Buch-Rezension: Werdet meine Zeugen - Weltmission im Horizont von Theologie und Geschichte

Werdet meine Zeugen

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Seit die Missionswissenschaft letztes Jahrhundert als eigenständiges theologisches Fach entstand, gibt es die Diskussion, ob es nicht besser wäre, auf dieses Fach zu verzichten, da doch die gesamte Theologie der Ausbreitung des Evangeliums dienen solle und das Fach Missiologie anderen Disziplinen nur zu leicht als Alibi diene, selbst nicht auf Mission eingehen zu müssen. Und tatsächlich fristet die Missiologie an manchen Ausbildungsstätten ein Außenseiterdasein, da Dogmatiker, Neutestamentler und Kirchengeschichtler die Bedeutung der weltweiten Ausbreitung der Gemeinde Jesu in Geschichte und Gegenwart ignorieren.

Da ist es erfreulich, daß die Freie Theologische Akademie (FTA) in Gießen mit gutem Beispiel vorangeht und ihren ersten Sammelband mit verschiedenen Beiträgen aus der Feder ihres Lehrkörpers dem Thema Mission widmet und damit den Beweis erbringt, daß die zwölf mitwirkenden Dozenten alle etwas zur Mission zu sagen haben, natürlich aus dem Blickwinkel ihres jeweiligen eigenen Faches. Dadurch wird auch unterstrichen, daß die Fächeraufteilung nicht zu einer Zersplitterung des Glaubens führen darf, sondern die Fächer am Ende immer wieder ganzheitlich zusammengeführt werden müssen.

Da finden sich zunächst einige Beiträge der beiden das Buch herausgebenden Missionswissenschaftler Hans Kasdorf und Friedemann Walldorf, und zwar zum Missionsverständnis überhaupt, zum Missionsverständnis der Täufer im 16. Jh. und zum Aufbruch der evangelikalen Missionsbewegung in der 2/3-Welt. Der Alttestamentler Richard Schultz schreibt über Mission im Alten Testament, besonders bei Jesaja, die Neutestamentler Armin D. Baum und Eckhard Schnabel über die Bedeutung der Mission bei Jesus und in den Evangelien, besonders bei Lukas. Der Dogmatiker Bernhard Kaiser stellt die Aufgabe des Heiligen Geistes in der Mission dar, sein Kollege Lothar Gassmann beleuchtet das Verhältnis von Mission und Eschatologie. Der Kirchenhistoriker Lutz E. von Padberg untersucht das Missionsverständnis der Germanenmissionare im Frühmittelalter und sein Kollege Stephan Holthaus die Rolle der Bibel und das Bekenntnis zu ihrer Unfehlbarkeit für die im 19. Jahrhundert entstandenen Missionsgesellschaften hatte. Der praktische Theologe Helge Stadelmann belegt, daß Gemeindebau das Ziel aller Missionsarbeit ist, sein Kollege James Anderson beschreibt das Verhältnis von Jesus und seinen Jüngern als Muster für jede missionarische Schulung - ein ausgezeichneter Beitrag, an dessen Forderungen (s. bes. S. 161: "In christlichen Ausbildungsstätten sollte die breitgefächterte Ausbildung mit Jüngerschaftsschulung verbunden sein") sich alle theologische Ausbildung messen sollte.

Es wird deutlich, daß der Band sich insgesamt mehr mit der theoretischen Grundlegung der Mission beschäftigt, weniger mit der praktischen Umsetzung der Mission im Missionsland und deswegen die überall gleiche lehrmäßige Begründung der Mission anspricht, nicht die von Land zu Land, Kultur zu Kultur und Missionsgesellschaft zu Missionsgesellschaft verschiedene Art der Verkündigung des Evangeliums. Aber kein Band zur Mission kann auch nur annähernd alle wichtigen Themen ansprechen. In unserer theologischen Landschaft in Deutschland muß angesichts der liberalen Verneinung des Missionsauftrages die Grundsatzdebatte zuerst geführt werden. Die Bibelkritik ist nicht nur an sich abzulehnen, sondern auch wegen ihrer verheerenden Konsequenzen, die sie für Evangelisation und Weltmission hat. Oft wird der schleichende Einfluß bibelkritischer Ideen auch in evangelikalen Ausbildungsstätten zuerst daran deutlich, daß der missionarische Schwung verlorengeht. Die FTA hat mit ihrem Sammelband gezeigt, daß im Umkehrschluß wirklich bibeltreue Ausbildung automatisch auf Mission hin drängt, denn wer könnte der Bibel `treu´ gegenüber sein, der ihr eigentliches Zentrum zurückdrängt, daß der Messias Jesus Christus am Kreuz zur Vergebung der Sünden starb und diese frohe Botschaft allen Menschen und Völkern verkündigt werden muß?

 Die Rezension/Kritik stammt von: Thomas Schirrmacher
 Kategorie: Sonstiges

  Verlag: SCM Hänssler
  Jahr: 1997
  ISBN: 978-3775126274
  Seiten: 296
 €    Preis: 5,95 Euro