Verschärfung der Feindschaft durch Antipater, Salome und Pheroras. Unvorsichtige Haltung der beiden Prinzen. Deren vorübergehende Aussöhnung mit Herodes. Pheroras und Salome fallen vorübergehend in Ungnade. Anzeige der Verschnittenen.


Den Brüdern folgte jedoch bei ihrem Weggange noch immer das Gespenst der Zwietracht, und sie schieden mit einem noch schlimmeren Misstrauen, als das war, mit dem sie gekommen waren. Den Alexander und Aristobulus wurmte es, dass dem Antipater wenigstens der Altersvorrang feierlich zugesichert war, während hinwieder Antipater den Brüdern nicht einmal den zweiten Rang vergönnen wollte.

Doch wusste der letztere als sehr geriebener Kopf mit seinem Worte zurückzuhalten und konnte seinen Hass gegen die Brüder gar schlau maskieren, indes bei den Prinzen infolge ihres angestammten edlen Stolzes stets das Herz auf der Zunge lag. Dazu kamen dann noch viele Freunde, die sie in eine immer größere Erbitterung hineinhetzten, und eine noch größere Anzahl falscher Freunde, die nur als Aufpasser sich an sie herangemacht hatten.

Kaum war dem Alexander ein Wort entschlüpft, so war es alsbald bei Antipater und von Antipater machte es dann seinen Weg, natürlich mit Zusätzen, zu Herodes. Selbst ganz harmlose Aeußerungen des jungen Mannes blieben nicht ohne Beanstandung, indem man das Gesagte in boshafter Weise verdrehte; wenn aber Alexander einmal etwas freier von der Leber weg sprach, wurde gleich aus einer Mücke ein Elephant gemacht.

Antipater sorgte übrigens stets für neue Hetzer in der Umgebung der Brüder, damit die nackte Lüge doch an etwas Wahrem ihre Hebel ansetzen könnte, und war von dem, was herumgetragen wurde, auch nur das kleinste erwiesen, so machte dieses eine alles andere glaubhaft. Da die eigenen Freunde durch die Bank entweder von Natur aus sehr verschlossen oder durch Geld stumm gemacht waren, so drang von dem geheimen Treiben nicht das geringste in die Öffentlichkeit, und man würde nicht zuviel sagen mit der Behauptung, dass das Leben des Antipater nur ein einziges großes Geheimnis der Bosheit war. Hatte er doch sogar die Leute aus der ständigen Umgebung des Alexander teils durch die verführerische Gewalt des Geldes, teils durch schlau berechnete Schmeicheleien, mittels derer er überhaupt alles zuwege brachte, zu Verrätern an ihrem Herrn und zu förmlichen Dieben an seinen Familiengeheimnissen gemacht, ob diese nun Vorgänge oder Gespräche betrafen.

Wie er alle seine Anstalten mit der Berechnung eines Schauspielers auf das Vorsichtigste traf, so wählte er mit dem größten Raffinement auch die Wege, auf denen er seine Verleumdungen dem Herodes zukommen ließ: er selbst hüllte sich nämlich in die Maske der Bruderliebe und schickte andere als Angeber zum König. Wenn nun diese den Alexander bei Herodes eingetunkt hatten, stellte sich Antipater, als käme er ganz zufällig dazu, hechelte sogar anfänglich die Mitteilung an Herodes durch, um sie aber dann ganz unvermerkt wieder so aufzuputzen, dass er wirklich den Unmut des Königs gegen Alexander rege machte.

Alles wurde auf vermeintliche Nachstellungen von Seite des Alexander bezogen und in ein solches Licht gerückt, als ob er sogar mit Mordgedanken gegen den König umginge, was auch Glauben fand, da diesen Verleumdungen beim König nichts so schnell Eingang verschaffte, als die sogenannten Verteidigungsreden des Antipater für seinen Bruder!


Durch diese Mitteilungen höchst aufgebracht, entzog Herodes Tag für Tag immermehr den jungen Leuten seine Liebe und schenkte sie in demselben Maße dem Antipater. Mit dem König zogen sich, zum Teil aus freien Stücken, zum Teil auf bestimmten Befehl des Herodes auch die Personen seines Hofes, wie sein geschätztester Freund Ptolemäus, seine Geschwister und überhaupt sein ganzes Haus von den Brüdern zurück. Denn Alles war Antipater, und was für Alexander noch das Bitterste war, überall zeigte sich der Einfluss von Antipaters Mutter, die da, schlimmer als jede Stiefmutter, bei allen gegen sie gerichteten Plänen die Hand im Spiele hatte und in ihnen nicht so sehr die Stiefsöhne hasste, als die Kinder einer Königin

