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Predigten zu Johannes 9,17

"Sie sagen nun wiederum zu dem Blinden: Was sagst du von ihm, weil er deine Augen aufgetan hat? Er aber sprach: Er ist ein Prophet."

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Die Juden starrten Jesus an: wie kommst du dazu, den Sabbat zu übertreten? Du weißt doch, dass niemand am Sabbat etwas tragen darf, und hast dem von dir geheilten Menschen geboten, sein Bett wegzutragen. Für sie war das Gesetz das Band, das den Menschen bei Gott festhielt; wer dieses zerriss, stürzte in den Abgrund der Gottlosigkeit hinab. Darum zeigt Jesus den Juden, was ihn mit dem Vater verband. Mein Vater wirkt, sagte er, Er gebietet nicht bloß, dass ich wirke, als wäre einzig der Mensch der Wirkende und Gott nur der Zuschauer, der die Werke des Menschen betrachtet, prüft und straft oder belohnt. Gott spricht auch nicht nur, als wäre sein Wort von der Kraft geschieden. Seine Worte sind Werke; denn sie geschehen. Daraus, dass Gott wirkt, folgt für Jesus: darum wirke ich. Das wäre nicht möglich, wenn Gott nicht der Vater wäre. Wäre er in dem Sinn der Einzige, dass er nichts neben sich ertrüge, sondern seine Macht dadurch offenbarte, dass er alles entkräftete und fesselte, so entstände aus seinem Wirken nicht das Wirken des Sohnes. Nun ist er aber der Vater, der dem Sohn Leben gab, und mit dem Leben gab er ihm das Vermögen zu wirken. Sein Beruf ist nicht Untätigkeit, auch nicht nur die anbetende Betrachtung dessen, was der Vater wirkt. Er wirkt selber; aber wie könnte er wirken, wenn nicht der Vater wirkte? Wie ihm die Untätigkeit unmöglich ist, weil der Vater wirkt, ebenso unmöglich ist ihm ein eigenmächtiges Handeln, das nicht durch das Wirken des Vaters begründet ist. Sein Verhältnis zum Vater ist Gemeinschaft, die sich in der Gemeinsamkeit des Wirkens offenbart, so dass im Wirken des Sohnes das Wirken des Vaters geschieht. Eine solche Gemeinschaft mit Gott ist aber nicht nur für die Juden, sondern für uns alle ein uns überraschender Anblick. Denn wir empfinden den Gegensatz, der zwischen Gott und uns steht, und dieser hat zur Folge, dass wir uns selbst überlassen und auf unseren eigenen Willen beschränkt sind und deshalb nur wirken, was wir begehren und vermögen. Das ist aber der Stand des unversöhnten Menschen, den Gott von sich fern hält, weil der Mensch sündigen muss. Gerade in dem, wovor die Juden in ihrem unversöhnten Stand erschraken und was sie Sünde heißen, machte Jesus die Herrlichkeit seiner Sohnschaft und die Herrlichkeit Gottes offenbar, die das weit überragt, was wir mit dem, was die Natur und das Gesetz uns geben, zu denken und von uns zu sagen imstande sind.

Gib mir, o Jesus, einen Blick in Deine Gemeinschaft mit dem Vater, damit mir Gott nicht fern und fremd bleibe, der Erhabene, den ich nicht kenne, der Heilige, von dem ich geschieden bin, der Richtende, den ich fürchten muss. Du warst bei uns als Deines Vaters Sohn und hast uns den mit ihm versöhnten Stand bereitet, damit auch wir den Vater finden, an ihn glauben und wirken, was Er durch uns wirkt. Amen.