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Buch-Rezension: Die Tora. In jüdischer Auslegung

Die Tora. In jüdischer Auslegung

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Es ist ein großes Werk, das zuerst 1981 in den U.S.A. herauskam und sich inzwischen in vielen Synagogenbänken der englischsprachigen Welt findet. Der „Plaut“ gilt als Standardwerk jüdischer Tora-Interpretation des Reformjudentums und erschien 1999 erstmals auf Deutsch.

Das Reformjudentum, das im frühen 19. Jahrhundert in Deutschland entstand, ist die liberalste der Hauptgruppen im Judentum. Nach ihrer Meinung muss das biblische und rabbinische Gesetz mit dem menschlichen Urteilsvermögen und durch zeitgemäße wissenschaftliche Methoden bewertet werden. Nach Meinung dieser Gruppe spiegelt die Tora „die kollektive Erinnerung unserer Vorfahren, und im Lauf der Jahrhunderte wurden diese Erzählungen die Quelle der Wahrheit für die Kinder Israels“ (S.22).

In der Einleitung zur Tora findet man nach einer Beschreibung ihrer Bedeutung für das Judentum ein kurzes Kapitel über den Pentateuch im Christentum und ein Kapitel über die fünf Bücher Mose aus der Sicht des Islam.

Die Gliederung des kommentierten Bibeltextes ähnelt dem dreijährigen Tora-Lesezyklus in den Synagogen. Der hebräische Bibeltext entspricht der masoretischen Textversion, die im 10. Jahrhundert nach Christus in Tiberias entstand. Der Text selbst findet sich in der Regel auf den rechten Buchseiten, ganz rechts, die deutsche Übersetzung darunter. Es handelt sich dabei um eine sprachlich behutsam angepasste Übersetzung von Moses Mendelssohn. Diese deutsche Übersetzung erschien zuerst 1783 in Berlin und war damals in hebräischen Buchstaben verfasst, weil die meisten der jüdischen Zeitgenossen Mendelssohns die deutsche Schrift nicht lesen konnten.

Auf der gegenüberliegenden Buchseite findet man die Kommentare und eine literarische Auslese. Besonders wertvoll erschienen dem Rezensenten die Erklärungen zum Text, die sich links neben dem hebräischen Wortlaut befinden. Die Kommentare entsprechen dem liberalen Denken, wobei sie fairerweise manchmal konservative Standpunkte danebenstellen, ohne zu werten. Die literarische Auslese enthält oft interessante Bemerkungen auch aus sehr alten Texten (Midrasch, Philo). Zu dem betreffenden Abschnitt oder Begriff finden sich immer wieder ansprechende Illustrationen aus alter und neuerer Zeit.

Trotz der liberalen Grundhaltung ist das Werk eine Fundgrube für das Verständnis und die Auslegung der fünf Bücher Mose und eine bibliophile Kostbarkeit, sieht man vom Umschlag der Sonderausgabe ab.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Karl-Heinz Vanheiden
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: Gütersloher Verlagshaus
  Jahr: 2008
  ISBN: 978-3-579-05491-9
  Seiten: 2128
 €    Preis: 128,00 Euro