Während nun alle schon wegen der glänzenden Aussichten um die Gunst des Antipater buhlten, so war andererseits auch der wiederholte Befehl des Königs, welcher den Angesehensten jede äußere Berührung wie auch jede Sympathie mit den Leuten des Alexander strenge verboten hatte, ganz dazu angetan, Jedermann der Partei der Brüder abwendig zu machen. Zudem war Herodes nicht bloß von ihren Freunden, die sie im Königreich selbst besaßen, sondern auch von ihren Anhängern im Auslande zu fürchten, da der Kaiser noch keinem Könige, wie ihm, die außerordentliche Machtbefugnis eingeräumt hatte, dass er einen Flüchtling auch aus einer ihm nicht gehörigen Stadt herausfangen durfte.

Die jungen Leute wussten zunächst gar nichts von den Umtrieben ihrer Verleumder, weshalb sie auch umso sorgloser in ihre Fallen liefen. Denn der Vater pflegte keinem seinen Tadel offen auszusprechen. Sie merkten es nur nach und nach an seinem frostigen Benehmen und abstoßendem Wesen, das sich in dem Grade steigerte, als die betrübenden Anzeigen zunahmen. Selbst den Oheim Pheroras nahm Antipater gegen die Prinzen ein und steckte auch in derselben Absicht fortwährend bei seiner Tante Salome, wie wenn sie seine Frau gewesen wäre – nur um gegen die Söhne der Mariamne zu schüren.

Zu dieser feindseligen Stimmung der Salome trug übrigens auch die Frau des Alexander, Glaphyra, das ihrige dadurch bei, dass sie bei jeder Gelegenheit ihren hochadeligen Stammbaum aufrollte und darauf hinwies, wie ihr eigentlich die Herrschaft über alle Frauen am Hofe gebüre, da sie väterlicherseits von König Temenus, mütterlicherseits aber von Darius, dem Sohne des Hystaspes, herstamme.

Dabei schmähte sie weidlich auf die gemeine Herkunft der Schwester des Herodes und seiner Frauen, die sämmtlich ohne Rücksicht auf Adel bloß nach ihrer Wohlgestalt vom König ausgesucht worden waren. Es waren dies ihrer viele, da den Juden nach ihrer Vätersitte mehrere Frauen zu heiraten gestattet ist, und der König auch in der Tat sein Auge auf mehrere geworfen hatte. Natürlich waren sie alle der Glaphyra wegen ihrer Großsprecherei und Schimpferei spinnefeind.


Auch Aristobulus brachte durch sein persönliches Verhalten die eigene Schwiegermutter Salome gegen sich auf, nachdem sie ohnehin schon von früher her wegen der Schmähungen der Glaphyra in übelster Stimmung sich befand. Er hielt nämlich seiner Frau fortwährend ihre niedrige Geburt vor, warum denn gerade er ein gewöhnliches Mädchen zur Frau habe bekommen müssen, während sein Bruder Alexander eine Königstochter habe freien können.

Das meldete wieder mit Tränen in den Augen die Tochter Salomes ihrer Mutter mit dem Beifügen, dass die Familie des Alexander auch gegen die Mütter der übrigen Brüder wiederholt die Drohung ausgesprochen hätte, sie mit den Mägden am Webstuhl arbeiten zu lassen, wenn die Prinzen einmal Herren des Thrones wären, die Brüder aber zu Dorfschreibern zu machen, was eine spöttische Anspielung an deren sorgfältige Ausbildung sein sollte. Auf das hin konnte Salome ihren Zorn nicht mehr bemeistern und hinterbrachte alles dem Herodes, bei dem sie in diesem Falle schon darum vollen Glauben finden musste, weil sie ja gegen den eigenen Schwiegersohn auftrat.

Noch eine andere Kabale lief mitunter, die dem Grimm des Königs neue Nahrung gab. Er hatte nämlich vernommen, dass die zwei Brüder in einemfort nach ihrer Mutter schrieen und ihren Tod unter Verwünschungen gegen Herodes bejammerten, ja dass sie sogar jedesmal, wenn Herodes eines von den Kleidern der Mariamne an die jüngeren Frauen verschenkte, die Drohung fallen ließen, die Frauen des Königs würden in Bälde an Stelle der königlichen Prachtgewänder härene Kleider anziehen müssen.


