Buch-Rezension: Ich kämpfte für Allah - Eine Frau auf der Suche nach der Wahrheit

Ich kämpfte für Allah

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Das Buch ist ein spannendes Zeugnis einer heimgekehrten verlorenen Tochter. Es beschreibt den Weg einer jungen Frau, die aus behüteten Verhältnissen ausbricht, sich zum Islam bekehrt und dort engagiert mitarbeitet. Wie beim verlorenen Sohn zwingt sie die äußere und innere Not dann zur Umkehr und Heimkehr.

Die Veröffentlichung ist sinnvoll in drei ungleiche Teile gegliedert. Der zweite Teil ist der umfangreichste. Er bildet den Schwerpunkt der Erzählung und handelt von den Erfahrungen der jungen Frau im Islam. Diese Erfahrungen sind eindrucksvoll. Sie machen neugierig, über den Islam Näheres zu erfahren. Diesem Interesse kommen drei Islamkenner jeweils mit einem Exkurs entgegen. Die Exkurse sind ausgezeichnet und passen gut in die Absicht des Buches, Kenntnisse über den Islam zu vermitteln, der in Europa zunehmend an Bedeutung gewinnt. Informiert wird man sowohl über die modernen Erscheinungsformen des Islam, als auch über seine Entstehung, Ausbreitung und Theologie. Wertvoll sind Beschreibungen der praktischen Frömmigkeit und Denkweise der Muslime.

Es werden Unterschiede zwischen Christentum und Islam sowie Möglichkeiten und Grenzen eines Dialogs aufgezeigt. Dabei ist der Begriff Dialog natürlich vorbelastet und nicht unproblematisch. Horst Afflerbach geht darauf ein und merkt an, dass ein Dialog den "Ausschließlichkeitsanspruch" Jesu Christi "nicht ausschließen darf" (S.51). Beim Dialog geht es nicht nur um Gedankenaustausch, sondern und vor allem um das Bezeugen des Evangeliums. Letzteres wird auch im Buch ganzheitlich gesehen. Eine Reduktion des Zeugnisses aufs Reden ist genauso falsch wie die Einstellung, dass die christliche Präsenz schon zeugnishaft genug wäre. Christliches Zeugnis ist an Zeugen gebunden. Es umfasst Reden, Tun, Erscheinungsbild und Lebensweise des Zeugen. All dies versteht sich inklusive seiner Möglichkeiten und Grenzen.

Alle drei Autoren scheinen angesichts evangelistischer Dringlichkeit am faden modernen Christentum zu leiden. Afflerbach bringt dies gut zum Ausdruck: "Kann es sein, dass sich viele echte Christen des Evangeliums von Christus schämen und deshalb nicht erkennbar und auffindbar sind? Kann es sein, dass sie ihre Lichter unter den Scheffel gestellt haben und dass es deshalb so dunkel ist? Kann es sein, dass ihr Salz kraftlos und wirkungslos geworden ist? Warum erkennt man echte Christen so wenig und echte Muslime sofort? Warum beten Muslime öffentlich und bekennen ihren Glauben, während Christen schweigen?" (S.53). Diese Fragen machen tief betroffen.

Noch etwas anderes macht beim Lesen des Buches betroffen. Es ist die Frage der so genannten Vergangenheitsbewältigung, bzw. die Frage der Schuld des Sünders. Wer kann die Schuldfrage lösen? Nur der, der die Sünde ans Kreuz getragen hat. Diese Wahrheit wird gut hervorgehoben. Die andere Seite jedoch, und zwar die, dass ein Sünder seine persönliche Schuld zu bekennen hat, kommt meines Erachtens zu kurz.

Nun gäbe es dafür eine ganze Reihe von Rechtfertigungen. Etwa: Johanna berichtet nicht jede Einzelheit ihrer Bekehrungsgeschichte; oder: Eine Lebensbeschreibung ist keine systematische Lehre; oder: Man freue sich doch darüber, dass jemand "heimgekehrt" sei; oder: Schließlich wisse sie doch, dass sie für ihre "Sünden in der Hölle landen" könnte und dass es "ganz real Sündenvergebung gibt."

