Große Niederlage des Herodes im Kampfe gegen die Araber. Das furchtbare Erdbeben. Rede des Herodes. Sein Sieg über die Araber bei Philadelphia.


Als der Krieg von Actium losbrach, stand Herodes in voller Bereitschaft, um an der Seite des Antonius ins Feld zu rücken, da er jetzt aller Wirren, die Judäa aufgeregt hatten, glücklich los war und zuletzt noch Hyrkania erobert hatte, welchen Platz die Schwester des Antigonus bisher gehalten hatte.

Er wurde indes auf eine schlaue Weise durch Kleopatra von der Teilnahme am Entscheidungskampfe für die Sache des Antonius ferne gehalten. Denn stets auf das Verderben der beiden Könige bedacht, wie wir früher gesagt haben, bestimmte sie den Antonius, dass er den Herodes mit der Führung des Krieges gegen die Araber betraute, um entweder infolge seines Sieges Herrin von Arabien oder infolge seiner Niederlage Herrin von Judäa zu werden und so einen Herrscher durch den anderen zu vernichten.


Ihre schlaue Politik nahm aber einen für Herodes günstigen Ausgang. Denn nachdem sich der letztere von den Feinden für die schuldigen Abgaben zunächst bezahlt gemacht hatte, warf er ihnen bei Diospolis eine gewaltige, von ihm selbst gestellte Reitermacht entgegen und überwältigte sie nach einem hartnäckigen Widerstande. Diese Niederlage brachte aber eine ungeheure Aufregung unter den Arabern hervor: in unzähligen Schwärmen sammelten sie sich bei Kanatha in Cölesyrien, um dort den Angriff der Juden zu erwarten.

Als Herodes mit seinen Truppen in die Nähe des Feindes gelangt war, war sein Hauptbestreben darauf gerichtet, den Schlag gegen die Araber nach einem wohlvorbereiteten Plane zu führen, und gab zunächst den Befehl, ein befestigtes Lager zu errichten. Aber statt zu gehorchen, stürmte sein Kriegsvolk, noch begeistert vom früheren Sieg, gegen die Araber, warf sie auch beim ersten Anprall über den Haufen und setzte ihnen nach. Auf dieser Verfolgung geriet aber Herodes in einen Hinterhalt, indem Athenio, einer der Generäle der Kleopatra, der ihm nie recht grün gewesen, die Eingebornen aus Kanatha auf die Verfolger plötzlich hervorbrechen ließ.

Bei diesem Angriff gewannen die Araber wieder frischen Mut, kehrten um und jagten, in geschlossenen Massen auf die Herodianer eindringend, dieselben in eine felsenreiche und zerklüftete Gegend, wo sie ein allgemeines Gemetzel unter ihnen anrichteten. Die sich noch aus dem Kampfe retten konnten, flohen nach Ormiza ins Lager, das dann die Araber einschlossen und mit der ganzen Besatzung aufhoben.


Kaum war das Unglück geschehen, als Herodes mit den Reserven auf dem Schlachtfelde erschien – aber es war für die Hilfe schon zu spät. Die Schuld an dieser Niederlage trug nur der Ungehorsam seiner Führer. Denn hätte man den Angriff nicht so überstürzt, so hätte Athenio keine Gelegenheit zur Ausführung seines verräterischen Planes gefunden. Doch züchtigte später Herodes die Araber durch fortwährende Streifzüge in ihr Land, so dass er ihnen den einzigen Sieg oftmal eintränkte.

Während er nun am besten daran war, an seinen Feinden Rache zu nehmen, brach im siebenten Jahre seiner Regierung, während der Krieg von Actium schon in seinem vollen Gange war, ein anderes, diesmal von oben geschicktes, Unheil über ihn herein. Zu Anfang des Frühjahres vernichtete nämlich ein Erdbeben unermessliche Viehherden und 30.000 Menschen: doch blieb das Heer des Herodes davon unberührt, weil es im Freien campierte.

Aus diesem Anlass schwellte nun das Gerücht, das die Unglücksfälle immer schlimmer erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit sind, den Mut der Araber noch höher, weil es hieß, dass ganz Judäa ein Trümmerhaufen sei. In dem Wahne also, sich des verödeten Landes sofort bemächtigen zu können, rückten sie gegen Judäa an, nachdem sie zuvor noch die jüdischen Gesandten, die eben bei ihnen waren, als Opfer für den kommenden Kriegszug geschlachtet hatten.

