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Predigten zu Matthäus 25,5

"Als aber der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein."

Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Da nun der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein."

Diese Worte Christi von den zehn Jungfrauen sehen wir täglich vor unseren Augen in Erfüllung gehen in der unbegreiflichen Schläfrigkeit und Lauigkeit, die im allgemeinen in der Christenheit vorherrscht. Die Welt ist tot, selbstsicher und verstockt. Heuchler betrügen sich von Jahr zu Jahr mit falschem Christentum und falscher Hoffnung. Die Erweckten und die Christen werden vergesslich, schläfrig, saumselig, bleiben auf halbem Wege stehen oder kehren ganz in den geistlichen Tod zurück.

Und die Ursache ist die, dass der Bräutigam verzog. Die Zeit wird lang und einförmig. Es ereignet sich nichts Merkwürdiges und Ungewöhnliches. Es ist heute wie gestern, und in einem Jahr wie im anderen. Man sieht keine besonderen Zeichen der Wiederkunft des Herrn. Die Gottlosen freuen sich in allem Wohlergehen, scheinen glücklich, sicher und froh. Wer den Herrn fürchtet und das Unsichtbare sucht, wird als Tor verlacht; er hat oft Unglück und Widerwärtigkeit, tausend fesselnde Sachen kommen vor sein Ohr und Auge, und sein Herz ist der Erde zugeneigt. Alle reden für die Welt, niemand aber oder nur wenige kommen uns mit einem Wort der Warnung, der Erweckung oder des Trostes entgegen. Das Wort Gottes wird versäumt, das Gebet, das Bekenntnis und damit die Verfolgung bleiben aus. Hier ist darum der böse Tag und die Macht der Finsternis, wo auch ein Christ schläfrig, kalt wird. Und schläft er lange, dann kann dabei wohl auch das Öl, das er einst hatte, austrocknen; er wird sicher, verstockt und geistlich tot.

Die Schläfrigkeit und Kälte, in die auch lebendige Christen fallen, erweist sich darin, dass das Geistliche und Himmlische ihnen zuzeiten gering und unwichtig, dagegen das Irdische groß und wichtig wird. Sie erweist sich darin, dass ein Christ zu gewissen Zeiten mit sich ganz zufrieden und ganz sicher wird, keine Beschwerde von der Sünde spürt, keinen Streit zwischen dem Geist und dem Fleisch, keine Furcht vor dem Feinde hat, sich selbst in keiner Weise beargwöhnt, ähnlich wie Petrus, der wenige Stunden, bevor er seinen Herrn verleugnete, noch versicherte: "Wenn sich auch alle an Dir ärgern, werde ich mich doch nimmermehr ärgern." Was den redlichen Geist kennzeichnet und einen lebendigen Christen von einem toten unterscheidet, ist dies, dass der erstere bald in Besorgnis über sich gerät, bald einen erweckenden Blick von seinem Herrn erhält und hinausgeht und bitterlich weint. Oder wenn es mit der Sicherheit so weit geht, dass Gott äußere Mittel zur Strafe und Züchtigung anwenden oder einen strafenden Nathan senden muss, dann lässt er es sich zum Nutzen gereichen, nimmt die Warnung und Bestrafung zu Herzen, bekennt seine Sünde und Schläfrigkeit und will besser werden.

Dagegen gilt als Zeichen dafür, dass der Schlaf und die Sicherheit in Verstockung und Tod übergegangen sind, oder als Zeichen eines falschen Christen, wenn man immerfort zufrieden und ruhig ist, sich nicht warnen lässt, sondern entweder wie Judas Ischarioth mit einer bewussten Sünde fortfährt und sie leugnet, verbirgt und verteidigt, oder wie die törichten Jungfrauen äußerlich in allen Dingen den klugen ähnlich ist, dabei aber in der verborgenen Tiefe des Herzens der Erfahrung der Gnade und des Lebens ermangelt und es in aller Stille damit bis auf weiteres beruhen lässt, - bis die Tür verschlossen ist! O, welch ein erschrecklicher Zustand, wenn ein Mensch nicht mehr die Fähigkeit zu ernstlicher Besinnung hat, nicht mehr fähig ist, stillzuhalten und die Fragen seiner Seele zu bedenken, sich vor sich selbst zu fürchten und sich zu misstrauen. Aber so ist die menschliche Natur, ein erschreckliches wahres Bild des Todes, der die Folge des Sündenfalles werden sollte, eine wahre Bedeutung der Beschreibung in Röm. 3,18: "Es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen." Sie hören, sie lesen und sie glauben, dass tausend andere betrogen werden, aber sie befürchten nicht, dass sie selbst es möglicherweise auch werden können. Sie lesen, sie hören die bezeichnenden Merkmale ihres Zustandes, aber sie schlagen es in den Wind und wenden sich wieder zu Kleinigkeiten.

Wir erkennen hier die Wahrheit dessen, was Luther sagt, dass nämlich, "wer sich nicht fürchtet, sich mit Grund fürchten müsse", erschreckt werden müsse. Denn sich nicht zu fürchten, nicht Argwohn gegen sich selbst hegen zu können, in einer geheimen, lieben Sünde zu leben und es nicht für gefährlich zu halten, oder in seiner Frömmigkeit mit sich zufrieden zu sein, - sieh, das sind finstere Zeichen eines verborgenen, heimlichen Todes, sind Vorspiele eines ewigen Jammers. Es ist gerade ein bezeichnendes Merkmal der rechten, der wahren Christen, dass sie einen Geist der Furcht haben; sie beargwöhnen sich selbst, sind bange, sich zu betrügen, sind mit sich selbst unzufrieden; und wenn sie sich schläfrig und nachlässig fühlen, sind sie gerade darüber am meisten besorgt. Dieser Geist der Furcht ist auch die rechte Wachsamkeit und bewirkt, dass das Schaf sich dicht an den Hirten hält, dass die Küchlein beständig unter den Flügeln der Henne bleiben, ja, dass die Gläubigen täglich Christi Gerechtigkeit suchen, sich in dieselbe kleiden und deshalb zu allen Stunden vor dem Zorn gerettet sind, bewahrt vor allem, was kommen wird, und zu allen Stunden bekleidet und bereit, vor dem Menschensohn zu stehen.

Bewahre meine Seel', O mein Immanuel, Dass sie nicht träume Und ja an ihrem Teil Bei dem erworbnen Heil Sich nicht versäume.