All dies ist richtig. Richtig ist auch: Sie hat ihr Leben Jesus übergeben. Dennoch bleibt die Frage nach einem klaren persönlichen Bekenntnis der Schuld im Sinne von etwa Lk 15,18 ff oder 1Jo 1,9 im Buch unklar. Ist dies nur eine Stilfrage? Es mag sein. Und doch: Wenn eine Lebensbeschreibung die Notwendigkeit eines persönlichen Sündenbekenntnisses unterbetont, hat sie eine theologische Schieflage.

Sich aus einer selbstverschuldeten Misere lediglich nach Positivem auszustrecken, ohne persönliche Schuld klar und deutlich zu bekennen, reicht nicht aus. Sündenerkenntnis, aber auch Sündenbekenntnis sind wichtige Bestandteile einer Bekehrung. Bleibt das Bekenntnis aus, kann nur noch gehofft werden, dass dies lediglich eine Schwäche der Erzählung ist und nicht der Realität entspricht. Jedenfalls vermisst man das "Vater, ich habe gesündigt vor dem Himmel und vor dir."

Eine zweite Schwäche liegt auf der gleichen Ebene. Man hat den Eindruck, dass die Ursachen für Johannas Irrwege tendenziell in ihrer Umwelt und nicht bei ihr selbst gesehen werden. (Vielleicht fehlt deshalb bei der Umkehr ein klares Sündenbekenntnis?) Zu sehr ist sie Opfer ihres sozialen und religiösen Umfeldes und zu wenig Täter. Die persönliche Verantwortung für Johannas Werdegang ist in ihrer Selbstdarstellung ein wenig zu schwach ausgefallen.

Gewiss ist es schade, dass der Religionsunterricht keine Hilfe bot, dass der CVJM-Kreis den Schwenk zu Dritte-Welt-Aktionen machte, dass die Predigt an Pfingsten "nur fromme Parolen und Schlagworte" enthielt. Aber gab es da nicht auch noch betende Eltern, den liebevollen Herrn Blücher und sein warmherziges Heim? Auch an ansprechenden, verständlichen Einladungen zu Jesus zu kommen, fehlte es nicht. Die Sehnsucht im Herzen war ebenfalls vorhanden ...

All dies wird erwähnt, aber nur sehr spärlich auch positiv gewertet. Das spiegelt unser generelles menschliches Problem wieder: Eine geringe Wertschätzung der einladenden Güte Gottes. Statt nun bei unserer Lebensbetrachtung den Blick eben darauf zu lenken, werden wir ständig stimuliert, uns auf dem Hintergrund unseres Umfeldes zu interpretieren und hier auch die Ursachen für persönliche Fehlentwicklungen zu suchen. Das ist nicht schriftgemäß und verhindert die einfache und einfältige Bitte um Vergebung der persönlichen Schuld. Diese Bitte fehlt dann folgerichtig im dritten Teil des Buches. Dem Leser ist wohl klar: Es ist durchaus möglich, dass Johanna im wirklichen Leben sowohl tiefe Dankbarkeit als auch tiefe Sündenerkenntnis besitzt. Aber sie bringt dies in der sonst sehr ausführlichen Bekehrungsgeschichte nicht zum Ausdruck. Hierin liegt eine bedeutende Schwäche des Buches. Jeder Seelsorger ist bereit, im seelsorgerlichen Gespräch einem Lebenszeugnis jede Menge Schwächen und Unvollkommenheit zuzugestehen. Wenn jedoch ein Zeugnis veröffentlicht in Buchform erscheint und zudem von Theologen begleitet wird, dann ist man im Blick auf biblische Lehre, die im Zeugnis mitgeliefert wird, wesentlich empfindsamer.

Wenn Ernst Schrupp auf Seite 207 Johanna für ihre Offenheit dankt, dann kann man sich dem gut und gern anschließen. Der Leser wird gerade durch diese Offenheit in ihre Erlebnisse hineingenommen und entwickelt ein starkes Mitgefühl. Dennoch darf dies die Sensibilität gegenüber der Schriftwahrheit nicht verdrängen.

Im Ganzen ist das Buch lesenswert und an verschiedenen Stellen äußerst hilfreich.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Otto Wiebe
 Kategorie: Biografien, Lebensbilder

  Verlag: SCM R. Brockhaus
  Jahr: 2001
  ISBN: 3-417-11182-X
  Seiten: 208
 €    Preis: 12,90 Euro