Antipaters Rückkehr an den Hof. Verleumdungen gegen die Söhne der Mariamne. Alexander vor Augustus. Aussöhnung mit Herodes. Rede des Herodes nach der Rückkehr.


Der Hass der Mutter vererbte sich indes auch auf die Söhne, die natürlich ihren Vater wie einen Todfeind nur mit misstrauischen Augen ansehen konnten, so oft sie sich die an ihrer Mutter verübte Greueltat zu Gemüte führten. Zeigte sich das schon früher während ihrer Erziehung in Rom, so noch weit mehr, seitdem sie nach Judäa zurückgekommen waren, zumal mit ihrer leiblichen Entwicklung auch diese ihre Seelenstimmung sich allmälig zu ihrer vollen Stärke herausgewachsen hatte.

Als dann gar erst die Zeit zum Heiraten für sie gekommen war, und der eine die Tochter seiner Tante Salome, welche bekanntlich die Anklägerin seiner Mutter gewesen war, der andere aber die Tochter des Königs Archelaus von Kappadozien zur Ehe genommen hatte, gewann ihr Hass nunmehr auch den Mut, sich unverholen auszusprechen.

Aber gerade diese ihre Kühnheit bot die bequemste Handhabe für ihre Verleumder, von denen manche bald immer ungescheuter im Gespräche mit dem Könige die Warnung einfließen ließen, dass er vor seinen zwei Söhnen nicht mehr recht sicher sei: ja, der Schwiegersohn des Archelaus, sagte man, treffe schon im Vertrauen auf seinen Schwiegervater Anstalten, um heimlich den Hof zu verlassen und bei dem Kaiser gegen Herodes klagend aufzutreten. Ganz eingenommen von diesen Verleumdungen, verfügte endlich Herodes die Rückberufung seines Sohnes Antipater von der Doris, um in ihm gegen die anderen Söhne gleichsam eine Deckung zu finden, und begann diesen auch auf jede Weise vor den Kindern der Mariamne auszuzeichnen.


Dieser Umschwung der Dinge war den letzteren unerträglich, und sie vermochten bei ihrem heißen edlen Blute ihren Unmut nicht mehr zu beherrschen, als sie sehen mussten, wie der Abkömmling einer Mutter aus nicht fürstlichem Geschlechte ihnen den Vorrang ablaufe: bei jedem für sie kränkenden Anlass machten sie denn auch ihrem Zorne Luft.

Während aber die Prinzen von Tag zu Tag sich immer mehr am Hofe verfeindeten, war Antipater seinerseits auch schon in vollster Thätigkeit, um seine Stellung immer mehr zu befestigen. Er ließ einerseits alle Künste spielen, um sich bei seinem Vater einzuschmeicheln, und heckte auf der anderen Seite die buntesten Verleumdungen gegen die Brüder aus, die er teils selbst an Mann brachte, zum Teil durch seine Anhänger in schlauer Weise ausstreuen ließ, bis er auf diese Weise den Brüdern auch den letzten Hoffnungsschimmer bezüglich der Königskrone geraubt hatte.

Denn sowohl nach dem Testament, wie auch vor der Öffentlichkeit war Antipater bereits der Thronfolger: ward er ja doch schon mit dem Gepränge und dem sonstigen Staat eines Königs, das Diadem ausgenommen, von Herodes an den Hof des Cäsar geschickt! Mit der Zeit gelang es ihm ferner, seine Mutter an die Stelle der Mariamne in das königliche Beilager zurückzubringen, und mit den zwei Waffen, der Schmeichelei und Verleumdung, die er gegen die Brüder handhabte, bearbeitete er den König derart, dass er bald zur Hinrichtung der beiden Söhne geschritten wäre.


Alexander wurde in der Tat von seinem eigenen Vater vor das kaiserliche Gericht in Rom geschleppt und dort beim Cäsar des versuchten Giftmordes gegen Herodes beschuldigt. Nachdem sich Alexander, wenn auch mit Mühe, wieder soweit gefasst hatte, um seinen Jammer auszuschütten, und auch, wie er merken konnte, an dem Kaiser einen Richter gefunden hatte, der den Antipater ebenso durchschaute, wie er den Herodes an Besonnenheit übertraf, reinigte er sich auf eine siegreiche Weise von den falschen Anklagen des Vaters, während er über dessen Missgriffe in kindlicher Scheu zart hinüberglitt.

