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Predigten zu Lukas 15,19

"ich bin nicht mehr würdig, dein Sohn zu heißen; mache mich wie einen deiner Tagelöhner."

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Das Bild, das uns Jesus zeigt, ist schrecklich, gerade deshalb, weil er bei der Beschreibung des Reichen jeden grellen, hässlichen Zug vermieden hat. Er beschreibt ihn nicht als harten Wucherer oder als mit Dirnen schmausend. Seine Kunst besteht darin, dass er sich aus jedem Tag ein Fest zu machen weiß und die Bedeutung seiner Person zur Geltung bringt, auch im kostbaren Gewand mit seiner farbigen Pracht. und unmittelbar vor seinem behaglichen Heim, in dem jeder Tag zum Festtag wird, liegt menschliches Elend in nackter Schrecklichkeit. Wie sollte ich den Zorn Jesu nicht verstehen? Heißt er es Sünde, reich zu sein? So reich zu sein, heißt er freilich eine den Reichen verderbende Sünde, und sie ist es auch. Was wird an einem solchen Menschen Göttliches sichtbar? Nichts als Gottes Geduld, die ihn durch Güte zur Buße leiten will, doch umsonst. Blindheit wird hier sichtbar, die nichts kennt als das eigene ICH und seine Wünsche. Hier ist jeder Strahl der göttlichen Wahrheit erloschen und der purpurne Mantel zur Decke geworden, die das Auge völlig blendet. Härte macht sich hier breit, die das Leben des anderen als gleichgültig zerstört. Das ist nicht Gottes Art. Dieses Leben fällt unter das hart klingende und doch so wahre Wort des Paulus: sein Gott war sein Bauch. Wie können wir an Jesus glauben, wenn Er hier nicht zürnte, wie Ihn ehren, wenn Er hier nicht richtete? Aber auch indem er richtet, bleibt er der Zeuge der göttlichen Güte. „Dein Gutes hast du empfangen in deinem Leben“, so lautet der Urteilsspruch, an dem das Flehen des Reichen scheitert. Dir ward Gutes gegeben; du aber hast aus dem Guten, das du empfangen hast, das Böse gemacht, und was dir zum Leben gegeben ward, in Tod verwandelt.

Barmherziger Gott, ich und nicht ich allein, sondern unser Volk bedarf den Schutz gegen das Verderben, das unser Besitz uns bereitet. An Gütern fehlt es uns nicht; aber wir töten uns mit ihnen. Denn wir vergessen Dich. So wird aus dem, was Deine Güte unserem Volke gab, unsere Schuld. Gib uns Dein weckendes und heilendes Wort in Kraft. Kein Name ist uns zum Heil gegeben als der Deine, der uns über unseren Besitz hinauf in die Freiheit führt. Amen.