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Predigten zu Apostelgeschichte 9,13

"Ananias aber antwortete: Herr, ich habe von vielen von diesem Manne gehört, wie viel Böses er deinen Heiligen in Jerusalem getan hat."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Die Bedenken des Ananias

I. Worin die Bedenken bestanden.

Ananias erschrak ob dem Auftrag Jesu, zu Saulus zu gehen. Er wusste über diesen Mann Bescheid. Die vielfach bestätigten Nachrichten über des Saulus Christenhass erregten in ihm Bedenken. Alles, was er gehört hatte, war Tatsache. Aber es war nicht die ganze Wahrheit.

1. Er wusste nur, "wieviel Übles der Mann getan hatte". Er wusste aber nicht, wieviel der Herr an ihm getan hatte.

2. Er wusste wohl um "die Macht, die dieser Mann von den Hohenpriestern hatte". Er wusste aber nicht um die Macht, die der himmlische Hohepriester an ihm vor Damaskus bewiesen hatte.

3. Er wusste zwar des Saulus Ziel: "zu binden alle, die deinen Namen anrufen". Er kannte aber nicht das Ziel, das der Herr sich mit diesem Verfolger gesetzt hatte. Der, welcher die Christen in Damaskus in Fesseln schlagen und vor Gericht bringen wollte, sollte nach Gottes Rat viele zu Gebundenen Jesu machen.

So haben wir oft bei den Wegen, die uns zugewiesen werden, allerlei Bedenken, weil wir vieles nicht wissen. Wüssten wir Gottes ganze Macht und seine Herrlichkeitsziele mit den Seinen, so würde jede Angst und Sorge bei den uns zugewiesenen Aufgaben völlig verschwinden.

II. Was Ananias mit seinen Bedenken macht.

Ananias breitete die Besorgnisse, die sein Herz erfüllten, vor dem Herrn aus. Wie einst Jakob seine Furcht vor der Begegnung mit Esau seinem Gott sagte (1. Mose 32, 9 - 12); wie einst Mose seine Untüchtigkeit, vor Pharao zu treten, dem Herrn vorhielt (2. Mose 3, 11; 4, 1. 10 - 13); wie ein Gideon seine großen Bedenken vor der Übernahme des Richteramtes äußerte (Richter 6, 15); wie ein Samuel seine Furcht dem Herrn kundtat, als er zu Sauls Lebzeiten schon einen neuen König salben sollte (1. Samuel 16, 2) ; wie ein Jeremias seine Bedenken gegen das zu übernehmende Prophetenamt vor Gott niederlegte (Jeremia 1, 6) - so machte es auch Ananias .

Gegen solches Ausbreiten von Bedenken ist nichts einzuwenden, wenn es nicht im Geist des Ungehorsams geschieht, sondern in kindlich-willigem Sinn, Gott gehorsam zu bleiben. Wenn wir nur nicht wie Jonas uns dem Auftrag Gottes eigenwillig entziehen wollen (Jonas 1, 3), sondern mit Jesaja im tiefsten Herzensgrunde sprechen: "Hier bin ich" (Jesaja 6, 8), dann ist alles gut.

III. Wie der Herr dem Ananias die Bedenken nahm.


Der Herr nahm dem Ananias seine Bedenken, indem er ihm den bisherigen Christenverfolger als sein "auserwähltes Rüstzeug" vor die Augen stellte. In dieser Enthüllung lag eine heilende und zurechtbringende Kraft für Ananias.

Die Einwendungen von Ananias klangen fast so, als ob er dem Herrn über Saulus Bescheid geben müsse, als habe der Herr bei der Erteilung seines Auftrages den Wandel des Saulus nicht genau gekannt oder wenigstens nicht genug in Betracht gezogen. Der Herr sagte ihm aber: Nicht du musst mir über Saulus Bescheid geben, sondern ich dir. Nicht du bist der genaue Kenner der Menschen und Ereignisse, sondern ich.

Wie oft vergessen wir, dass der Herr alles viel besser weiss als wir.

Der Hinweis auf die "vielen Übeltaten an den Heiligen" konnten den Anschein erwecken, als sei Saulus nicht wert, besucht zu werden.

Wir wissen wohl, dass nicht pharisäischer Hochmut, sondern Furcht vor dem Christenverfolger der innerste Beweggrund zu Ananias' Einwendungen war. Dennoch bestand auch für das treue Jüngerherz des Ananias die Gefahr, auf den Mann, der so Schlimmes getan hatte, in irgendeiner Weise herabzusehen. Dieser Gefahr begegnet der Herr. Er zeigte dem Ananias: Nicht Saulus ist unwürdig, von dir besucht zu werden, sondern du bist viel eher nicht wert, ihm einen Dienst tun zu dürfen. Der Blick in die große Aufgabe des Saulus musste Ananias völlig davor bewahren, sich in irgendeiner Weise über Saulus zu stellen.

Auch wir wollen selbst zum schlimmsten Christenfeind immer in dem Bewusstsein hingehen, dass der Herr ihn weit über uns stellen und ihn viel fruchtbarer machen kann, als wir es sind. Ananias meinte, der schlimme Unglaube des Saulus sei das Hindernis für ihn, diesen Mann zu besuchen. Jesus aber lässt ihn zart merken: Nicht in des Saulus, sondern in deinem Unglauben liegt die Schwierigkeit. Mit Saulus Unglauben bin ich schon fertig geworden, er schadet und hindert nicht mehr. Aber du musst jetzt glauben lernen, dass dieser Christenverfolger eine Posaune der Gnade werden soll. Du musst das Wort verstehen lernen: "Er soll die Starken zum Raube haben" (Jesaja 53, 12). Kümmere dich nicht um des Saulus Unglauben, sondern sieh zu, dass dieser Fehler nicht in dir Wurzel fasse!

Wie oft meinen wir in irgendeiner Sache, die Schwierigkeit liege bei den anderen. Der Herr aber deckt uns mit zarter Hand auf, dass sie in uns selbst liegt.

Mit welcher Treue und Weisheit verstand doch der Herr, seinen Knecht Ananias zu dem wichtigen Dienst, den er tun sollte, zuzubereiten und ihn von allen Bedenken zu heilen!