Da das Volk wegen des bevorstehenden Einfalles ganz niedergeschmettert und von den so rasch aufeinanderfolgenden schweren Unglücksschlägen wie gelähmt war, so berief Herodes dasselbe zu einer Versammlung und suchte es mit folgenden Worten zu einer kräftigen Verteidigung anzufeuern.


Es kommt mir,“ hob er an, „ganz und gar unvernünftig vor, dass ihr euch gerade jetzt von der Furcht so sehr einnehmen lasset: denn so nahe es lag, angesichts der Heimsuchungen Gottes den Mut zu verlieren, so unmännlich ist dieselbe Empfindung, wenn es sich nur um einen Angriff von Seite der Menschen handelt. Ich wenigstens für meine Person bin soweit entfernt, mich nach überstandenem Erdbeben vor den Feinden zu verkriechen, dass ich vielmehr überzeugt bin, Gott habe dies unser Unglück den Arabern nur als Köder hingeworfen, damit sie uns blutige Sühne zahlen müssen. Denn nicht so sehr das Vertrauen auf ihre Waffen oder Fäuste ist es, was sie gegen uns geführt hat, als weit mehr die Zuversicht wegen der elementaren Unglücksfälle, die wir erlitten haben. Unzuverlässlich ist aber jede Hoffnung, die sich nicht an die eigene Tüchtigkeit, sondern nur an fremdes Missgeschick knüpft, da weder das Unglück noch das Glück bei den Menschen von Dauer ist, sondern im Gegenteil des Schicksals Wage, wie man es oft sehen kann, bald auf diese, bald auf jene Seite sich hinneigt. Ihr könnt das aus Beispielen der eigenen Erfahrung abnehmen. Ihr seid ja in der ersten Schlacht Sieger geblieben, während in der zweiten die Feinde über uns gesiegt haben, und jetzt steht trotz ihrer Siegeshoffnung wieder zu erwarten, dass sie geschlagen werden. Denn wo allzu großes Selbstvertrauen herrscht, dort ist man auch unvorsichtig, während umgekehrt die Besorgnis auch Bedachtsamkeit lehrt, weshalb ich für meine Person gerade aus dem jetzigen Auftreten der Furcht bei euch Mut schöpfen möchte.

Denn damals, als ihr allzu stürmisch eure Herzhaftigkeit gegen den Feind zeigen wolltet und wider meinen Plan auf ihn losgestürzt seid, bekam Athenio für seine Hinterlist freie Hand. Jetzt aber ist mir euer Zaudern und die scheinbare Entmutigung ein Pfand für den sicheren Sieg.

Freilich darf dieses vorsichtige Verhalten nur solange dauern, als man sich zum Kampfe vorbereitet. Ist es aber einmal zur Tat gekommen, so heißt es da die ganze Glut der Begeisterung mächtig auflodern lassen und den ruchlosen Gesellen zeigen, wie weder ein von Menschen ausgehendes, noch von Gott verhängtes Unglück je die Mannhaftigkeit der Juden beugen kann, solange sie noch ein Fünkchen Leben haben, und dass keiner von ihnen ruhig zuzuschauen Willens ist, wie derselbe Araber, den er oftmals schon auf ein Haar als Gefangenen hätte fortschleppen können, sich jetzt zum Herrn über seine Güter macht.

Auch die Erschütterungen der leblosen Natur sollen euch keine Angst einjagen, noch dürft ihr voraussetzen, dass das Erdbeben selbst wieder nur das Vorzeichen eines zweiten Unfalles gewesen sei. Denn die elementaren Störungen sind etwas ganz natürliches und können dem Menschen keinen größeren Schaden zufügen, als in ihrer Natur liegt. Ja, der Pest, der Hungersnot und den Erdstößen könnte schon eher ein anderes, kleineres Ereignis als Anzeichen vorausgehen, aber bei diesen gewaltigen Ereignissen selbst muss sich die Bedeutung in ihrer Riesengröße vollständig erschöpfen! Könnte uns denn eine verlorne Schlacht noch einen größeren Schaden bringen, als das Erdbeben uns gebracht hat?

Doch halt, es ist wirklich ein ganz gewaltiges Anzeichen des Verderbens vorhanden, und zwar für unsere Feinde, ein Anzeichen, sage ich, das weder von leblosen Naturkräften noch von einer anderen Hand, als jener der Araber selbst ausgegangen ist: ich meine den Mord unserer Gesandten, welche die Feinde gegen alles Völkerrecht grausam hingeschlachtet und, mit Kränzen bedeckt, Gott dem Herrn zum grässlichsten Kriegsopfer dargebracht haben. Aber sie werden seinem großen Auge und seinem unüberwindlichen Arme sicherlich nicht entrinnen, sie werden gewiss auch uns auf der Stelle ihren Frevel bezahlen, wenn anders noch ein Tropfen vom edlen Geblüte unserer Väter in unseren Adern rollt, und wir uns einmal zur Rache für die schändliche Treubrüchigkeit aufraffen.

