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Buch-Rezension: Johann Sebastian Bach - Sein Leben in Bildern und Dokumenten

Johann Sebastian Bach

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Das Bachjubiläum 2000 ist auch an den evangelikalen Verlagen nicht spurlos vorübergegangen. Anlässlich der 250. Jährung von Bachs Todestag hat der Hänssler-Verlag unter anderem diese überarbeitete Neuauflage des 1985 zuerst erschienenen "Musikbuchs" vorgelegt. Es ist eigentlich ein Bildband in Hardcover-Ausführung, der Portraits, Stadtansichten und Stiche aus der Zeit ebenso wiedergibt wie Abbildungen Bachscher Autographen und moderne schwarz-weiß- und Farbfotos. Auf 191 Seiten zeichnet der Text die Lebensstationen des Kantors nach und stellt die familiären, musikalischen, weltlichen und geistlichen Bezüge her, die dem modernen Leser einen ziemlich vielgestaltigen Ersteindruck vom Leben und Wirken Bachs vermitteln. Auch der Kenner wird die unterhaltsame Zusammenstellung von Wort und Bild dankbar aufnehmen.

In dieser Zeitschrift interessieren uns im Blick auf Johann Sebastian Bach vor allem seine Einstellungen zu Bibel und Gemeinde. Verstreut über die Kapitel lesen wir dazu nur wenig und das ist altbekannt. Wir finden den theologischen Streit in Mühlhausen, der nebst anderen Faktoren den Musiker aus der Stadt vertrieben habe. Der direkte Vorgesetzte Bachs und Vertreter der "kirchenmusikfeindlichen pietistischen Richtung," Superintendent Johann Adolph Frohne von der St. Blasius-Kirche, stritt gegen den "altlutherischen orthodoxen" Christian Eilmar, Pastor der benachbarten St. Marien-Kirche, um den rechten Stellenwert der Kirchenmusik (S. 42). In diesem Klima konnte Bach seiner Berufung für "eine regulirte kirchen music zu Gottes Ehren" (S. 44) nicht letztlich nachkommen.

Dass ihn eine persönliche Freundschaft mit dem orthodoxen Eilmar verband, der auch Pate des erstgeborenen Bach-Kinds wurde, mehr aber noch sein weiterer Schaffensweg, legen es nach meiner Überzeugung nahe, dass der denkende Christ Bach ein pietistisch-frommes Leben ohne ein klares rechtgläubiges Glaubensbekenntnis nicht hatte leben wollen. Seine - als Pflichtprogramm! - entstandenen Kantaten wie auch die tiefgründigen Oratorienwerke geben beredtes Zeugnis davon.

Leider lässt sich genau diese These aus dem vorliegenden Buch weder erhärten noch verwerfen. Wohl widmet sich Fischer im vorletzten Kapitel dem Kirchenmusiker Bach. Er betont die - schon quantitativ - vorgeordnete Bedeutung der geistlichen Kompositionen Bachs gegenüber den säkularen Werken (S. 154-157). Im letzten Kapitel "SDG: Soli Deo Gloria" wird des Komponisten formschaffende "gläubige Demut" der "atheistischen Selbstüberheblichkeit" gegenübergestellt, die die Form "perveritert und zerstört" (S. 176). Bach, der in der großen ‚Aufklärung´ "geistig nichts bewegt"(!) habe, erscheint gar als Hoffnungsträger für eine junge Generation (S. 176-177). Jedoch bleibt sein eigentliches Glaubensleben weithin unbeleuchtet. Ganz im Dienst des Bibelwortes vermittelt Bach der Gemeinde den Inhalt des evangelischen Glaubens auf eine derart eindrückliche Weise, dass man ihm den Beinamen "der fünfte Evangelist" gegeben hat.

Warum konnte er das tun? Wie führte Bach sein Christenleben? Welche Stellung hatte er zur Heiligen Schrift, zum Heilswerk Jesu Christi? Davon erfährt man fast nichts. Schade. Gerade ein solches Kapitel hätte ich in einer Bachpublikation aus geschätztem und verdienten evangelikalen Hause erwartet. Man kann wohl eine kleine Beschreibung des Glaubens Bachs liefern, ohne dem Vorwurf (gegenüber manchen anderen konfessionellen Veröffentlichungen zurecht erhoben) ausgesetzt sein zu müssen, sich "seinen" Bach zurechtschreiben zu wollen.

Eine mehr als einstündige CD mit exemplarischen Ausschnitten aus der geistlichen und weltlichen Tonsetzerei des Künstlers runden die vorliegende Lebensschau ab und verkürzt uns einstweilen versöhnlich das Warten auf eine "zeitgenössische Darstellung der Theologie J.S. Bachs aus bibeltreuer Perspektive."

 Die Rezension/Kritik stammt von: Steffen Denker
 Kategorie: Biografien, Lebensbilder

  Verlag: SCM Hänssler
  Jahr: 2000
  ISBN: 3-7751-3437-9
  Seiten: 191
 €    Preis: 14,95 Euro