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Buch-Rezension: Die Offenbarung - Das Buch, das glücklich macht: Eine Lese- und Glaubenshilfe zum letzten Buch der Bibel

Die Offenbarung

Autor:

Ulrich Neuenhausen ist Leiter des Forum Wiedenest und will eine Lese- und Glaubenshilfe zum letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, geben. Verschiedene Grafiken und Tabellen sollen die Sicht des Autors verstehbarer machen. Einige mittelalterliche Stiche illustrieren das Buch. Er nennt es „das Buch, das glücklich macht“. Gewonnen hat er das aus zwei Seligpreisungen (von insgesamt sieben) aus dem ersten und letzten Kapitel dieses Buches. Den Anstoß zum Schreiben des Buches erhielt er u.a. aus der Erfahrung mit einem Freund, der psychisch erkrankte, weil dieser sich vor den Katastrophen der Offenbarung zu fürchten begann (S. 7).

Sein Werk will aber „kein Kommentar, sondern eine Lesehilfe zum Selbstverstehen“ sein (S. 8). Trotzdem ist es natürlich ein Kommentar, denn der Verfasser stellt eine einzige populäre Auslegungstradition in den Mittelpunkt, die das ganze Buch prägt.

Auch die Empfehlung seines Kollegen Stenschke ist leicht irreführend, weil U. Neuenhausen gerade nicht unterschiedliche Positionen zur Offenbarungsauslegung bespricht (oder wenigstens andeutet). Man findet in dieser Hinsicht nur ganz spärliche Spuren und einige ablehnende Hinweise.

Als Schlüssel für die vielen Bilder in der Offenbarung gelten dem Autor diejenigen, die im Alten Testament ähnlich verwendet wurden. Er versucht, sie im gleichen Sinn zu verstehen, wie sie dort gebraucht sind. Und den Sinn der Bilder sieht er darin, dass ihre Bedeutung für bestimmte Menschen nicht erkennbar sein sollte (S. 22), z.B. für die damalige römische Geheimpolizei (S. 43), was aber zumindest fragwürdig ist. Nicht so hilfreich sind Bibelstellen aus dem Neuen Testament, die der Autor heranzieht, um Offenbarungsinhalte zu erklären, vor allem dann, wenn der Paulus- oder Petrustext in eine ganz andere Richtung zielt.

Der Verfasser erkennt keine „Zeitleiste“ und keinen „Fahrplan“ im letzten Buch der Bibel und kann (und will) die Frage, „wo“ wir uns in der Offenbarung befinden, deshalb nicht beantworten (S. 63). Das kann er natürlich nicht ganz durchhalten, denn er ist zwar überzeugt, dass „Gott nicht in chronologischen Zeitläufen spricht … Trotzdem kommt Gottes Zukunft“ (S. 64).

Und spätestens ab Kapitel 19 hätte er dem Leser – auch im Sinn seiner Spiral-Interpretation – zeigen können, wie die Zukunft innerhalb der Offenbarung im Sinne von „und dann, danach“ fortschreitet, anstatt die „chronologische“ Deutung weitgehend als falsche Herangehensweise zu diffamieren.

Den programmatischen Vers Offb 1,19Schreibe, was du gesehen hast, was ist und was kommen wird“, lässt er leider völlig unbeachtet. Denn hier wird durchaus Zukünftiges im Sinn eines „fortschreitenden“, chronologischen Ablaufs angedeutet. Außerdem sind die inhaltlichen Parallelen zwischen den Abläufen der Weltereignisse in den Endzeitreden von Jesus (chronologisch intendiert) und einzelnen Passagen der Offenbarung doch sehr auffällig. Da geht es z.B. durchaus um eine zunehmende Zuspitzung des Abfalls von Gott (siehe auch die Einschätzung bei Paulus), einschließlich zunehmender Katastrophen. Es ist eben nicht immer einfach alles „gleichzeitig“ (was ja durchaus hier und da der Fall sein kann) oder nur „spirituell-existentialistisch“ auszulegen.

Für U. Neuenhausen ist die Offenbarung quasi wie ein großes Gleichnis zur Bewältigung von stets wieder aktuell werdenden bedrohlichen Zeiten der Gemeinde Jesu, was eine hilfreiche, erbauende Beobachtung sein kann. Doch man muss wirklich nicht gleich in eine spekulative Hysterie und Panik verfallen, wenn man „chronologische Entwicklungen“ im Gerichtshandeln Gottes an der Welt gemäß der Aussagen der Offenbarung (oder der Endzeitreden Jesu) wahrnimmt.

Eine Schwäche ist auch in seiner erbaulichen Kommentierung der Kap. 6-18 zu erkennen. Denn genau da sollte man erwarten, dass Neuenhausen die unterschiedlichen Auslegungsvarianten alternativ skizziert, um wenigstens anzudeuten, dass er als Ausleger sich teilweise auf recht unsicherem Boden bewegt und andere Ausleger einzelne Passagen begründet ganz anders auslegen.

Im Anhang geht der Autor ausführlicher auf einige Begriffe ein, die im Buch vorkommen und markiert sind, z.B. Entrückung. Für ihn kommt Jesus Christus auf dem Höhepunkt der Macht des Antichristus im Triumph auf die Erde zurück. Die Gemeinde wird ihm entgegengerückt und schließt sich seinem Triumphzug in Richtung Erde an, wo nach dem Sieg über die Nationen das 1000-jährige Reich aufgebaut wird (S. 170).

In der Erklärung dieses Reiches hält sich der Autor allerdings so zurück, dass man nicht sicher ist, ob er selbst damit rechnet (S. 145ff; 174f.). Auch andere Deutungen bleiben merkwürdig in der Schwebe (z.B. die zwei Zeugen), als ob sich der Autor nicht festlegen will, andere erscheinen im Kontext fragwürdig (z.B. die 144.000).

Es ist nicht wirklich hilfreich, in allen möglichen Erscheinungen und Bildern der Kapitel 6-18 die Gemeinde zu sehen oder hineinzulesen. Hier enthält der Autor dem Leser die Schwierigkeiten einer Detailexegese leider vor. Die Unterscheidung von Israel und Gemeinde lehnt der Autor ab. Offenbar will er vor allem der klassischen dispensationalistischen Sicht entgegentreten – warum, wird nicht erklärt. Die Gleichsetzung von aktuellen politischen Ereignissen, Mächten und Figuren mit apokalyptischen Bildern der Offenbarung, gegen die Neuenhausen sich primär zu wenden scheint, ist jedenfalls im theologischen Kern ganz und gar nicht dispensationalistisch (was aber so scheinbar unterstellt wird). Auf diese „spekulativen Auslegungsrichtungen“ (die ja zurecht zu kritisieren sind) geht das Buch dann aber leider nicht weiter ein, es verwirft sie lediglich als unzulässig.

Das Buch liest sich nicht immer so leicht, wie im Rückentext angekündigt, gelegentlich sogar etwas verwirrend, weil manchmal gegen die literarische Struktur des Textes und den Literalsinn gedeutet wird. Die exegetische Grundlage seiner Auslegung fehlt oft. Die vorliegende Darstellung ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die Offenbarung auszulegen, und nicht die einzige, dieses Buch der Bibel als Trostbuch zu verstehen. Sie hat wie alle anderen auch deutliche Schwächen und Stellen, die sie nicht (sinnvoll) im Sinne einer Lese- und Glaubenshilfe erklären kann.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Dr. Berthold Schwarz
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: jOTA Publikationen GmbH
  Jahr: 2011
  ISBN: 978-3-935707-70-1
  Seiten: 178
 €    Preis: 14,95 Euro

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