Obwohl nun der König aus diesen Gründen die Haltung der jungen Leute mit Misstrauen beobachtete, so ließ er doch die Hoffnung auf ihre Besserung nicht gänzlich fahren. So beschied er sie bei einer Gelegenheit, da er sich gerade nach Rom einzuschiffen gedachte, zu sich, um zunächst mit einigen wenigen Drohungen den König hervorzukehren, dann aber desto länger das Vaterherz in eindringlichen Mahnungen auszuschütten. Er forderte sie zur Liebe gegen ihre Brüder auf und gewährte ihnen Verzeihung für das Geschehene unter der Bedingung, dass sie sich in Zukunft bessern würden.

Die Prinzen entledigten sich aber der verleumderischen Anklagen, die sie als Lügenwerk bezeichneten, und erklärten feierlich, die Worte ihrer Rechtfertigung auch durch ein loyales Benehmen in der Zukunft erhärten zu wollen: doch müsse auch der König seinerseits dem lügenhaften Geschwätz dadurch Thür und Tor verschließen, dass er demselben nicht so leicht sein Ohr leihe: denn es würde insolange niemals an Verleumdern ihrer Person fehlen, als noch einer da sei, der sich von ihnen einnehmen lasse.


Mit diesen Worten gelang es ihnen zwar bald, das Vaterherz zu beschwichtigen, so dass sie sich jetzt der Furcht vor der drohendsten Gefahr entschlagen konnten, doch zog dafür ein neuer Kummer bezüglich der Zukunft in ihre Seele ein. Sie bekamen nämlich bei dieser Gelegenheit Kenntnis von der feindseligen Gesinnung der Salome und des Oheims Pheroras, die da beide ebenso einflussreiche als boshafte Widersacher waren. Die größte Macht hatte Pheroras in Händen, da er an allen Regierungsgeschäften wie ein König, wenn auch ohne Krone, teilnahm, 100 Talente selbständiger Einkünfte bezog und auch die Nutznießung des ganzen Ostjordanlandes, das er vom Bruder zum Geschenk bekommen, inne hatte. Überdies hatte ihm Herodes durch seine Verwendung bei Augustus die Tetrarchenwürde verschafft und ihn in höchst ehrenvoller Weise durch die Schwester der eigenen Frau, die er ihm zur Ehe gegeben, mit der königlichen Familie verknüpft. Als diese starb, verlobte er ihm seine eigene älteste Tochter mit einer Ausstattung von 300 Talenten.

Aber Pheroras verschmähte die Königstochter, um in seiner Leidenschaft einer Sclavin nachzulaufen, was Herodes heftig erzürnte. Letzterer verband nunmehr die Tochter mit dem Sohne seines Bruders, der durch die Parther sein Leben verloren hatte. Doch ließ sein Zorn gegen Pheroras bald wieder nach, und er verzieh ihm seine krankhafte Verirrung.


Pheroras war übrigens auch selbst einmal und zwar schon lange zuvor, zur Zeit, da die Königin Mariamne noch lebte, beschuldigt worden, dass er Herodes habe vergiften wollen. Es liefen damals soviele Anzeigen gegen ihn ein, dass Herodes bei all seiner Anhänglichkeit an den Bruder sich doch zum Glauben daran und zu ernsten Besorgnissen veranlasst fand. Er ließ zunächst viele von denen, die er im Verdachte hatte, auf die Folter spannen und machte schließlich damit auch vor den Freunden des Pheroras nicht mehr Halt.

Doch gestand kein einziger bei diesen peinlichen Verhören etwas wie von einem hochverräterischen Anschlag ein, sondern nur das eine, dass Pheroras bereits Vorbereitungen getroffen, die Geliebte zu entführen und sich zu den Parthern zu flüchten, wie auch, dass Kostobar, der Gemahl der Salome, mit dem sie der König nach der wegen Ehebruches erfolgten Hinrichtung ihres früheren Gatten verheiratet hatte, diesen Fluchtplan mit Rat und Tat gefördert habe.

Nicht einmal Salome blieb von Verdächtigungen verschont, da ihr eigener Bruder Pheroras sie gewisser Abmachungen wegen einer Ehe mit Sylläus, dem Statthalter des arabischen Königs Obedas, einem verbissenen Feinde des Herodes, beschuldigte. Sie ward in der Tat sowohl in diesem, wie auch in allen anderen Punkten, die Pheroras gegen sie vorbrachte, schuldig befunden, trotzdem aber von Herodes begnadigt, welcher auch die gegen Pheroras erhobenen Beschuldigungen fallen ließ.


So zog sich nun der Sturm, der über dem Hause des Herodes brütete, wieder über Alexander zusammen, um endlich mit voller Wut über seinem Haupte loszubrechen. Der König hatte drei Eunuchen, die ihm vor allen anderen teuer waren, wie sich schon aus ihrer Stellung bei Hofe abnehmen lässt: der eine musste dem König den Wein credenzen, der andere die Speisen servieren, der dritte aber den Kämmerer machen und neben ihm schlafen.

