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Predigten zu Apostelgeschichte 19,28

"Als sie aber das hörten und voll Wut wurden, schrieen sie und sagten: Groß ist die Artemis der Epheser!"

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Was lernen wir aus dem Anblick des Aufruhrs in Ephesus?

Die Hetzrede des Demetrius hatte den gewünschten Erfolg. Die Arbeitermassen jenes Erwerbszweiges entbrannten vor Zorn. Mit lautem Geschrei rühmten sie ihre durch Paulus gefährdete Religion. Damit gewannen sie leicht alle diejenigen, welchen die Predigt des Paulus unbequem war, oder die sie aus irgendeinem Grund ablehnten. Die Bewegung verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt. Es war, als ob höllische Mächte losgelassen wären, die ihr Spiel trieben. Man stürmte zu dem Platz, auf dem die Volksversammlungen stattzufinden pflegten. Da Paulus nicht zur Hand war, warf sich die Wut der Heiden auf zwei seiner Genossen, die mitgeschleppt wurden.

Was sagt uns der Anblick dieser wüsten Szene? Er lässt uns unter anderem eine dreifache Gewalt erkennen, die heute noch Scharen mit sich fortreißt und sich gern bis in unser Christenhäuflein hineindrängen will.

1. Die Gewalt des Hasses.

Der ganze Tumult ist durch eine hasserfüllte Rede hervorgerufen worden. Durch dieselbe "wurden sie voll Zorns". Die Ansteckungskraft des Hasses ist groß. Lasst uns vor diesem Gifthauch uns hüten.

2. Die Gewalt des natürlichen Herdentriebes.

Wir Menschen sind auf Gemeinschaft angelegt. Wir haben Bedürfnis, uns anzuschließen. Dieser Trieb ist gut, wenn er richtig geleitet wird. Aber wenn dieser natürliche Trieb ohne jede Geisteszucht und -prüfung die Herrschaft bekommt, so kann er Entsetzliches anrichten. Durch den Herdentrieb kann man in Absaloms Aufruhr (2. Samuel 15, 11) und in Korahs Höllenfahrt (4. Mose 16, 2. 32) hineingezogen werden. Seien wir vorsichtig. Wir bemitleiden eine Schafherde, die durch den Herdentrieb vor einen Eisenbahnzug läuft, weil einzelne Schafe vorangehen. Wir bedenken nicht, dass wir in der Gefahr stehen, diesen armen Tieren ähnlich zu werden. (Epheser 5, 11; 1. Korinther 10, 20. 21; Psalm 1, 1; 26, 4).

3. Die Gewalt des Schlagwortes.

Der Ruf "Groß ist die Diana der Epheser!" war für jene Scharen ein gut gewähltes, dem einfachsten Mann leicht verständliches Schlagwort. Es knüpfte an die seit Jahrhunderten in Ephesus bestehende Dianaverehrung an und konnte darum an diesem Ort leicht Boden fassen. Die Menge griff es auf und verbreitete es weiter. Dies Schlagwort trug mit dazu bei, dass sich der Aufruhr so schnell durch die ganze Stadt ausbreiten konnte.

Wie hat doch das Schlagwort eine Gewalt bei der Maße derjenigen, denen selbständiges, tieferes Nachdenken unbequem ist. Lasst uns niemals von der Gewalt menschlicher Schlagworte uns fortreißen lassen. Schon oft haben suchende Seelen sich von der engen Pforte und dem schmalen Pfad zurückschrecken lassen, wenn die Welt ihnen diesen Pfad durch ein Schlagwort ("unnüchtern", "überspannt", "pietistisch", "methodistisch" und dergleichen) verdächtigte. Auch auf dem Lebensweg wollen wir uns nie durch irgendein herrschendes Schlagwort auf einseitige unbiblische Linie drängen lassen (Psalm 119, 133; Matthäus 24, 23 - 26). Lasst uns selbständig werden, indem wir uns täglich unter den Einfluss des göttlichen Wortes und Geistes stellen. Da empfangen wir Widerstandskraft gegen die drei Gewalten, welche den Volkshaufen in Ephesus fortrissen.