Verurteilung und blutiges Ende der Söhne der Mariamne.


Seinen wilden Grimm gegen die Kinder stachelte überdies noch Salome an. Aristobulus machte nämlich den Versuch, seine Schwiegermutter, die zugleich seine Tante war, in die eigene bedrohte Lage zu verwickeln, indem er ihr die Aufforderung zukommen ließ, sich in Sicherheit zu bringen, weil der König schon nahe daran sei, sie hinrichten zu lassen und zwar infolge von Anklagen, unter denen sie schon früher einmal gestanden, dass sie dem Araber Sylläus, den sie gern geheiratet hätte, die Geheimnisse des Herodes in ihrer Leidenschaft enthüllt habe, obschon er ein Feind des Königs war.

Das sollte nun in dem heftigen Sturme, der die Jünglinge fortwährend herumwarf, sozusagen, der letzte Orkan werden, der sie endgiltig in die Tiefe begrub. Denn Salome eilte ohneweiters zum König und zeigte ihm den erhaltenen Wink an. Nun hielt es der König nicht mehr aus und gab den Befehl, beide Söhne in Ketten zu legen und voneinander zu trennen. In aller Eile sandte er dann den Feldhauptmann Volumnius und seinen eigenen Vertrauten Olympius mit der schriftlichen Darlegung des Falles an den Kaiser.

Nach überstandener Meerfahrt in Rom angekommen, gaben die Gesandten das Schreiben des Königs ab. Der Kaiser fühlte die innigste Teilnahme für die jungen Leute, doch glaubte er dem Vater seine Gewalt über die Kinder nicht entziehen zu dürfen und schrieb ihm darum zurück, dass er ihm ganz freie Hand lasse, doch werde Herodes gut tun, meinte Augustus, wenn er in einer gemeinschaftlichen Sitzung des eigenen Familienrates und der obersten Leiter der Provinz die Sache wegen des Meuchelmordes noch genauer untersuchen lasse. Würden sie dann schuldig befunden, so könnte er sie hinrichten lassen, hätten sie aber einen bloßen Fluchtplan entworfen, so sollte die Strafe gelinder ausfallen.


Herodes richtete sich nach diesen Anweisungen und versammelte, in Berytus angekommen, wo nach dem Kaiser die Entscheidung fallen sollte, den Gerichtshof. Den Vorsitz führten auf ausdrückliche schriftliche Anweisung des Augustus die höchsten Beamten der Provinz, nämlich Saturninus und die Legaten mit Pedanius an ihrer Spitze. An sie reihte sich der Procurator Volumnius, mit den Verwandten und Freunden des Herodes, darunter Salome und Pheroras, dann kamen die vornehmsten Personen aus ganz Syrien. Nur König Archelaus fehlte, weil ihn Herodes als den Schwiegervater des Alexander im Verdachte der Parteilichkeit hatte.

Übrigens war Herodes vorsichtig genug, die Söhne nicht in Person dem Gerichtshof vorzuführen, da er wohl wusste, dass schon ihre bloße Erscheinung allseitig das innigste Bedauern erwecken würde, falls sie aber, was nahe lag, dann auch das Wort ergreifen dürften, durch den Mund des Alexander spielend die Anklagen abweisen könnten. Um dies zu verhüten, wurden sie daher in dem sidonischen Dorfe Platane in sicherem Gewahrsam zurückgehalten.


Der König erhob sich nun und schlug in seiner Rede einen Ton an, als ob er die Beschuldigten vor sich hätte. Er begann mit der Klage wegen versuchten Meuchelmordes, die aber schwach war und ganz den Eindruck machte, als ob er um die Beweise dafür verlegen wäre. Dafür zählte er dann den versammelten Richtern tausenderlei Schmähungen, Spöttereien, Frechheiten und Ungezogenheiten von Seite der Söhne gegenüber ihrem Vater auf und meinte, dass diese Dinge für ihn noch weit peinlicher gewesen seien, als der Tod. Hierauf brach er, da ihm Niemand widersprach, in Weheklagen über sich selbst aus: er müsse sich, sagte er z. B., jetzt sein eigenes Grab graben und einen gar bitteren Sieg gegen die eigenen Kinder erkämpfen. Zum Schlusse fragte er dann einen jeden um seine Meinung.

Der erste war Saturninus. Er gab die Erklärung ab, dass er die Jungen zwar verurteilen, aber nicht gerade zum Tode verurteilen wolle, da er sich gegen die ewige Ordnung vergehen würde, wollte er im Angesichte seiner eigenen drei Kinder den Kindern eines anderen Vaters durch seine Stimme den Tod geben. Wie er, so stimmten auch die beiden Legaten, und diesen schlossen sich noch einige andere Stimmen an.

