Buch-Rezension: Licht und Schatten des Erweckungschristentums - Ausprägungen und Herausforderungen pfingstlich-charismatischer Frömmigkeit

Licht und Schatten des Erweckungschristentums

Autor:

Der zuständige Referent für die Charismatische Bewegung (CB) und verwandte Strömungen bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen EZW legt hier unter dem leider etwas missverständlichen Titel des "Erweckungschristentums" eine differenzierte Würdigung und Kritik an der CB vor. Hempelmann argumentiert dabei nicht von einem evangelikalen Standpunkt aus, da er auch evangelikale und erst recht "fundamentalistische" Positionen im Buch kritisiert. Bei der CB lehnt er z.B. die mangelnde Ökumenefähigkeit und die fundamentalistischen Tendenzen ab - Punkte, die man auch bibeltreuen Christen außerhalb der CB vorwerfen könnte. Trotzdem ist dieses Buch lesenswert, denn es bietet manche bemerkenswerte Argumente, die in der innerevangelikalen Diskussion um die CB bisher zu wenig berücksichtigt wurden.

So weist Hempelmann z.B. mehrfach auf die Parallelen der CB mit den Ausprägungen der sogenannten Postmoderne hin, die sich im Drang nach individuellen Erlebnissen, in der Sehnsucht nach Emotionalität und ekstatischen Bewusstseinszuständen zeigen. Für die Interpretation der "Erfolgsgeschichte" der CB ist es eben wichtig zu wissen, dass sie auf bestimmte moderne Bedürfnisse des Menschen eingeht, so z.B. auf das Bedürfnis nach konkreter "Sichtbarkeit und Greifbarkeit der religiösen Erfahrung" (56). Im Kontext der Dritte-Welt-Länder führt die CB zu einer "Stärkung des Selbstvertrauens", einer "Erschließung der eigenen Emotionalität" und macht sprachlose Menschen durch die Zungenrede ausdrucksfähig (59). In diesen Ländern "integriert die Pfingstfrömmigkeit Elemente von Volksreligiosität" (119).

Der Autor ist ungemein kenntnisreich und versteht es, komprimiert zu schreiben. Er informiert ausführlich und kritisch über die Biblische Glaubens-Gemeinde in Stuttgart, Reinhard Bonnke und sein "Kreuz-Büchlein", Rodney Howard-Browne, den Vater des Toronto-Segens, über die "Dritte Welle" und die "Wort- und Glaubensbewegung". In Bezug auf die "Manifestationen des Geistes" versucht er, die menschliche Ebene als Erklärung heranzuziehen, ebenso beim Zungenreden. Wundersame Phänomene seien keine Beweise für die Gegenwart Gottes. Insgesamt sieht Hempelmann in der gesamten Bewegung eine Dominanz der "Erlebnisorientierung" gegenüber der "Bibelorientierung" (154).

Einige Teile des Buches wurden schon an anderer Stelle veröffentlicht, weshalb manche Wiederholungen vorkommen und die inhaltliche Stringenz der Gedankenführung manchmal fehlt. Trotzdem: Hempelmann bietet als Nichtevangelikaler und Nichtcharismatiker einige neue Aspekte für die Diskussion um die CB. Wenn man auch in manchen Dingen seiner Interpretation nicht folgen kann so ruft er in Erinnerung, dass es auch eine (zutiefst) menschliche Seite der CB gibt, die kritisch unter die Lupe zu nehmen ist.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Stephan Holthaus
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Quell
  Jahr: 1998
  ISBN: 3-7918-3441-X
  Seiten: 299
 €    Preis: 19,95 Euro

Weitere Buchbesprechungen zu Büchern von Reinhard Hempelmann

Handbuch der evangelistisch-missionarischen Werke, Einrichtungen und Gemeinden

Handbuch der evangelistisch-missionarischen Werke, Einrichtungen und Gemeinden