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Buch-Rezension: Neuer Kommentar über die Genesis

Neuer Kommentar über die Genesis

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In der Reihe "Neuherausgabe klassischer biblischer Kommentare" ist nun auch Franz Delitzschs Genesiskommentar (5. Auflage von 1887) erschienen.

Nach dem Geleitwort von Prof. Dr. Siegfried Wagner möchte man mit dieser Herausgabe den heutigen Bibellesern mit den Glaubenszeugnissen bekannt machen, die Delitzsch aus dem Text der Genesis zu erheben verstand, um sie für das eigene Bibelstudium mit Gewinn zu nutzen. Ohne Zweifel finden sich viele tiefgründige geistliche Einsichten in Delitzschs Auslegung. Die Ausgangsbasis seiner exegetischen Arbeit beschreibt er auf S. 37: "Wir werden die Genesis auslegen als Theologen und zwar als christliche Theologen d.h. als Bekenner Jesu Christi, welcher das Ziel aller Wege und Worte Gottes ist." In der Auseinandersetzung mit den kritischen Kollegen ist Delitzschs Vertrauen in die Wahrheit des biblischen Textes zu spüren. Im Gegensatz zu ihnen tritt er immer wieder für die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Genesis ein. Seine Exegese ist streng an dem ihm vorliegenden hebräischen Text ausgerichtet, so dass es dem Leser, der die biblischen Sprachen Hebräisch und Griechisch nicht beherrscht, schwer fallen wird, der Argumentation des Auslegers in allen Einzelheiten zu folgen. Auch ist dieser Kommentar gespickt mit vielen arabischen und lateinischen Vokabeln. Dadurch wird es dem Bibelleser gegebenenfalls einige Mühe bereiten, Delitzschs exegetische Arbeit für das eigene Studium der Bibel zu nutzen. Aber wer dies nicht scheut, dem werden manche Gedanken Delitzschs zum Gewinn sein.

Es sind jedoch auch einige kritische Anmerkungen zu diesem Werk nötig. Problematisch sind vor allem manche Aussagen Delitzschs, die er zur Verfasserschaft der Genesis macht. Z.B. S. 15: "Die Zeugnisse unmittelbarer Niederschrift durch Mose gehen also auf einzelne Teile der Thora, nicht auf die ganze Thora und vollends nicht auf den ganzen Pentateuch." Der Autor hat in der 5. Auflage seine Ergänzungshypothese aufgegeben und mehr die Textanalyse in Form der Quellenscheidung übernommen. Oder S. 97 zum Sündenfall: "Er ist sich bewusst, eine Sage weiterzugeben, welche sich aus dem Stammhause der Menschheit auf die Völker vererbt und da mancherlei Wandlungen erlitten hat. Er gibt sie so wieder, wie sie die Kritik des Geistes der Offenbarung bestanden hat." (Reden der Schlange). Ähnliche Aussagen auf S. 156 in Bezug auf die Sintflutüberlieferung.

Nun gibt es sicher verschiedene Auslegungsmöglichkeiten des biblischen Textes. Dass aber die Überzeugung, die biblischen Schöpfungstage als 24-Stunden-Perioden zu sehen, eine "kindische und alberne Vorstellung" sei, ist doch befremdlich. Einige weitere problematische Aussagen in Stichworten: Die Schrift wurde in Israel erst seit dem Auszug benutzt; es gab schon wilde Tiere vor Adam und dem Sündenfall; die Flut war kein globales Ereignis und anderes mehr.

Dass Delitzsch trotz mancher zeitgemäßen historisch-kritischen Ansichten an der "Wahrheit der biblischen Aussagen" festhält, scheint lobenswert. Unter die Kategorie der bibeltreuen Literatur ist der Kommentar aber sicher nicht zu zählen. Bei allen guten und geistlichen Einsichten sollte er aus den genannten Gründen nur mit Vorbehalt und kritisch benutzt werden.

 Die Rezension/Kritik stammt von: Volkmar Müller
 Kategorie: Kommentare, Auslegung, Lexika

  Verlag: Brunnen Verlag GmbH
  Jahr: 1999
  ISBN: 3-7655-9230-7
  Seiten: 560
 €    Preis: 49,90 Euro