Buch-Rezension: Carl Gustav Jung - Der getriebene Visionär

Carl Gustav Jung

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Mit diesem Buch legt Els Nannen eine deutlich erweiterte und überarbeitete Neuauflage ihres 1991 im Schwengeler Verlag erschienenen Buches vor. Auch in der jetzigen Form - das räumt die Autorin selbst ein - kann und will das Buch nicht dem Gesamtwerk Jungs Rechnung tragen. Trotzdem ist es sehr gut dazu geeignet, sich einen fundierten Eindruck zu verschaffen. Die Dreiteilung „Leben - Werk - Wirkung“ ist gerade bei C.G. Jung sehr hilfreich, weil seine Lebensgeschichte geradezu der Schlüssel zum Verständnis seiner Psychologie darstellt.

An Jungs Leben kann man z.B. hervorragend erkennen, wie ein Mensch durch die Gnostik gegenüber dem schlichten Glauben an das geoffenbarte Wort immunisiert werden kann. Man versteht umso besser, warum Paulus in aller Schärfe gegen diese dämonische Lehre vorgegangen ist. Interessant ist der Hinweis, dass es eben nicht das christliche Milieu war - nämlich der gläubige Vater und dessen theologische Sicht vom Christentum - das Jung von der Kirche und dem Christentum entfremdete. Es war vielmehr ein okkulter Traum in seiner Kindheit, den er als „Gnadenerlebnis“ interpretierte, der die Tür zur Finsterniswelt öffnete und gleichzeitig den Zugang zu dem lebendigen Gott verschloss. Der Hang zur besonderen okkulten Erfahrung erwies sich im Leben Jungs offenkundig stärker als die aufrichtige Suche nach Wahrheit.

Im zweiten Teil arbeitet die Autorin heraus, wie der okkulte Hintergrund von C.G. Jung in seine Theoriebildung einfließt, so z.B. bei der Gleichsetzung paranormaler Fähigkeiten mit dem rationalen Denken und Fühlen oder bei dem Postulat eines kollektiven Unbewussten und der Beschreibung der diversen Archetypen.

Der dritte Teil, in dem die Wirkung der Jung’schen Psychologie behandelt wird, hat hohe Aktualität, zumal wir seit ca. zwei Jahrzehnten so etwas wie eine Renaissance der Analytischen Psychologie Jungs beobachten können. Dem postmodernen Denken mit seiner Abkehr von dem Rationalismus des 20. Jahrhunderts und der Hinwendung zu einer undifferenzierten Spiritualität (Esoterik, New Age, Neumystizismus, Charismatik) scheint die Psychologie Jungs entgegenzukommen. Interessant ist die Darlegung der Rezeption Jungscher Lehre innerhalb der Charismatischen Bewegung, die sich mit deren besonderen Affinität zum charismatischen Glaubensverständnis erklärt.

Etwas unglücklich und wenig leserfreundlich finde ich die Literaturverweise in Form der Zahl, die das jeweilige Buch im Literaturverzeichnis innehat. Jedes Kapitel hat aber sein eigenes Literaturverzeichnis mit eigener Zählung. Wenn man nun wissen will, aus welchem Buch zitiert worden ist, muss man das jeweilige Literaturverzeichnis aufschlagen, das aber schwer zu finden ist, zumal die Verzeichnisse auch nicht im Inhaltsverzeichnis aufgeführt sind. Das sollte bei einer weiteren Auflage unbedingt gerändert werden.

Insgesamt kann das Buch jedem empfohlen werden, der sich ein Bild von C. G. Jung und seiner Lehre verschaffen möchte, ohne sich einen Wust an Original-Literatur einverleiben zu müssen.

Els Nannen hat die wesentlichen Fakten akribisch zusammengetragen und sie in biblisch fundierter Weise beurteilt. Das Buch sei aber auch all den Christen empfohlen, welche die okkulten Tiefen der Analytischen Psychologie nicht erkannt haben und immer noch meinen, C.G. Jung im Rahmen christlicher Seelsorge ihre Referenz erweisen zu müssen. Roland Antholzer

 Die Rezension/Kritik stammt von: Wolfgang Bühne
 Kategorie: Biografien, Lebensbilder

  Verlag: Christliche Literatur-Verbreitung (CLV)
  Jahr: 2003
  ISBN: 978-3893972982
  Seiten: 320
 €    Preis: 9,90 Euro