Nicht der Verteidigung von Weib und Kind, noch dem Schutze des gefährdeten Vaterlandes soll diesmal der Auszug gelten, sondern einzig und allein der Rache für die hingemordeten Gesandten! Ihre blutigen Gestalten werden euch den Kriegspfad besser weisen können, als wir Lebende! Übrigens werde auch ich mich an eurer Spitze in jede Gefahr stürzen, vorausgesetzt, dass ich mich auf euren pünktlichen Gehorsam verlassen kann. Denn ihr wisst nur zu gut, dass eure Tapferkeit unwiderstehlich ist, wenn ihr nicht etwa durch eure eigene Voreiligkeit zu Schaden kommt.“


Als Herodes in dieser Weise das Heer aufgerichtet hatte und die Krieger voll Begeisterung sah, ließ er Gott ein Opfer bringen und setzte nach demselben mit seiner Streitmacht über den Jordan. In der Gegend von Philadelphia schlug er, schon nahe den Feinden, ein Lager, ließ aber, da er mit dem Hauptschlage nicht lange zu zögern gedachte, seine Plänkler noch weiter gegen die Araber ausschwärmen, um ein zwischen ihm und dem Feinde liegendes Castell zu besetzen, zu dessen Gewinnung auch die Gegner soeben mit einer kleineren Truppenmacht einen Vorstoß gemacht hatten.

Die Plänkler des Königs warfen nun diese feindliche Abteilung schnell zurück und bemächtigten sich des festen Punktes am Hügel. Darauf führte Herodes persönlich sein Heer einen Tag, wie den andern, gegen den Feind aus, ließ es vor dessen Augen in voller Schlachtordnung aufmarschieren und suchte die Araber zum Kampfe zu reizen. Da aber keiner von ihnen zum Angriff übergehen wollte, weil sich ihrer eine ungeheure Niedergeschlagenheit bemächtigt hatte, und selbst ihr Feldherr Elthemus angesichts des zahlreichen Feindes vor Schrecken wie gelähmt war, kam Herodes noch näher und begann schon die Pallisaden ihres Lagers einzureißen.

Dadurch zum Schlagen förmlich gezwungen, kamen sie, freilich in ungeordneten Haufen, Fußvolk und Reiter durcheinander, aus dem Lager heraus. An Mannschaft waren sie stärker, als die Juden, aber sie hatten nicht die hohe Begeisterung der Juden, obschon auch sie gerade aus Verzweiflung am Siege keiner Gefahr achteten.


Sie hatten darum auch, solange sie dem Feinde ins Auge sahen, keinen besonderen Verlust; erst als sie ihm den Rücken wandten, wurden ihrer viele von den Juden niedergehauen, viele aber auch von den eigenen Leuten auf der Flucht zusammengetreten. Auf diese Weise fielen 5.000 Araber auf der Flucht, während die übrige Menge noch schnell genug sich hinter die Verschanzungen drängte. Hier umschloss sie nun der König und eröffnete eine regelrechte Belagerung. Die Erstürmung des Lagers war vorauszusehen: bevor es aber noch dazu kam, drängte die Araber der Durst zur Übergabe, da sie kein Wasser mehr hatten.

Sie schickten also eine Gesandtschaft, aber Herodes behandelte sie mit ausgesuchter Verachtung, und als sie ihm 500 Talente Lösegeld geben wollten, weidete er sich erst recht an ihrer Verlegenheit. Da aber der Durst immer stärker ihre Adern durchglühte, so kamen sie massenhaft heraus und lieferten sich von freien Stücken den Juden in die Hände, so dass innerhalb fünf Tagen 4.000 gefesselt werden konnten. Am sechsten Tage machte endlich die im Lager noch zurückgebliebene Menge einen verzweifelten Ausfall, bei welchem Herodes abermals 7.000 Araber niederstreckte.

Durch diesen ungeheuren Schlag, mit dem er sich an Arabien rächte und den Übermut seiner Krieger dämpfte, stieg er so hoch, dass er sogar von den Bewohnern dieses Landes zum Schutzherrn gewählt wurde.