Bei Volumnius aber begann das schwarze Los, und nach ihm sprachen alle die Jünglinge des Todes schuldig, die einen dem König zu Gefallen, die anderen umgekehrt aus Schadenfreude gegen Herodes, kein einziger aus verletztem Gerechtigkeitsgefühle.

Ganz Syrien und das Judenland war jetzt in Spannung, wie das Drama enden würde: indes setzte niemand voraus, dass Herodes so blutdürstig sein könnte, um die eigenen Kinder zu schlachten. Und doch zerrte der Mensch seine Söhne mit sich nach Tyrus und fuhr von da zu Schiff nach Cäsarea hinab, nur um dort eine Gelegenheit zu erspähen, bei der er am besten die Prinzen vom Leben zum Tode bringen könnte.


Es war da ein alter königlicher Soldat, namens Tiron und der hatte einen mit Alexander sehr vertrauten und befreundeten Sohn. Da auch er selbst die beiden Prinzen außerordentlich lieb hatte, so kam er infolge seiner ganz außergewöhnlichen Entrüstung über ihre Behandlung von Sinnen. Er lief zuerst überall herum und schrie dabei, dass man die Gerechtigkeit mit Füßen getreten habe, dass die Wahrheit untergegangen, die Ordnung der Natur zerrüttet und das menschliche Leben ein Pfuhl von Ruchlosigkeiten sei, kurz alles mögliche, was nur einem Menschen, dem nichts mehr am Leben liegt, der wilde Schmerz einsagen kann. Endlich wagte er es sogar vor den König zu treten und fuhr ihn an:

Du musst ja, wie mir scheint, von allen Teufeln besessen sein, dass du dich gegen deine teuersten Pfänder von den ärgsten Bösewichtern einnehmen lassest, ich meine Pheroras und Salome, denen du, obgleich du selbst sie schon öfter des Todes würdig erklärt hast, trotz alledem gegen deine eigenen Kinder Glauben schenkest, diesen Elenden, sage ich, die deine ebenbürtigen Sprösslinge von der Nachfolge ausschließen und dich ganz allein auf Antipater stellen wollen, damit sie, wenn der König geworden, an ihm ein sehr gefügiges Werkzeug erhalten.

Sieh jedoch zu, ob nicht der Tod der Brüder auch gegen ihn den Hass der Soldaten entfachen muss, da es wohl keinen einzigen darunter gibt, der mit dem jungen Blut nicht herzliches Mitleid fühlte: äußern doch selbst viele höhere Offiziere schon ganz unverhohlen ihre Entrüstung!“ Dabei nannte er auch die Ungehaltenen beim Namen. Sofort ließ der König diese Führer, wie auch ihn selbst mit seinem Sohne in Haft nehmen.


Damit noch nicht genug, sprang jetzt auch einer von den Barbieren am Hofe, namens Tryphon, herbei und wurde, freilich nur in einem Anfall von Geistesverwirrung, sein eigener Angeber. „Ja, auch mich“, schrie er, „hat dieser Tiron da zu bereden gesucht, ich möchte dir beim Frisieren mit dem Rasiermesser den Garaus machen, und er hat mir für diesen Fall große Geschenke von Seite des Alexander in Aussicht gestellt.

Wie Herodes das hörte, befahl er, den Tiron mit seinem Sohne und den Barbier peinlich zu verhören. Da jene alles in Abrede stellten, der Barbier aber keine weitere Angabe mehr machte, ließ er bei Tiron die Folter noch stärker drehen.

Da ward sein Sohn von Mitleid überwältigt und versprach dem König, alles zu offenbaren, wenn er ihm das Leben seines Vaters schenken wolle. Auf die erhaltene Zusage erklärte er nun, dass sein Vater, von Alexander verleitet, ihn wirklich hätte ermorden wollen. Die einen meinten damals, es sei das von ihm nur zu dem Zwecke ersonnen worden, um den Vater von der Qual zu erlösen, manche aber hielten das Geständnis für begründet.


Herodes verstand aber unrecht und ließ den Tiron sammt den Offizieren vor ein allgemeines Volksgericht stellen, um so das Volk selbst gegen sie aufzubieten. Sie wurden denn auch an Ort und Stelle mit dem Barbier unter einem Hagel von Knüttelhieben und Steinen massakriert.

Jetzt ließ er auch seine Söhne nach dem von Cäsarea nicht allzuweit entfernten Sebaste bringen und gab den Befehl, sie dort zu erdrosseln. Er wurde alsbald vollzogen. Die Leichen ließ Herodes in die Veste Alexandrium hinaufschaffen, um sie dort neben Alexander, ihrem Großvater von mütterlicher Seite, zu bestatten. So traurig mussten Alexander und Aristobulus enden!