Diese drei verleitete nun Alexander durch große Geschenke zu unnatürlichen Lüsten. Beim König angezeigt, legten sie auf der Folter ein umfassendes Geständnis ab. Den schändlichen Umgang gaben sie gleich ohne weiteres zu. Allmählig rückten sie aber auch mit den Versprechungen heraus, die sie dazu verleitet hätten, wie sie nämlich von Alexander getäuscht worden seien, und wie er ihnen zugeredet habe, dass sie ihre Hoffnung doch nicht mehr auf Herodes, diesen ausgeschämten und ausgelebten Mann, der sich noch die Haare färben lasse, setzen sollten, außer sie wären dumm genug, ihn wegen der gefärbten Haare wirklich für jünger zu halten. Sie möchten sich vielmehr an ihn, den Alexander, anschließen, der den König auch gegen seinen Willen auf dem Throne ablösen und in nicht allzuferner Zeit an seinen Feinden Rache nehmen, seine Freunde aber, und darunter vor allen sie selbst, mit Gütern und Genüssen jeder Art überhäufen werde:

Schon wetteifern ja,“ schloss Alexander nach ihrer Angabe, „die mächtigsten Personen in der Stille um meine Gunst, und es kommen bereits die Generäle und Obersten des Heeres zu heimlichen Besprechungen bei mir zusammen.


Diese Enthüllungen setzten Herodes dermaßen in Schrecken, dass er sie nicht einmal sofort zu veröffentlichen wagte, sondern erst durch geheime Späher, die er bei Tag wie bei Nacht unterhielt, alle Vorgänge und Gespräche ausspionieren und alle, die sich verdächtig zeigten, ohne Verzug hinrichten ließ.

Der Königspalast ward jetzt von den empörendsten Ruchlosigkeiten über und über besudelt, indem ein jeder nur mehr nach seinen persönlichen Feindschaften und Gehässigkeiten sich seine Ränke schmiedete und viele den blutschnaubenden Grimm des Königs gegen jene, die sie nicht leiden mochten, missbrauchten. Die Lüge fand auf der Stelle Glauben, und die Strafe hatte noch schnellere Füße, als die Verleumdung. So kam es vor, dass einer aus einem Ankläger im Nu ein Angeklagter wurde, und mit jenem, den er durch sein Zeugnis eben vernichtet hatte, gemeinsam auf die Blutstätte abgeführt wurde. Denn die Todesgefahr, in welcher der König zu schweben vermeinte, schnitt alle weiteren genaueren Untersuchungen ab.

Seine Erbitterung nahm einen solchen Charakter an, dass er selbst Leute, auf denen gar kein Verdacht lastete, auch nicht eines freundlichen Blickes mehr würdigte und sogar seine Freunde sehr hart anfuhr. Untersagte er doch vielen geradezu den Aufenthalt am Hofe und ließ er jenen, an die er nicht Hand anlegen durfte, seinen Zorn wenigstens mit der Zunge fühlen.

Mitten in dieser Bedrängnis setzte dem Alexander auch noch Antipater den Fuß auf den Nacken und bildete mit seinen Verwandten eine Bande von Verschwornen, die auch vor der grässlichsten Verleumdung nicht mehr zurückschreckte. Wenigstens wurde der König von seinen Gaukeleien und seinem Intriguenspiel in eine solche Angst hineingetrieben, dass er schon jetzt und jetzt den Alexander mit blankem Schwerte auf sich losstürzen zu sehen vermeinte.

Er ließ ihn daher plötzlich verhaften und in den Kerker werfen, worauf er seine Freunde auf der Folter zu verhören begann. Die meisten schwiegen und erlitten lieber den Tod, als dass sie gegen ihr Wissen und Gewissen etwas vorgebracht hätten. Einige aber ließen sich, vom Schmerz überwältigt, zu Lügnern machen und gaben an, dass wirklich Alexander im Verein mit seinem Bruder Aristobulus dem König Nachstellungen bereite und darauf lauere, ihn einmal auf der Jagd niederstoßen zu können, um dann nach Rom zu entwischen.

Diesen, obgleich ganz unglaubwürdigen und nur unter dem Drucke der Folter hingeworfenen Angaben schenkte der König umso lieber Gehör, als er für die Verhaftung seines Sohnes wenigstens eine gewisse Beruhigung in dem Umstand fand, dass sie nicht ganz ungerechtfertigt zu sein schien.