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Predigten zu Apostelgeschichte 23,5

"Und Paulus sprach: Ich wußte nicht, Brüder, dass es der Hohepriester ist; denn es steht geschrieben: "Von dem Obersten deines Volkes sollst du nicht übel reden"."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Denn es steht geschrieben.

Aus obigem Wort erkennen wir die Gebundenheit des Paulus an das geschriebene Wort Gottes.

I.

Paulus befand sich in einer aufregenden Lage. Ein Untergebener des Hohenpriesters hatte ihm einen Schlag ins Gesicht gegeben. Mit dem gerechten Wort der Wahrheit hatte er solche Handlungsweise gebührend zurückgewiesen. Nun wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass der von ihm Gerügte der Hohepriester sei. Paulus hatte ein feuriges Temperament. Dasselbe hätte ihn verleiten können, trotz der amtlichen Hoheitsstellung diesen Mann mit Schmähworten zu überschütten und ihm sein unanständiges Benehmen kräftig vorzuhalten. Er, der einst mit Barnabas scharf aneinander geriet (Kap. 15, 39), hätte hier mit Ananias noch viel schärfer aneinander geraten können. Paulus hatte ohne Zweifel biblisches Material genug, um diesem unwürdigen Amtsträger die Abscheulichkeit seines Verhaltens in aller Öffentlichkeit aus dem Gesetzbuch eingehend zu beweisen und vorzuhalten. Er Paulus hätte auch denken können: Wenn man diesen Mann wegen seiner Amtsstellung noch berücksichtigt, so stärkt man ihn in seiner gewalttätigen Art. Es wird Zeit, dass er davon geheilt wird.

Diese und manche andere Gründe hätten viel Schein der Berechtigung gehabt. Aber Paulus nahm eine andere Stellung ein. Sobald er hörte, dass dieser Mann das hohepriesterliche Amt bekleide, bat er um Entschuldigung und unterließ jeden weiteren Tadel.

Was bewog ihn zu solcher Stellung? Etwa Menschenfurcht und Angst vor nachteiligen Folgen? Nein! Ihm leuchtet im ersten Augenblick ein Wort der Schrift auf, das ihm Wegleitung gab. Es war das Wort: "Den Obersten in deinem Volke sollst du nicht lästern". Dies Wort half ihm zur vollen Klarheit, was in der gegenwärtigen Lage das Richtige sei.

Hätte er sich von seinem natürlichen Temperament bestimmen lassen, so würde er ganz gewiss nicht so friedfertig und demütig die Amtsstellung respektiert haben. Nachdem er sich nun aber vom Wort Gottes leiten ließ, fand er diese gute Stellung der Demut. Durch Gottes Wort wurde er bewahrt vor den Irrwegen: Böses mit Bösem zu vergelten, obrigkeitliche Amtsstellung gering zu achten und in seinem Herzen eine bittere Wurzel aufkommen zu lassen.