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Predigten zu Psalm 13,1

"Bis wann, der HERR, willst du meiner vergessen immerdar? Bis wann willst du dein Angesicht vor mir verbergen?"

Autor: Charles Haddon Spurgeon (* 19.06.1834; † 31.01.1892) englischer Baptistenpastor
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»Bis wann?« Diese Frage wird nicht weniger als viermal wiederholt. Das weist auf das höchst intensive Verlangen nach Befreiung und auf große Herzensangst hin. Oder sollte auch einige Ungeduld darunter gemischt sein? Wäre es dann nicht ein noch genaueres Bild unserer eigenen Erfahrungen? Es ist nicht leicht, das Verlangen davor zu bewahren, in Ungeduld abzugleiten. O, welche Gnade ist es, wenn wir beim Warten auf Gott davon abgehalten werden, einen murrenden Geist zuzulassen!

»Wie lange, o HERR? Willst Du mich vergessen immerdar?« Ach, David, du redest wie ein Tor! Kann Gott vergessen? Kann die Allwissenheit an Gedächtnisschwäche leiden? Viel mehr noch: Kann das Herz des HERRN Sein eigenes geliebtes Kind vergessen? O, Brüder, lasst uns solche Gedanken vertreiben! »Immerdar?« Welch finsterer Gedanke! Eine zeitweilige Vergesslichkeit anzunehmen, wäre gewiss schlimm genug; aber sollten wir die schreckliche Frage aufwerfen und uns vorstellen, der Herr werde Sein Volk für immer verwerfen? Nein, Sein Zorn mag eine Nacht dauern; aber Seine Liebe bleibt ewiglich. »Bis wann willst Du Dein Angesicht vor mir verbergen?« Das ist eine weit vernünftigere Frage; denn Gott kann Sein Angesicht verbergen und doch unser gedenken. Ein verborgenes Angesicht ist nicht ein Zeichen für ein vergessliches Herz. Aus Liebe verbirgt Er Sein Angesicht; doch ist es für ein wirkliches Kind Gottes schrecklich, wenn sein Vater das Angesicht verbirgt, und es wird sich nie mehr wohlfühlen, bis Gott ihm wieder zulächelt. »Bis wann soll ich Sorgen hegen in meiner Seele?« Im Hebräischen liegt darin der Gedanke an ein Anhäufen der sorgenvollen Gedanken, so als seien die Sorgen unzählig und gleichwohl vergeblich. Indem wir so denken, gleichen wir oft David, der immerzu und Tag und Nacht überlegte und doch kein passendes Mittel fand, seinem Kummer zu entfliehen. »Bis wann soll sich mein Feind über mich erheben?« Kaum etwas tut den Ohren eines bekümmerten Menschen mehr weh als das Gelächter der Feinde. Denn dass sich der Teufel über uns lustig macht, gibt uns den Rest und lässt unsere Geduld zusammenbrechen; darum lasst es uns zu einem Hauptthema bei unserem Flehen um Barmherzigkeit machen!

Der sorgfältige Leser wird merken, dass die Frage: »Bis wann?« vier Ebenen hat. Der Kummer des Schreibers wird dargestellt, wie er zu sein scheint, wie er ist, wie er sich auf ihn selbst und wie er sich auf seine Feinde auswirkt. Wir neigen alle dazu, auf der schlechtesten Saite zu spielen. Wir bauen Gedenksteine über den Gräbern unserer Freuden. Wer aber denkt daran, Denkmäler des Lobes für die empfangenen Barmherzigkeiten zu errichten? Wir schreiben vier Bücher voller Klagelieder und eins über Lobgesänge und kennen uns viel besser aus mit dem Herausjammern eines Miserere als mit dem Singen eines Te Deum.