Als er dann auch die Schuldlosigkeit seines Bruders, der in dieselbe peinliche Anklage mit ihm verwickelt worden war, nachgewiesen hatte, hielt er nunmehr auch mit seinen schmerzlichen Klagen über des Antipaters Schurkerei und die ihnen zugefügte Schmach nicht länger zurück, wobei ihm nebst der Lauterkeit seines Gewissens die Gewalt seiner Beredsamkeit – er war nämlich ein sehr gewandter Redner – trefflich zu statten kam.

Und wie er nun zum Schlusse sagte: „Der Vater soll uns nur tödten, wenn er schon einmal eine so grässliche Anklage annehmbar findet,“ da entlockte er allen Anwesenden Tränen, und seine Rede bestimmte den Kaiser, die gegen die Brüder erhobenen Beschuldigungen auf der Stelle zu verwerfen und den Herodes zur Aussöhnung mit ihnen zu bewegen. Die Aussöhnung kam auch unter dem zustande, dass die Söhne dem Vater in Allem Gehorsam zu leisten hätten, der König aber die volle Freiheit haben solle, den Thron zu vererben, wem er wolle.


Nach dieser Entscheidung trat der König die Rückreise an. Er gab sich zwar jetzt den Anschein, als hätte er die Söhne von den Anklagen wirklich losgezählt, aber im Herzen konnte er sich doch des Verdachtes nicht entschlagen, zumal auch jetzt noch immer der Anstifter der ganzen Feindschaft, Antipater, in seiner Umgebung sich befand, der freilich aus Scheu vor dem kaiserlichen Friedensstifter nach außen wenigstens seinen Hass nicht zu zeigen wagte.


Als dann Herodes auf der Seefahrt die Küste von Cilizien berührte und in Eläusa einlief, gewährte ihnen Archelaus eine herzliche Gastfreundschaft, voll des Dankes für die Rettung seines Schwiegersohnes und hocherfreut über die geschehene Aussöhnung, und das umsomehr, als er ihnen mitteilen konnte, dass er selbst seinen Freunden in Rom schon früher geschrieben habe, sie möchten dem Alexander in seinem Processe ihre Unterstützung angedeihen lassen. Er gab ihnen dann bis Zephyrium das Geleite, nachdem er sie mit Geschenken in der Höhe von dreißig Talenten bedacht hatte.


Nach Jerusalem zurückgekehrt, berief Herodes das Volk zu einer Versammlung, führte seine drei Söhne auf und rechtfertigte seine Reise zum Kaiser. Er sagte zunächst Gott dem Herrn innigen Dank, vielen Dank auch dem Kaiser, dass er ihm sein zerrüttetes Haus wieder zur Ruhe gebracht und seinen Söhnen ein kostbareres Kleinod, als die Krone, nämlich die Eintracht geschenkt habe.

Und diese Eintracht,“ fuhr er fort, „will ich selbst von jetzt an noch inniger gestalten. Denn wie der Kaiser mich zum unumschränkten Herrn in der Regierung gemacht und einzig meinem Ermessen die Wahl eines Nachfolgers überlassen hat, so will ich meinerseits, in Wahrnehmung des eigenen Interesses sowohl, als auch aus Erkenntlichkeit gegen den Kaiser, diese drei Söhne hier hiemit zu Königen ernennen und bitte vor allem Gott und dann auch euch, diesen meinen Beschluss bekräftigen zu wollen. Dem einen der drei gibt sein Alter, den anderen aber ihr edles Geblüt eine Anwartschaft auf die Nachfolge, und im übrigen ist ja das Königreich groß genug, um selbst noch mehr Prinzen zu versorgen.

Jene also, die der Kaiser geeint hat, die der eigene Vater jetzt als Fürsten aufstellt, sollt auch ihr respektieren, ohne ihnen jedoch, sei es ganz unberechtigte, sei es ganz ungleichartige Ehrenbezeugungen zu erweisen, sondern einzig nach ihrem Altersrange. Denn die Freude, die man einem dadurch bereiten würde, dass man ihm über sein Alter huldigt, wiegt nicht den Schmerz auf, den man dadurch zugleich dem Vernachlässigten verursacht.

