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Buch-Rezension: Von der Weisheit des Glaubens - Jean Frederic Bettex als christlicher Apologet

Von der Weisheit des Glaubens

Autor:

Christoph Raedel bietet einen guten und leicht verständlichen Überblick zu den teilweise komplizierten christlich-theosophischen Gedankengängen von Frederic Bettex (1837-1915). In fünf Kapiteln stellt er die Glaubensüberzeugungen von Bettex und sein ernsthaftes theologisches und spekulatives Ringen mit den Konflikten zwischen Christentum und Naturwissenschaft seiner Zeit dar. Im 6. Kapitel fasst Christoph Raedel auf knapp 20 Seiten die Apologetik von Bettex zusammen und bietet eine Würdigung und Kritik von dessen Arbeit.

Das Buch lässt Frederic Bettex sprechen. Dabei werden seine Stärken und Schwächen für den bibellesenden Christen sichtbar.

Auf der einen Seite hat man Freude an seinem festen Glauben an das Wort Gottes und über die Verteidigung biblischer Aussagen gegen ihre Verneinung durch die allgemeinen naturwissenschaftlichen Überzeugungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dabei zeigt Bettex auf, dass wahrhafte naturwissenschaftliche Kenntnisse und die Bibel sich nicht widersprechen können. Lediglich die Folgerungen des Glaubens und des Unglaubens widersprechen sich. Viele seiner zutreffenden Formulierungen haben bis heute apologetischen Wert und können den Christusgläubigen ermutigen – was Bettex ja beabsichtigt hat.

Auf der anderen Seite kann man nur den Kopf schütteln über die unbiblischen Argumente, die althergebrachte Leib- und Geschlechtsfeindlichkeit (eine Folge der theosophischen Logik, die bis ins Mittelalter zurückreicht) oder über die unhaltbare Auslegung der sechs Schöpfungstage von 1Mo 1 als extrem dehnbare Zeiträume. Im Zusammenhang mit der Schöpfung ging Bettex von den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen seiner Zeit aus, die die Jahrmillion der Geologie als gesichert ansah, und von der Restitutionshypothese, die behauptet, dass zwischen 1Mo 1,1 und 1,2 die ursprüngliche Welt zerstört worden sei. Was die Leibfeindlichkeit betrifft, ist man im Lichte der klaren Textaussagen zum Sündenfall in 1Mo 3, der positiven Lehre der Sprüche über die Ehe und der Paulusworte (z.B. Eph 5) über die Folgerung verblüfft, der Mensch sei ursprünglich androgyn gewesen (S. 86).

Man gewinnt die Überzeugung, dass die Theosophie gesundet, wo der Biblizismus von Bettex vorherrscht, und dass die biblische Aussage leidet, wo die Theosophie vorherrscht. Dann wird mancher Gedankengang einfach zu spekulativ, wenn das auch oft sehr faszinierend ist. Immerhin hat Bettex aufrichtig und mit weitgehend biblischen Überzeugungen versucht, die Realitäten von Zeit und Ewigkeit zu ergründen.

Christoph Raedel betont in seinem Schlusskapitel, welche Herausforderung Bettex für die moderne Theologie darstellt. Bettex vertritt erstens „konsequent die Überzeugung, dass die Schöpfung nicht im Widerspruch zu ihrem Schöpfer stehen kann“. Zweitens zeigt Bettex auf, dass „‚objektive Wissenschaft‘ ein ideologisches Konstrukt ist“ (S. 109). Drittens weist Bettex auf die gegenseitige Ergänzung von Glauben und Wissenschaft hin. Viertens reduziert er die Wirklichkeit nicht auf das Sichtbare (S. 110).

Der Autor weist darauf hin, dass Bettex die wissenschaftliche Theologie auf drei Ebenen herausfordert (Seiten 126-127). Erstens weist die Beschäftigung mit Bettex darauf hin, wie das moderne Schriftverständnis unter einer einseitigen, überwiegend literarkritischen und ausschließlich menschenzentrierten Sichtweise leidet. Der Autor ruft dazu auf, sich zuerst durch die Schrift kritisieren zu lassen, bevor man sie kritisiert. (Vielleicht sollte hier besser gesagt werden, dass wir die Bibel „akkurat und mit Demut studieren“ sollen, statt sie zu kritisieren.) Zweitens muß der christliche Glaube in seiner multidimensionalen Realtität verstanden werden und nicht ausschließlich durch die Begrifflichkeit moderner Wissenschaft. Drittens ruft Bettex zu einer echten Jenseitshoffnung hin, welche für die moderne Theologie verlorengegangen ist und nie zur Sprache kommt.

Das Werk von Raedel ist sehr hilfreich für Studenten der Kirchen- und Dogmengeschichte. Man gewinnt Einblicke in das Leben und Werk von Bettex und kann etwas von seinem Einfluss auf die Gemeinschaftsbewegung nachempfinden.

Die Beschäftigung mit Bettex kann die christliche Apologetik durchaus positiv bereichern, wenn ein bibelfundiertes Grundverständnis die spekulativen und fehlerhaften Ausführungen von Bettex korrigiert. Grundsätzlich kann man sich über das Glaubenszeugnis eines ernsten Denkers freuen und viele erbauliche Anregungen gewinnen. Fred Foster

 Die Rezension/Kritik stammt von: Kai-Uwe Kolrep
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG
  Jahr: 2006
  ISBN: 3-89971-250-1
  Seiten: 131
 €    Preis: 30,00 Euro

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