Buch-Rezension: Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien

Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien

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Es ist dem neuen, bibeltreuen VTR-Verlag in Nürnberg zu danken, dass er dieses wichtige Standardwerk über die Glaubwürdigkeit des Neuen Testaments elf Jahre nach seiner amerikanischen Erstauflage nun auch in deutscher Sprache herausbringt. Die durch die Leben-Jesu-Forschung seit dem 19. Jahrhundert in Frage gestellte Glaubwürdigkeit der vier Evangelien - die auch in den letzten zehn Jahren wieder zur Diskussion steht - wird durch dieses wichtige Buch neu bekräftigt. Es entspringt aus einer langjährigen Zusammenarbeit von evangelikalen Neutestamentlern in England und Amerika, die sich um die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Evangelien in mehreren Publikationen (Gospel Perspectives) verdient gemacht haben und deren Ergebnisse hier zusammengefasst werden.

Blomberg, Professor für Neues Testament am Denver Theological Seminary in den USA, beschäftigt sich mit den scheinbaren Unstimmigkeiten in den Evangelien. Er versucht in einer ausgewogenen Art und Weise, die historische Zuverlässigkeit und Widerspruchslosigkeit der Synoptiker nachzuweisen. In kurzen aber keineswegs oberflächlichen Kapiteln werden fast alle dementsprechenden Problemfelder abgehandelt. Seien es die Wunderberichte, die scheinbar widersprüchlichen Theologien, die chronologischen Probleme oder Auslassungen und Dubletten, die Spannungen zwischen den Synoptikern, dem Johannesevangelium und den außerbiblischen Jesusquellen: Blomberg gibt fundierte Antworten, ohne sich zu verbiegen oder vorschnell zu Harmonisieren. Auch seine ausgewogenen Ausführungen über die Form- und Redaktionsgeschichte sind gut nachvollziehbar. Er plädiert immer wieder dafür, die neutestamentlichen Texte unter dem Wirklichkeitsverständnis der damaligen Zeit zu interpretieren, was manche für uns "moderne" Menschen ungewöhnliche Diskrepanzen sofort erklärt. Der Wahrheitsgehalt des biblischen Textes bleibt z.B. auch dann unberührt, wenn in der Antike Zitate nicht mit Fußnotenbeleg und Anführungsstrichen angeführt werden.

Einige Anmerkungen des Autors über die Freiheiten der neutestamentlichen Autoren, die Worte Jesu formal leicht abzuändern, um einen bestimmten Sachverhalt herauszuheben oder den Adressaten verständlich zu machen, wären zu diskutieren und sind selbst unter bibeltreuen Theologen umstritten. Meines Erachtens müsste dabei mehr bedacht werden, dass einige ähnlich klingende Begebenheiten an zwei unterschiedlichen Orten passiert sein könnten. Hier wird man jedoch nie zu sicheren Schlüssen kommen.

Die Literaturangaben für die deutsche Ausgabe wurden auf den neuesten Stand gebracht, auch wenn einige neuere bibeltreue Werke von deutschen Autoren fehlen. Leider ist die Übersetzung teilweise etwas schwerfällig und umständlich. Das Buch ist allgemeinverständlich geschrieben und eignet sich daher auch für theologisch-interessierte Laien. Mehr für Theologen geeignet ist eine weitere empfehlenswerte Neuerscheinung des Autors: Craig Blomberg, Die Gleichnisse Jesu, Wuppertal: Brockhaus Verlag, 1998. Alles in allem: eine der wichtigsten Neuerscheinungen der letzten Jahre, die auch dem Anliegen des Bibelbundes entgegenkommt und die so brennende Bibelfrage voranbringt.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Stephan Holthaus
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Verlag für Theologie und Religionswissenschaft (VTR)
  Jahr: 1998
  ISBN: 3-933372-16-X
  Seiten: 296
 €    Preis: 3,95 Euro