Welche Verwandte und Freunde übrigens ein Jeder beständig um sich haben darf, darüber behalte ich mir die Verfügung vor, zumal mir diese Persönlichkeiten für die Erhaltung der Eintracht unter den Prinzen gutstehen müssen. Denn ich weiß gar wohl, dass die schlechten Charaktere in unserer Umgebung es sind, welche die Parteiungen und Streitigkeiten erzeugen, während eine gute Umgebung auch die unter Brüdern schuldige Liebe herhält.

Ich muss aber zugleich sowohl von diesen Gesellschaftern, wie auch von den Offizieren meines Heeres verlangen, dass sie vorderhand nur auf mich allein ihre Erwartungen setzen. Denn wohlgemerkt, nicht die Krone selbst, sondern den Glanz der Krone teile ich mit meinen Söhnen. Sie können die Annehmlichkeiten eines Regenten genießen, während ich die schwere Last der Regierungsgeschäfte tragen werde, so hart es mich auch ankömmt.

Möge doch nur Jedermann auf mein Lebensalter, auf meinen Lebenswandel und endlich auch auf meine Gottesfurcht Bedacht nehmen. Denn ich bin weder so bejahrt, dass ich etwa bald schon als abgetan gelten dürfte, noch führe ich ein ausschweifendes, üppiges Leben, das selbst die Gesundheit junger Leute untergräbt, und was die Gottheit betrifft, so haben wir sie stets in einer Weise verehrt, dass ich zum Lohne dafür bis zur äußersten Grenze des menschlichen Lebens zu kommen erwarte.

Sollte aber doch Jemand bei seinen Aufmerksamkeiten für meine Söhne schon auf mein Ableben speculieren wollen, so würde ich ihn dafür nicht bloß meinetwegen, sondern auch wegen des Frevels, den er sich dadurch an meinen Söhnen schuldig macht, zur Verantwortung ziehen. Denn gewiss nicht aus Neid gegen die Letzteren, die ja doch mein eigen Fleisch sind, suche ich die schmeichlerische Dienstbeflissenheit gegen sie zurückzudrängen, sondern weil ich weiß, dass diese Umwerbungen den jungen Leuten nur die Bahn zu verwegenen Streichen ebnen.

Wenn übrigens ein jeder, der bei meinen Söhnen ein- und ausgeht, nur das eine sich zu Gemüte führt, dass er im Falle einer loyalen Aufführung gewiss seine Belohnung von mir erhalten, im Falle er aber Parteiungen stiftet, für sein schlechtes Betragen nicht einmal bei jenem, dem er dadurch gefällig sein will, sich einen Nutzen herausschlagen wird, so bin ich sicher, dass alle ohne Ausnahme nur meinem Interesse dienen wollen, das ja gleichbedeutend ist mit dem Interesse meiner Söhne, da es auch diesen nur von Vorteil sein kann, wenn ich noch mit kräftiger Hand die Zügel der Regierung führe und mit ihnen in Eintracht lebe.

Euch aber, meinen guten Kindern, rufe ich zu: Eingedenk vor allem der Heiligkeit des Naturgesetzes, durch das selbst bei den wildesten Tieren die Liebe zum eigenen Fleisch tief eingeprägt erscheint, eingedenk dann desjenigen, der sich unsere Aussöhnung hat angelegen sein lassen, des Kaisers, und drittens auch meiner Person, der ich, wo ich eigentlich befehlen könnte, euch nur herzlich bitten will: Bleibet Brüder! Ich schenke euch von jetzt an das königliche Kleid und königlichen Hofstaat und habe nur den flehentlichen Wunsch, Gott möge diese meine Verfügung mit seiner Kraft begleiten, was auch sicher geschehen wird, wenn ihr nur einig seid.

Nach diesen Worten umarmte er jeden seiner Söhne auf eine herzliche Weise und entließ die Versammlung, von der ein Teil das Gesagte mit aufrichtigen Wünschen begleitete, indes andere, die sich nur nach einer Umwälzung sehnten, sich stellten, als hätten sie gar nichts gehört.