die ihn bei der Stadtbehörde anklagten und seine Abreise verursachten, so könnte wohl der Gedanke in uns aufsteigen: Wir hätten niemals so gehandelt wie jene Leute, die sich mit "boshaftigen Männern aus dem Pöbelvolk" vereinigten, "eine Rotte machten und einen Aufruhr anrichteten", um Paulus zu vertreiben. Lasst uns solchen Pharisäergedanken keinen Raum geben. Lasst uns nicht im Herzen sprechen: "Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie jene Ankläger des Paulus in Thessalonich" (Lukas 18, 11). Viel besser ist es, wenn wir jene Feinde des Paulus als einen Spiegel benutzen und in ihren Sünden und Fehlern unsere eigenen wiedererkennen, um Reinigung davon zu suchen.

Drei Fehler sind es vor allen Dingen, die uns beim Anblick jener Gegner des Paulus entgegentreten.

Die erste Sünde der Feinde: Der Neid.

"Die halsstarrigen Juden neideten", d. h. sie missgönnten dem Paulus den großen Erfolg, den seine Evangeliumsverkündigung hatte. Sie selbst hatten niemals solchen Anklang finden, niemals ähnliche Begeisterung hervorrufen können. Nun gönnten sie auch diesen Fremden solches nicht.

Der Neid, den die Schrift zu den Werken des Fleisches zählt (Galater 5, 20) und als Eiter in den Beinen bezeichnet (Sprüche 14, 30), sucht auch in unsere Herzen einzudringen. Wenn wir bei unserem Nächsten irgendeinen besonderen Segen etwa im geschäftlichen Leben oder in der Erlangung einer einflussreichen Stellung bemerken, so ist er nahe und will sich bei uns einschleichen. Hüten wir uns vor diesem Schlangengift, damit wir jenen Widersachern des Paulus nicht ähnlich werden (2. Korinther 12, 20).

Die zweite Sünde der Feinde: Verleumdung.

Bei den Widersachern des Paulus in Thessalonich blieb es nicht nur bei neidischen Gedanken, sondern es kam auch zu Zungensünden. Sie verleumdeten Paulus vor den Stadtobersten, indem sie ihn als einen Unruhestifter und politisch gefährlichen Menschen hinstellten.

Beides war natürlich unwahr. Wohl war bei mancher Arbeit des Paulus Unruhe entstanden, aber nicht durch seine, sondern seiner Feinde Schuld, wie man dies gerade hier in Thessalonich deutlich erkennen kann. Wohl lehrte er von einem Königreich Jesu, aber nicht in dem politischen Sinn der Anklage. Die Worte, welche der Neid ihnen eingab, waren also boshafte Entstellung und gehässige Unwahrheit. Lasst uns nie in die Fußstapfen dieser Verleumder treten.

Die Schrift warnt vielfach vor der Sünde der Verleumdung. Sie sagt: "Du sollst kein Verleumder sein unter deinem Volk" (3. Mose 19, 16). "Redet nicht Übles übereinander, liebe Brüder" (Jakobus 4, 11). "Ein böser Mund wird kein Glück haben auf Erden" (Psalm 140, 12). (Vergleiche 2. Mose 20, 16; Epheser 4, 25; Römer 1, 30).

In Davids Umgebung durfte niemand sein, "der seinen Nächsten heimlich verleumdet" (Psalm 101, 5).

Der himmlische Davidssohn wird solche noch weniger in seiner Gemeinde dulden. Bei seinem Volk bleiben zuletzt keine Doegszungen, die mit Lügen schneiden wie mit einem scharfen Schermesser (Psalm 52, 4), auch keine Nachfolger des Diotrephes, der mit bösen Worten wider Johannes plauderte (3. Johannes 10). Nur "wer mit seiner Zunge nicht verleumdet", wird nach Psalm 15, 3 Heimatrecht auf dem heiligen Berge der bleibenden Gottesgemeinschaft behalten.

Die dritte Sünde der Feinde: Andauernder Hass.

Die neidischen Verleumder in Thessalonich brachten es fertig, dass Paulus von Thessalonich weichen musste. Er reiste nach Beröa. Man hätte denken können, dass sie sich nun beruhigt und Paulus für die Zukunft nicht mehr belästigt hätten. Aber das war nicht der Fall. Ihre Wut gegen diesen Zeugen schlief auch nach dessen Abreise nicht ein. Als sie von der Verkündigung des Evangeliums in Beröa hörten, eilten sie auch dorthin, um die Arbeit des Paulus zu hindern. Aus dieser ihrer Reise nach Beröa können wir die Nachhaltigkeit ihres Hasses gegen Paulus erkennen. Wie tief hatte sich doch der Groll gegen ihn in ihrem Herzen festgesetzt!

Auch dieser Anblick weist uns auf eine Sünde hin, vor der sich niemand sicher wähnen soll. Welchen Schaden hat doch ein tief im Herzen wurzelnder Hass schon angerichtet, auch wenn es äußerlich nicht zu solchen Ausbrüchen gekommen ist wie bei jenen Widersachern von Thessalonich. Wie gefährlich ist die bittere Wurzel (Hebräer 12, 15), die oft durch eine Kleinigkeit im Herzen entstehen kann! Es gibt nur einen Hass, der erlaubt ist, ja sogar geboten ist. "Die ihr den Herrn liebet, hasset das Arge" (Psalm 97, 10; Römer 12, 9). Hassen wollen wir alle falschen Wege (Psalm 119, 104. 128). Hassen wollen wir den vom Fleisch befleckten Rock (Judas 23), aber niemals einen Mitmenschen, auch wenn er eine ganz andere Überzeugung hat als wir (3. Mose 19, 17; Psalm 34, 22).